SACRA REGN1 HUNGAR1AE CORONA
cntwegt bis heute treu gebiieben und vertangt, daß der rechtmäßige König unbedingt
gekrönt werde, und zwar mit der taufendjährigen Krone des heiligen Stephan. Daher
wird diefe in Ungarn ganz anders gehütet ats in anderen Ländern. Nur in Böhmen
wird fie vieiieicht in noch umftändlicherer Kuftodie gehalten, aber nicht wegen der
gleichen ftaatsrechtlichen Bedeutung. Wenn in Ungarn die forgfame Hut auch fchon
von frühen Zeiten her politifchen Sinn hatte, fo beginnt doch erft im 15. Jahrhundert
eine gefeßliche Regelung der Verhältniffe, indem 1464 durch königliche Verordnung
zunächft der Grundfaß ausgefprochen wird, daß die Kronhut eine Angelegenheit von
öffentlichem Intereffe iftL Allmählich werden dann die einzelnen Beftimmungen bis
zur jeßigen komplizierten Kronhut ausgebildet. Heute ruht die Krone wohlbewacht in
der Königsburg zu Ofen, und es bedarf einer königlichen Genehmigung fowie eines
Parlamentsbefchluffes, um fie herauszunehmen oder auch nur zu zeigen. Aber felbft
nach diefem gefeßgeberifchen Akt find noch komplizierte Formalitäten zu erfüllen, denn
die drei verfchiedenen Schlüffel, die nur gemeinfam öffnen, befinden fich in den Händen
oft weit voneinander wohnender Herren, die zum Akte der Herausnahme der Krone un-
bedingt perfönlich erfcheinen müffen. Das ift ein Apparat, der für theoretifche Zwecke
nicht gern in Bewegung gefegt wird, und daher kommt es, daß die Stephanskrone
nicht wie andere von der Gefamtheit der Forfcher hat ftudiert werden können. Anderer-
feits aber entfpricht es ihrer befonderen Wertfchäßung, daß ße öfter als andere Regalien
zum Gegenftand bevorzugter, man könnte faft fagen amtlicher Publikationen gemacht
worden ift.
Die erfte diefer Arbeiten ift das weltberühmte Buch von Franz Bock über die Reichs-
kleinodien'. Eine Vorftudie dazu ift der umfangreichere Text in den Mitteilungen der
C.-C.", und einige neue Bemerkungen ftehen in desfelben Verfaffers Unterteilungen
über die Sammlung Swenigorodskoi'. Troß diefer dreifachen Veröffentlichung legt Bock
brauchbare Abbildungen nur nach dem byzantinifchen Teil der Krone vor, die anderen
Schmelze aber, die gerade für uns die wichtigften find, zeigt er nur auf den Gefamt-
anfichten, wo fie indeffen kaum erkannt werden können, ln hiftorifcher Beziehung
fußt er auf Hartwichs Erweiterung der vita Stephani und zieht aus ihr die üblichen
Schlüße betreffs Stiftung der Krone feitens Silvefter H. Das 1644 erftmals vorgelegte
Breve diefes Papftes mit der Jahreszahl 1000, das die Schenkung der Krone ausdrücklich
und zeitgleich bezeugen foll, kennt er nicht. Auf diefer Urkunde, über deren Authen-
tizität ungarifche und deutfehe Gelehrte verfchiedener Anficht find, fußt erft der gelehrte
Bifchof von Neufohl, Arnold Ipolyi, der 1880 im Verein mit anderen Delegierten der
Königlich Ungarifchen Akademie der Wiffenfchaften die Krone befichtigte, und die Frucht
feiner Studien in einem wiederum mit Farbendrucken ausgeftatteten Werk" niederlegte.
' A.v. Timon, Ungarifdie Verfaffungsgefchidite, deutfdi von Schiller, S. 540 und Anm. 7. Dekret
des Matthias Corvinus von 1464, Art. H: „Nos ergo voiumus, ut debemus, de pari consensu, et
voluntate dominorum praelatorum et baronum ac regni nostri nobilium hoc in loco providere,
circa debitam custodiam et conservationem ipsius Coronae Sacrae; locum alias consuetum et per-
sonas ad id idoneas, ne (quod Deus avertat) ipsa corona iterato ab hoc regno alienetur."
- Dr. Franz Bock, Die Kleinodien des heiiigen römifchen Reiches, Wien 1864, S. 76—83, mit
Farbentafel XVI und [leben Detailabbildungen.
" Mitteilungen der K. K. Central-Commiffion 11, 1857, S. 146ff.
' Bock, Die byzantinifchen Zellenfchmelze der Sammlung Swenigorodskoi, Aachen 1896, S. 234
bis 259, mit neun Abbiidungen, fowie einer Rekonftruktion auf Tafel Xll.
' Arnold Ipolyi, A Magyar Szent Korona, Budapeft 1886.
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cntwegt bis heute treu gebiieben und vertangt, daß der rechtmäßige König unbedingt
gekrönt werde, und zwar mit der taufendjährigen Krone des heiligen Stephan. Daher
wird diefe in Ungarn ganz anders gehütet ats in anderen Ländern. Nur in Böhmen
wird fie vieiieicht in noch umftändlicherer Kuftodie gehalten, aber nicht wegen der
gleichen ftaatsrechtlichen Bedeutung. Wenn in Ungarn die forgfame Hut auch fchon
von frühen Zeiten her politifchen Sinn hatte, fo beginnt doch erft im 15. Jahrhundert
eine gefeßliche Regelung der Verhältniffe, indem 1464 durch königliche Verordnung
zunächft der Grundfaß ausgefprochen wird, daß die Kronhut eine Angelegenheit von
öffentlichem Intereffe iftL Allmählich werden dann die einzelnen Beftimmungen bis
zur jeßigen komplizierten Kronhut ausgebildet. Heute ruht die Krone wohlbewacht in
der Königsburg zu Ofen, und es bedarf einer königlichen Genehmigung fowie eines
Parlamentsbefchluffes, um fie herauszunehmen oder auch nur zu zeigen. Aber felbft
nach diefem gefeßgeberifchen Akt find noch komplizierte Formalitäten zu erfüllen, denn
die drei verfchiedenen Schlüffel, die nur gemeinfam öffnen, befinden fich in den Händen
oft weit voneinander wohnender Herren, die zum Akte der Herausnahme der Krone un-
bedingt perfönlich erfcheinen müffen. Das ift ein Apparat, der für theoretifche Zwecke
nicht gern in Bewegung gefegt wird, und daher kommt es, daß die Stephanskrone
nicht wie andere von der Gefamtheit der Forfcher hat ftudiert werden können. Anderer-
feits aber entfpricht es ihrer befonderen Wertfchäßung, daß ße öfter als andere Regalien
zum Gegenftand bevorzugter, man könnte faft fagen amtlicher Publikationen gemacht
worden ift.
Die erfte diefer Arbeiten ift das weltberühmte Buch von Franz Bock über die Reichs-
kleinodien'. Eine Vorftudie dazu ift der umfangreichere Text in den Mitteilungen der
C.-C.", und einige neue Bemerkungen ftehen in desfelben Verfaffers Unterteilungen
über die Sammlung Swenigorodskoi'. Troß diefer dreifachen Veröffentlichung legt Bock
brauchbare Abbildungen nur nach dem byzantinifchen Teil der Krone vor, die anderen
Schmelze aber, die gerade für uns die wichtigften find, zeigt er nur auf den Gefamt-
anfichten, wo fie indeffen kaum erkannt werden können, ln hiftorifcher Beziehung
fußt er auf Hartwichs Erweiterung der vita Stephani und zieht aus ihr die üblichen
Schlüße betreffs Stiftung der Krone feitens Silvefter H. Das 1644 erftmals vorgelegte
Breve diefes Papftes mit der Jahreszahl 1000, das die Schenkung der Krone ausdrücklich
und zeitgleich bezeugen foll, kennt er nicht. Auf diefer Urkunde, über deren Authen-
tizität ungarifche und deutfehe Gelehrte verfchiedener Anficht find, fußt erft der gelehrte
Bifchof von Neufohl, Arnold Ipolyi, der 1880 im Verein mit anderen Delegierten der
Königlich Ungarifchen Akademie der Wiffenfchaften die Krone befichtigte, und die Frucht
feiner Studien in einem wiederum mit Farbendrucken ausgeftatteten Werk" niederlegte.
' A.v. Timon, Ungarifdie Verfaffungsgefchidite, deutfdi von Schiller, S. 540 und Anm. 7. Dekret
des Matthias Corvinus von 1464, Art. H: „Nos ergo voiumus, ut debemus, de pari consensu, et
voluntate dominorum praelatorum et baronum ac regni nostri nobilium hoc in loco providere,
circa debitam custodiam et conservationem ipsius Coronae Sacrae; locum alias consuetum et per-
sonas ad id idoneas, ne (quod Deus avertat) ipsa corona iterato ab hoc regno alienetur."
- Dr. Franz Bock, Die Kleinodien des heiiigen römifchen Reiches, Wien 1864, S. 76—83, mit
Farbentafel XVI und [leben Detailabbildungen.
" Mitteilungen der K. K. Central-Commiffion 11, 1857, S. 146ff.
' Bock, Die byzantinifchen Zellenfchmelze der Sammlung Swenigorodskoi, Aachen 1896, S. 234
bis 259, mit neun Abbiidungen, fowie einer Rekonftruktion auf Tafel Xll.
' Arnold Ipolyi, A Magyar Szent Korona, Budapeft 1886.
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