DIE GEMÄLDESAMMLUNG OSKAR MOLL
Abb. 9. TADDEO GADD!, Darftellung Chrifti im Tempei.
von Pietro Longhi, jenem Venezianer des Rokoko, der fröhliche Maskeraden und
bunte Volksfzenen Wie kein anderer keck und faft farkaftifch zu maten verftand. Hier ift
er freilich, wie in andern Bildniffen diefer Gattung, kühl und gemeffen; es handelte
fich ja um ein Repräfentationsftück für den lichten Feftfaal eines Palaftes.
Ganz anders Giovanni Battista Piazzetta, der Schüler Crefpis, der zu den
„Tenebrofi" Venedigs gezählt wird. Wie der fchöne Fahnenträger in Dresden
ift auch das Halbfigurenbild der heiligen Familie (Abb. 10) ganz auf den Kontraft
eines ftarken, aber fein abgeftuften Streiflichts und dunkler warmer Mitteltöne
aufgebaut. Dazu ein Sfumato, das an Rembrandt und Murillo erinnert. Die
Wirkungseffekte eines Caravaggio find hier in den malerifchen Stil der Lagunenftadt
transponiert.
Als Schluß diefer Betrachtung feien endlich die kleinen, gefchmackvollen Land-
fchaften Francesco Zuccherellis genannt, jenes Venezianers, der auch in England
gemalt hat, während damals die Künftler von diesfeits der Alpen in Italien klaffiziftifche
Anregungen fuchten. Auch in England entwickelte fich damals eine wertvolle Land-
fchaftsmalerei, die ftimmungsvolle Verbildlichungen der Heimat fchuf. Aber mit ihr hat
Zuccherelli kaum fo viel Zufammenhang, wie mit der italienifchen Dichtung jener
Tage. Damals entftanden jene zarten, bukolifchen Gedichte, und unter ihrem Einfluß
ftaffierte der Venezianer feine Gemälde am liebften mit Hirtenvolk; fo auch die Land-
fchaften der Sammlung Oskar Molls. Die Literatur und die Malerei hat faft gleich-
zeitig die intime Schönheit der nicht heroifchen Landfchaft entdeckt.
Es mag für einen Sammler, der jedes Bild um feiner befonderen Eigenheit willen
gefchät)t und erworben hat, nicht leicht fein, fich von feinem Befiß zu trennen. Aber
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Abb. 9. TADDEO GADD!, Darftellung Chrifti im Tempei.
von Pietro Longhi, jenem Venezianer des Rokoko, der fröhliche Maskeraden und
bunte Volksfzenen Wie kein anderer keck und faft farkaftifch zu maten verftand. Hier ift
er freilich, wie in andern Bildniffen diefer Gattung, kühl und gemeffen; es handelte
fich ja um ein Repräfentationsftück für den lichten Feftfaal eines Palaftes.
Ganz anders Giovanni Battista Piazzetta, der Schüler Crefpis, der zu den
„Tenebrofi" Venedigs gezählt wird. Wie der fchöne Fahnenträger in Dresden
ift auch das Halbfigurenbild der heiligen Familie (Abb. 10) ganz auf den Kontraft
eines ftarken, aber fein abgeftuften Streiflichts und dunkler warmer Mitteltöne
aufgebaut. Dazu ein Sfumato, das an Rembrandt und Murillo erinnert. Die
Wirkungseffekte eines Caravaggio find hier in den malerifchen Stil der Lagunenftadt
transponiert.
Als Schluß diefer Betrachtung feien endlich die kleinen, gefchmackvollen Land-
fchaften Francesco Zuccherellis genannt, jenes Venezianers, der auch in England
gemalt hat, während damals die Künftler von diesfeits der Alpen in Italien klaffiziftifche
Anregungen fuchten. Auch in England entwickelte fich damals eine wertvolle Land-
fchaftsmalerei, die ftimmungsvolle Verbildlichungen der Heimat fchuf. Aber mit ihr hat
Zuccherelli kaum fo viel Zufammenhang, wie mit der italienifchen Dichtung jener
Tage. Damals entftanden jene zarten, bukolifchen Gedichte, und unter ihrem Einfluß
ftaffierte der Venezianer feine Gemälde am liebften mit Hirtenvolk; fo auch die Land-
fchaften der Sammlung Oskar Molls. Die Literatur und die Malerei hat faft gleich-
zeitig die intime Schönheit der nicht heroifchen Landfchaft entdeckt.
Es mag für einen Sammler, der jedes Bild um feiner befonderen Eigenheit willen
gefchät)t und erworben hat, nicht leicht fein, fich von feinem Befiß zu trennen. Aber
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