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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Der Kunstmarkt
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DER KUNSTMHRKT — VERSTEIGERUNGEN

Stattgehabte Versteigerungen
AMSTERDAM. Vom 5.-8. Juni fand bei
FRED. MÜLLER & Co. die im testen Heft kurz
angezeigte große Verweigerung aiter Gemäide
und Kunjtgegenftände Jtatt. Eine Auswahl von
13 Bitdern, worunter die beiangreichjten, war
apart katalogifiert ais herjtammend aus der
Sammiung eines hoiiändijchen Kunftliebhabers;
diefer Kunftliebhaber ijt — offenes Geheimnis —
der feiner Nationalität nach tatfächlich hollän-
difche Sammier, Kunfthändier und Maier L. Nar-
dus in Suresnes, der, wie aus dem Ergebnis der
Verfteigerung hervorgeht (gegen 150000 Guiden
für die 13 Nummern), nicht fchiecht gefahren ift
mit feiner Spekulation auf die Hochkonjunktur
des hoiiändifchen Kunftmarktes. Auf jeden Fali
ift diefe Summe ein Vielfaches von dem, was
die Bilder zur Zeit in Paris aufgebracht hätten
Aber auch in Holland wären für einen fehr
zweifelhaften kleinen Frans Hals in normalen
Zeiten keine 26000, für einen von allen Kennern
und Autoritäten mit forgfältigem Stillfchweigen
übergangenen Orientalenkopf Rembrandts keine
19000 Guiden bezahlt worden. Eine zwar kapi-
tale, aber wenig angenehme Abendlandfdiaft
Aert van der Neers brachte es auf 31500 Gul-
den, einen für diefen diskreten Meifter wohl
noch nicht oft bezahlten Preis. — Auch in der
kunftgewerblichen Abteilung, die ihrem Umfange
nach den bei weitem größeren Teil der Ver-
weigerung bildete, wurde viel Geld angelegt.
Der glückliche Käufer der prächtigen, vielfarbigen
Delfter Garnitur von Louwys Victoorsz mußte
für diefe 20200 Gulden bezahlen, eine Summe,
die einem Rekordpreis mindeftens fehr nahe
kommt. Außerordentlich teuer, auf 18100 Gul-
den, kam dem Erwerber auch eine unfeheinbare
antike Hirfdiftatuette in Bronze zu ftehen. Nach-
ftehend ein kurzer Auszug aus den gegen 2000
Nummern befchreibenden Katalogen mit Ver-
meidung der wichtigften erzielten Preife, diefe
in niederländifdien Gulden und ohne Aufgeld
verftanden:
Gemälde alter Meifter (Nrn. 1-13, „Col-
lection d un amateur Hollandais"). Nr. 1, Q. B r e -
k e 1 e n k a m, Schuhmacher (echt, aber nicht prima)
6800; Nr. 2, Jan GerritszBronckhorft, Junge
Damen beim Spiel (intereffantes, nicht leicht zu
beftimmendes Bild, das vor nicht langer Zeit
als Jacob van Loo verfteigert worden ift) 1750;
Nr. 3, A. Cugp, Knabe und Mädchen, lebens-
große Ganzfiguren in einem Park (nach all-
gemeiner Anficht ein charakteriftifchesWerk von
GovertFlinck, als folches übrigens bereits durch
Braun photographiert) 16000; Nr. 4, G. Flinck,
Männliches Bildnis (fchönes, leuchtendes Früh-

wefk), 4200 [an GoudftikkerJ; Nr. 5, Aert de
Gelder, Alte Frau beim Tifchgebet (fchönes
Bild von feinem rotweißem Farbenklang, voll
und echt bezeichnet. Lilienfeld Nr. 257 befchreibt
das Bild mit ehemals übermalter, aber damals
(1914) freigelegter Bezeichnung; der Verfteige-
rungskatalog erzählt, daß die Firma F. M. & Co.
die Bezeichnung neuerdings von einer Über-
malung hat befreien müffen! Der Eigentümer
hat das Bild alfo vermutlich in der Zwifchen-
zeit wieder als Rembrandt bewundern laffen,
als deffenWerk es auch früher auf Grund einer
falfchen Bezeichnung gegolten hat) 10200 [au
GoudftikkerJ; Nr.6, FransHais, Zweifingende
Knaben mit einer Laute (nach Hofftede de Groot
u. a. eine etwas modifizierte Kopie nach dem
bekannten Bild in Caffel; in der Malweife nicht
fein und frifch genug) 26 000 [an Baron van
VoorftJ; Nr. 7, P. More elfe, Bildnis einer
jungen Dame, bez. u. dat. 1619 , 6500; Nr. 8,
Aert van der Neer, Abendlandfdiaft (fehr
großes Bild, belangreidi, aber wenig angenehm
in der Farbe mit den fchwefelgelben und hell-
rofa Wolken) 31500 [Baron van VoorftJ; Nr. 9,
Derf., Stadt im Mondfchein, 3200; Nr. lOu. 11,
Jan van Ravefteyn, Bildniffe von Jan van
Montfoort und deffen Gattin Bertha van Perfijn,
beide bez. u. dat. 1634 (ausgezeichnete und, wie
es fchien, befonders fchön erhaltene Bilder) 12900
[an Fred. Müller]; Nr. 12, Rembrandt, Orien-
talenkopf, Typus des Vaters von Rembrandt,
nach redits, mit großem Turban, rechts unten
bezeichnet mit dem Monogramm RHL (ganz
gutes, aber etwas zu glattes und kaltes Bild,
vielleicht alte Kopie; die Echtheit des Mono-
gramms müßte geprüft werden können) 19 000
[Baron van VoorftJ; Nr. 13, Willem van de
Velde d. J., Marine, ruhiges Wetter (mäßig),
2900. — Nr.25, W. van Aelft, Stilleben (gutes,
bezeichnetes Bild) 490; Nr. 29, Hans Boilon-
gier, Blumen, bez. u. dat. 1645, 310; Nr. 30,
Paulus Bor, Kleopatra, voll bezeichnet (charak-
teriftifches, fchönes Biid des feitenen Meifters,
aus der Sammlung Hoogendijk, blieb fehr billig)
260; Nr. 31, P. Bout, Landfchaft, bez., 340;
Nr. 33, Jan Brueghei, Blick auf eine Stadt,
750; Nr. 34, Pieter Brueghei d. A. (Atelier),
Der bethlehemitifche Kindermord, 4800; Nr. 36,
Frans Car re, Jahrmarkt, voll bez. u. dat. 1664
(ä la Jan Steen, aber bleich und fad) 950, Nr. 37,
Pieter Claesz, Stilleben, bez. und dat. 1651
(gutes Bild) 825; Nr. 40, Paulus Lefire, Die
kumäifche Sibyile, voll bez. u. dat. 1632 (nach
diefem Bild würde man nicht zu bedauern
brauchen, daß die Werke diefes Rembrandt-
Schülers fo feiten find!) 400; Nr. 42, Com.
Droochsloot, Hiftorifche Szene (echt bezeichn.)

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