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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Heft 5/6
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Schottmüller, Frida: Die Gemäldesammlung Oskar Moll
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0117

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DIE GEMÄLDESAMMLUNG OSKAR MOLL
mit zehn Abbildungen Von FRIDA SCHOTTmÜLLER
T*\ie Sammlung Oskar Moils hat den Vorteil, verhältnismäßig klein zu [ein. Unge-
JLv [ähr vierzig Bilder [ind es. Und nicht einer der hiftorifdi ge[chulten Liebhaber,
die mitunter gar zu viei von öffentlichen Sammlungen und ihren fpeziellen Aufgaben
lernten, fondern ein Maler hat fie zufammengebracht. Er hatte nicht den Ehrgeiz
berühmte Namen zu befi^en, fondern es kam ihm lediglich auf wertvolle Kunftwerke
an. Das geht fchon aus feinen eignen Katalog-Notizen hervor, die dem Auktions-
Verzeichnis zugrunde gelegt find. Denn feine Attributionen find äußerft vorfichtig, ja
mitunter fo befcheiden, daß die Spezialforfcher in einzelnen Fällen höhere Wertungen
für nötig fanden. Gewöhnlidi ift ja bei Privatfammlungen das Gegenteil der Fall, und
der Kunfthiftoriker muß die gar zu optimiftifdien Bezeichnungen des Befißers ablehnen.
Doch hat [ich Moll für den Stil feiner Kunftwerke und ihre Provenienz fehr interef-
fiert, und eine Anzahl wichtiger Angaben find von ihm beigefteuert worden.
Er hat nur italienifche Gemälde gefammelt, einige aus dem Trecento und dem frühen
15. Jahrhundert, viele aus der Hochrenaiffance und fünf aus der Epoche des Rokoko.
Madonnen, Porträts, erzählende Bilder und Landfchaften. Die meiften ftammen aus
Venedig, d. h. der Hauptftätte fchöner Farbigkeit auf der apenninifchen Halbinfel.
Daher kommt auch das eine Glanzftück der Sammlung, die Madonna Giovanni Bellinis
(Abb. 1), die aus der Sammlung Folco in Vicenza durch Erbteilung in Privatbefiß
nach Rovigo gelangt war. Dort hat fie Moll erworben. Als Halbfigur fichtbar betet die
heilige Mutter mit gefenkten Lidern, die zarten Hände vor die Bruft zufammengelegt,
den naktcn Knaben an, der auf einer dunklen Baluftrade vor ihr [ißt. ln der Mitte
derfelben ift der für den Künftler typifche Cartello mit der Namensinfchrift angebracht.
Freilich auch ohne fie würde man das fchöne, ftille Bild dem Altmeifter zuerkennen.
Stil und Stimmung, Formenbildung und Ausdruck des Kindes, wie endlich der harmo-
nifche Zufammenklang des weinroten Mantels mit dem dunklen Grund, den zarten
Fleifchtönen und dem hellen Kopftudi weifen auf den Lehrer Giorgiones hin.
Diefer felbft gilt als der Meifter eines Männerporträts. Ausdruck und Haltung,
die weiche Modellierung und der diskrete Zufammenklang von zartem Rot und
[übrigem Metall mit den größeren dunklen und hellen Farbenkomplexen ftüßen diefe
Attribution. Nur fehr wenige durchaus geficherte Werke find von dem Frühverftorbe-
nen bekannt, und die Entdeckung einer Arbeit von ihm, felbft wenn fie Peffimiften nur
feinem nächften Umkreis geben würden, ift ein überaus wertvoller Zuwachs unferes
Kunftbefi^es.
Dem wenig älteren Venezianer Carlo Crivelli ift das kleine Bild eines Heiligen
(wohl S. Petrus) mit Kreuz und Buch in der Linken zugewiefen. Der Künftler, der
Mantegnas herbe Zeichnungsweife ins Preziöfe umgeftaltet hat und ähnlich Botticelli
in altertümlichem Linienftil befondere Wirkungen erftrebte, ift doch viel mehr als der
Toskaner ein Meifter der Farbe gewefen. Audi hier fällt das neben der ausdrucks-
ftarken Charakteriftik und der ftrichelnden Durchbildung von Haar und Händen, die
an Dürer erinnert, auf.
Warmes, faft venezianifches Kolorit zeichnet auch die Madonna des Bartolomeo
Montagna aus (Abb. 2). Ebenfo ift die Kompofition augenfcheinlich von Giovanni
Bellini beeinflußt. Nur größere herbere Formen find dem Vicentiner eigen, und wie
fo oft bei feinen Werken erinnert auch hier die Gottesmutter und der heilige Knabe
ein wenig an germanifche Art. — Als Lodrung für den Sammler kommt dazu eine

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