SACRA REGN1 HUNGAR1AE CORONA
von Czobor und Radifics* mit koftbaren Heliogravüren. Da Bock fchon veraitet und
Ipolyi nur ungarifch erfchienen war, hatten die deutfchen Kunfthiftoriker mit einer ge-
wiffen Spannung diefer Veröffentlichung entgegengefehen. Bot auch der Text mancherlei
Belehrung, fo erwies fich doch die Hoffnung, jet^t endlich den künftlerifchen Stil der
von Ipolyi nur in Lithographie beigebrachten Emails genau kennen zu lernen, als
trügerifch, denn von den neun Schmelzen an den Bügeln, gerade denjenigen, die wir
brauchen, find nur drei zur Not fichtbar, zwei davon aber in einer alle Details auf-
hebenden Verkürzung und das dritte durch ein vorftehendes Emaii zu drei Vierteln
verdeckt.
So fchließen denn die drei auf Autopfie gegründeten Veröffentlichungen mit dem
Refultat, daß wir von den Zellenfchmelzen, die die eigentliche Stephanskrone bilden,
keine den modernen Anforderungen entfprechenden Abbildungen befißen und wegen
der Lücke in der Veröffentlichung von Ipolyi über zwei von ihnen befonders mangel-
haft unterrichtet find.
Wenn wir das wiffenfchaftliche Refultat zufammenfaffen, zu dem die genannten
Forfcher gelangt find, fo hat im Jahre 1000 Papft Silvefter 11. dem heiligen Stephan
von Ungarn eine Krone gefchickt. Eine andere ift von dem byzantinifchen Kaifer
Michael VH. Dukas (1071 1078) an Geza 1. von Ungarn (1074—1077) gefandt worden.
Etwa im 13. Jahrhundert foll aus diefen beiden Kronen, von welchen die ältere nicht
mehr ganz erhalten war, die Krone hergeftellt worden fein, die wir je^t befi&en und
die wir in Fig. 1 vor uns fehen. Sie geht unter dem Namen „Stephanskrone", ob-
gleich man vornehmlich die Gezakrone fieht. Es find eben zwei verfchiedene Teile fo
zufammengefet)t worden, daß die wichtigere Stephanskrone nur unbequem von oben
gefehen werden kann, während die Gezakrone, die eigentlich an zweiter Stelle ftehen
follte, am meiften ins Auge fällt. Von diefer aber fprechen wir hier gar nicht, denn
fie hat mit der Silvefter-Stephanskrone fozufagen nichts zu tun, fie ift nur äußeriich
mit ihr verbunden. Außerdem ift fie infchriftlich gut beglaubigt und hiftorifch ausgiebig
behandelt. Anders die Silvefter-Stephanskrone. Als Symboi des uralten chriftlidhen
ungarifchen Königtums fteht fie uns näher, und hiftorifch wie künftlerifch wirft fie eine
Reihe noch ungelöfter Fragen auf, die fich in der Hauptfache nur durch eine erneute
Unterfuchung der Quellen, befonders aber der Krone felbft, werden beantworten laffen,
wozu die bevorftehende Aushebung aus ihrem Gewahrfam zur Krönung König Karls
ausreichende Gelegenheit bieten wird.
Die Datierung der Krone und die Unterfuchung ihrer Provenienz hängen aufs cngfte
zufammen mit dem bereits fiüchtig erwähnten Breve Papft Silvefters II., worin die
Übertragung der Königswürde und die Überfendung der Krone an Stephan den Heiligen
mitgeteilt wird. Diefe Urkunde ift uns aber nicht im Original erhalten, fondern taucht
erft im 17. Jahrhundert in einer Abfchrift auf, die weder diplomatifdi getreu noch in-
haltlich in allen Teilen zuverläffig fein kann. Die Frage nach dem Wortlaut einer
folchen Originalurkunde, und ob fie überhaupt exiftiert hat, ift oft und ausführlich er-
örtert worden. Es fcheint fich zu ergeben, daß der Inhalt nur deshalb Beachtung ge-
funden hat, weil er fich mit Vorftellungen deckt, die durch Hartwichs vita Stephani
Gemeingut geworden find. Wenn wir nun das Altefte kennen lernen wollen, was über
die Schenkung der Krone gefagt worden ift, müffen wir nicht auf das Breve mit der
* Beta Czobor und E. de Radisics, Les insignes royaux de Hongrie (franzöfifch und ungarifch),
Budapeft 1896.
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von Czobor und Radifics* mit koftbaren Heliogravüren. Da Bock fchon veraitet und
Ipolyi nur ungarifch erfchienen war, hatten die deutfchen Kunfthiftoriker mit einer ge-
wiffen Spannung diefer Veröffentlichung entgegengefehen. Bot auch der Text mancherlei
Belehrung, fo erwies fich doch die Hoffnung, jet^t endlich den künftlerifchen Stil der
von Ipolyi nur in Lithographie beigebrachten Emails genau kennen zu lernen, als
trügerifch, denn von den neun Schmelzen an den Bügeln, gerade denjenigen, die wir
brauchen, find nur drei zur Not fichtbar, zwei davon aber in einer alle Details auf-
hebenden Verkürzung und das dritte durch ein vorftehendes Emaii zu drei Vierteln
verdeckt.
So fchließen denn die drei auf Autopfie gegründeten Veröffentlichungen mit dem
Refultat, daß wir von den Zellenfchmelzen, die die eigentliche Stephanskrone bilden,
keine den modernen Anforderungen entfprechenden Abbildungen befißen und wegen
der Lücke in der Veröffentlichung von Ipolyi über zwei von ihnen befonders mangel-
haft unterrichtet find.
Wenn wir das wiffenfchaftliche Refultat zufammenfaffen, zu dem die genannten
Forfcher gelangt find, fo hat im Jahre 1000 Papft Silvefter 11. dem heiligen Stephan
von Ungarn eine Krone gefchickt. Eine andere ift von dem byzantinifchen Kaifer
Michael VH. Dukas (1071 1078) an Geza 1. von Ungarn (1074—1077) gefandt worden.
Etwa im 13. Jahrhundert foll aus diefen beiden Kronen, von welchen die ältere nicht
mehr ganz erhalten war, die Krone hergeftellt worden fein, die wir je^t befi&en und
die wir in Fig. 1 vor uns fehen. Sie geht unter dem Namen „Stephanskrone", ob-
gleich man vornehmlich die Gezakrone fieht. Es find eben zwei verfchiedene Teile fo
zufammengefet)t worden, daß die wichtigere Stephanskrone nur unbequem von oben
gefehen werden kann, während die Gezakrone, die eigentlich an zweiter Stelle ftehen
follte, am meiften ins Auge fällt. Von diefer aber fprechen wir hier gar nicht, denn
fie hat mit der Silvefter-Stephanskrone fozufagen nichts zu tun, fie ift nur äußeriich
mit ihr verbunden. Außerdem ift fie infchriftlich gut beglaubigt und hiftorifch ausgiebig
behandelt. Anders die Silvefter-Stephanskrone. Als Symboi des uralten chriftlidhen
ungarifchen Königtums fteht fie uns näher, und hiftorifch wie künftlerifch wirft fie eine
Reihe noch ungelöfter Fragen auf, die fich in der Hauptfache nur durch eine erneute
Unterfuchung der Quellen, befonders aber der Krone felbft, werden beantworten laffen,
wozu die bevorftehende Aushebung aus ihrem Gewahrfam zur Krönung König Karls
ausreichende Gelegenheit bieten wird.
Die Datierung der Krone und die Unterfuchung ihrer Provenienz hängen aufs cngfte
zufammen mit dem bereits fiüchtig erwähnten Breve Papft Silvefters II., worin die
Übertragung der Königswürde und die Überfendung der Krone an Stephan den Heiligen
mitgeteilt wird. Diefe Urkunde ift uns aber nicht im Original erhalten, fondern taucht
erft im 17. Jahrhundert in einer Abfchrift auf, die weder diplomatifdi getreu noch in-
haltlich in allen Teilen zuverläffig fein kann. Die Frage nach dem Wortlaut einer
folchen Originalurkunde, und ob fie überhaupt exiftiert hat, ift oft und ausführlich er-
örtert worden. Es fcheint fich zu ergeben, daß der Inhalt nur deshalb Beachtung ge-
funden hat, weil er fich mit Vorftellungen deckt, die durch Hartwichs vita Stephani
Gemeingut geworden find. Wenn wir nun das Altefte kennen lernen wollen, was über
die Schenkung der Krone gefagt worden ift, müffen wir nicht auf das Breve mit der
* Beta Czobor und E. de Radisics, Les insignes royaux de Hongrie (franzöfifch und ungarifch),
Budapeft 1896.
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