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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Heft 11/12
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0232

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LITERATUR

LITERATUR
Dr. Jofeph Sauer, DIE ZERSTÖRUNG VON
KIRCHEN UND KUNSTDENKMALERN AN DER
WESTFRONT. (Freiburg i. Br. Herderfdie Ver-
lagsbuchhandlung.)
Der Arbeitsausfchuß zur Verteidigung deutfcher
und katholischer intereffen im Weltkrieg, wei-
ther in diefer [chweren Zeit der deutschen Sache
Schon manche wertvoiie DienSte getestet hat, darf
eines besonderen Dankes der kunjthiStoriSchen
Fachkreise und Kunstfreunde gewiß fein, daß er
Prof. Dr. Jofeph Sauer in Freiburg beauftragte,
alte an der Weftfront zerftörten Kirchen und
Baudenkmäier zufammenzufteilen. Einleitend
gibt der Verfaffer eine Uberficht über den
Verieumdungsfeldzug unferer Gegner, in der
er ihre Hauptpropagandafchriften zufammen-
gefteiit hat und die böswiiiigen Unterstel-
lungen und Verdrehungen in fachiicher und
würdiger Form charakterisiert; er verfehtt auch
nicht, auf die betrübende Tatfache hinzuweifen,
daß die deutfche Regierung viel zu wenig
dokumentarisches Materiai, durch Ihuftrationen
belebt, veröffentlicht hat, um der haßheißen
Propaganda unferer Feinde entgegenzuwirken!
An diefe einieitenden Bemerkungen Schließt fith
eine Erörterung der Rechtsfrage hinfichtiich der
Zerftörung der Kunftdenkmäier im Kriege, in
der vor aliem die Geftändniffe der Feinde, daß
foiche Zerftörungen fich im Kriege ais bittere,
miiitärifche Notwendigkeit erweifen, von be-
sonderem Werte find. Es foigt der wichtigfte
Teii des Buches: Die Aufnahme des Tatbestandes.
Der Verfaffer hat keine Mühe gefcheut, um fich
darüber klar zu werden, von wem und wann
die einzeinen Bauten zerftört worden find. Das
Ergebnis ift ungefähr das, daß die Häifte der
Bauten von Deutschen und die andere Häifte
der Kirchen, Kiöfter und Schiöffer von Beigiern,
Engiändern und Franzofen zerfchoffen worden
ift. Nur ein Deutfcher vermag diefe ruhigen, fach-
lichen und objektiven Feftfteiiungen zu machen.
Das ift unfer Vorzug, aber auch gieichzeitig
unfere Schwäche; denn durch diefe Objektivität
wird diefer mit wiffenfchaftiichem Ernft durch-
geführten Untersuchung die Bedeutung einer
Propagandafchrift genommen, wenigftens, fo
weit es fich um die fogenannte Kriegspropa-
ganda handeit, die immer einfeitig und tenden-
ziös gehalten ift. Ich glaube aber, daß die Neu-
tralen, Soweit fie heute noch Achtung vor deut-
scher Geiftesarbeit und deutfchem ethifchen Be-
wußtfein haben, gerade in diefer aufrichtigen,
gewiffenhaften und ernften Schrift den deut-
schen Geift anerkennen und fchäßen werden,
deffen Vernichtung die Weit ärmer machen würde.

Dazu kommt, daß fowohi aus einzelnen Worten
des Verfaffers, wie aus der Gefamtdarfteiiung
des Buches dem Lefer eine echte und natürliche
Liebe zur Kunft entgegendringt. Die Ruinen-
fentimentalität wird jedem beim Lefen diefes
Buches und angefichts der zahireichen Abbii-
dungen von zerftörten Baudenkmäiern vergehen,
die von dem Leichenfeid eines der reichften
Kunftgebiete der Welt Zeugnis abiegen. Nicht
ohne Bewegung und ohne trauervoite Gefühie
tieft man die iange Reihe der unwiderherfteii-
baren Zerftörungen. Und wenn immer wieder
die Frage nach dem Schuldigen gefteiit werden
muß, wie es die Gegner tun, dann werden
wir gezwungen, immer von neuem darauf
hinzuweifen, daß das antikierikale Frankreich
eine unendlich große Schuid auf fich geiaden
hat, indem es Taufende von Kirchen, Kiöftern,
Mufeen und Schlöffern elend verfaiien iieß. Auch
Jofeph Sauer bringt dafür wertvoiie Beiege und
druckt noch einmai Maurice Barres Brofchüre
aus dem Jahre: Tabieau des egiises ruraies qui
s'ecrouient in Facsimiie ab, die im Januar in
gieicher Form in der Köinifchen Voikszeitung
erfchien. Diefer wertvoiien Schrift ift die weitefte
Verbreitung zu wünfchen. Für die Wiffenfchaft,
die nach dem Kriege die fchmerziiche Aufgabe
hat, ein iückeniofes Inventar der zerftörten Bau-
denkmäier aufzufteiien, bedeutet Jofeph Sauers
Arbeit neben der früheren Überficht von Paui
Clemens Aufreihung der vernichteten Kunftwerke
ein maßgebender Führer, der aiie erforderiichen
Hinweife auf die miiitärifchen und iiterarifchen
Queilen enthäit. O. G.
DIE DEUTSCHEN STADTEBiLDER von Prof.
Heine Rath, dem die Kunfthaiie in Düffeldorf
einen ihrer Räume für eine Sonderfchau und
andere Graphiken zur Verfügung gefteiit hat,
find Originai-Hoizfchnitte in eigenem Waffer-
farben-Handdruck auf Japanpapier undenthaiten
namentiich Anfichten aus den großen deutfchen
Handeisftätten. In der erften Foige, die, wie
die zweite, im Selbftveriage des Künftiers, 1916
erfchien, werden in Schwarz-Weißtechnik, unter
Verzicht auf bunte Farben. Biider aus der Reichs-
hauptftadt, aus Stuttgart, Hamburg, München,
Frankfurt, Danzig und Paffau geboten, Bilder,
die immer das Charakteriftifche und das maierifch
Reizvoiie in geiftreicher und überrafchender Weife
fchiidern. Auch die zweite, 191,7 erfchienene Foige
umfaßt nicht Anfichten aus den fogenannterr Mei-
nen maierifchen Neftern, fondern ausfchiießiich
Durchblicke auf Piäße und Straßen größerer
Städte und Refidenzen wie Potsdam, Dresden,
Uim, Heideiberg, Bresiau, Köin und Nürnberg,
die von hohem gegenftändiidien und künftie-
rifchen Reize find. W. B.

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