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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Heft 1/2
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Hirschmann, Otto: Die Handzeichnungen-Sammlung Dr. Hofstede de Groot im Haag, [2], die Rembrandt-Zeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0036

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DIE HANDZEICHNUNGEN-SAMMLUNG DR. HOFSTEDE DE GROOT IM HAAG. II.

breite Strich allerdings nötigt einen, das Blatt ganz an das Ende des Jahrzehnts, wenn
nicht doch fchon in die erjten 50 er Jahre zu dafieren.
Die Studie einer Emausjzene (HdG. 1276) wird durch Hofftede de Groot mit dem
Jpäten Bilde diejes Gegenjtandes im Louvre in Verbindung gebracht und auf Grund
deffen „um 1660" angefe^t. Die Technik des Blattes fcheint in der Tat für diefe fpäte
Datierung zu fprechen; hinfichtlich der Kompofition fcheinen mir aber die Beziehungen
zu der Radierung von 1654 enger zu fein.
Schöne Beifpiele für Rembrandts Aitersftil find ferner die mit ruhigen Pinfelzügen
umfchriebene Figur eines nach linkshin fchreitenden Juden (HdG. 1286, Abb. 13) und die
Darftellung der Jael, die mit wuchtigem Hammerfchlag dem fchlafenden Sifera einen
Nagel in den Hinterkopf treibt (HdG. 1253). - Im lebten Jahrzehnt feines Lebens ift Rem-
brandt durch die Gefchiditen des Buches Efther lebhaft gefeffelt worden. Dr. Hofftede de
Groot befii^t zwei Studien von ihm aus diefem Stoffgebiet. Die eine, Mardochai vor
dem Throne Ahasvers darftellend (HdG. 1260), ift mit außerordentlich fefter Hand
gezeichnet und gehört zu den prächtigften Blättern der Sammlung. Auf der andern
(HdG. 1261, Abb. 14) befinden [ich fünf Profilköpfe eines bärtigen Mannes, in denen
der Scharfblick des Befißers Vorftudien zu dem vor Efther und Ahasver knienden
Mardochai auf dem je^t dem König von Rumänien gehörigen Bilde erkannte. — Je
nachdem man das undeutliche Datum auf dem Gemälde der Marterung Chrifti im
Mufeum zu Darmftadt 1658 oder 1668 lieft, wird man auch die wundervolle Studie zu
einem der beiden Henkersknechte (HdG. 1280) in der Sammlung Hofftede de Groot
zehn Jahre früher oder fpäter anfe&en müffen. Sicher ift aber, daß diefes große, be-
fonders breit angelegte Blatt eher für die fpätere Datierung fpricht.
Rembrandts Landfchaftszeichnungen find nicht leicht mit den Figurenftudien in Ver-
bindung zu bringen. Für ihre Datierung befißen wir nur fehr wenige äußere Anhalts-
punkte, fo daß man bei ihrer Gruppierung faft ausfchließtich von ftiiiftifchen Merkmalen
ausgehen muß. Demzufolge wird man [ich in den meiften Fällen darauf befchränken
müffen, fie mit fehr weiten oder dehnbaren Zeitbegriffen zu determinieren, wie „40er
Jahre", „Spätzeit" ufw.
Wahrfcheinlich ift, daß Rembrandt in feinen erften Schaffensjahren und in der Zeit
feines aufblühenden Ruhmes wenig Landfchaften gezeichnet hat. Zu feinen früheften
Leitungen auf diefem Gebiete gehört, nach feinem Charakter zu urteilen, der öfters
reproduzierte Blick auf die Pauwetuinen an der Amftel (HdG. 1306), der aller Wahr-
fcheinlichkeit nach noch in die 30er Jahre zu datieren ift. Für diefe Entftehungszeit
fpricht auch die Technik des Blattes, die fchwarze Kreide; foweit wir das Material
überblicken und zu beurteilen vermögen, hat Rembrandt hauptfächlich in den 30er Jahren
und noch, wenngleich weniger häufig, in den 40er Jahren fich der Kreide und des Rötels
bedient. Zwei ebenfalls in Kreide ausgeführte, aber weniger bedeutende Blätter, der
Blick auf eine Stadtgracht (HdG. 1310) und die Anficht eines Bauernhofes (Hdg. 1311),
können jenem erften angefchloffen werden. Von den mit der Feder gezeichneten Land-
fchaften der Sammlung dürften die meiften in den 40 er, einige wenige in den
50er Jahren entftanden fein. Es find anfpruchslofe Motive, Bauernhöfe mit oder ohne
Bäume, meift an einem Waffer gelegen. Unter ihnen ragt durch ihre Qualitäten eine
Winterlandfchaft (HdG. 1309) hervor, die wegen ihrer möglichen Beziehungen zu dem
fchönen Winterbildchen in Caffel vielleicht in deffen zeitlicher Nähe, d. h. um 1646,
entftanden ift. Aus fpäterer Zeit ftammt, nach feiner breiteren Zeichnungsweife zu
fchließen, ein kleines Blättchen mit einem in greller Sonne liegenden Weg, der im

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