LITERATUR
Ausführung diefer testen Arbeit Jaro Springers
macht. Denn während man bisher für den Be-
fiß von Rembrandts fämtüchen Radierungen ent-
weder auf die teuren, freiiich guten Einzetbiätter
der franzöfifchen Fakfimiieausgabe oder auf den
biiiigen, aber natürlich unzureichenden Band der
Klafßkcr der Kunft angewiefen war (die Reichs-
druckerei gab nur wenige Blätter wieder), legt
nun der Münchener Verlag für einen verhältnis-
mäßig außerordentlich billigen Preis (in dem
bisher allein vorliegenden 2 Bande kommt das
einzelne Blatt auf kaum 60 Pf.) Wiedergaben
vor, deren Eindruck den der Originale fo völlig
erreicht, wie es eben einer Reproduktion mög-
lich ift, die nicht das koftfpielige Verfahren des
Kupfertiefdruckes heranzieht.
Der zweite Band, der aus technifchen Gründen
zuerft ausgegeben wurde, enthält die Arbeiten
aus den Jahren 1633—1644 (nicht 1643—44, wie
das Titelblatt irrtümlich meldet; auch im Titel-
verzeichnis find Fehler stehen geblieben) in einer
feltenen Vollftändigkeit. Auch die umftittenen
Blätter find aufgenommen. Über Einzelfragen
wird an anderer Stelle noch zu fprechen fein,
namentlich wenn der Text vorliegt, der den
fpäteren beiden Bänden beigegeben werden foll.
Einftweilen müffen wir uns an diefer Steile da-
mit begnügen, nachdrücklichft und mit wärmfter
Empfehlung auf diefes prächtige, überaus wert-
volle Werk hinzuweifen, das wie kaum ein ande-
res geeignet ift, die künftlerifche Hauspoftille min-
deftens der germanifchenVölkerzu werden. H.Fr.
KRIEGSGRAPHIK. Mehr noch als Litera-
tur und Mufik muß naturgemäß die bildende
Kunft und vor allem die rafch raffende Kunft
der Graphik von dem rafenden Motiv des
Krieges zur Produktion gepeitfcht werden. Man
hätte dabei vorausfagen können, daß in unferer
Zeit, die fich der künftlerifchen Geftaitungs-
vorgänge nur zu bewußt ift, der Trieb, aus
dem ungeheuren Thema nicht nur Abbild, fon-
dern Symbol und Rhythmus zu fchöpfen, mäch-
tig fein würde. Auch fchwache Begabung hofft
an den furchtbaren Gegen faßen von Leben und
Tod ßdi zu ftärkerem Schöpfungsausdruck reizen
und fich auf dem Kothurn des Grandios-Schreck-
lichen über ihre Erdenmaffe hinaus fteigern zu
können (eine ähnliche Selbftläufchung wie die,
welche in Perioden heftiger, künftlerifcher Um-
wälzungen eine Schar von Pfeudo-Originalitäten
hervorzulocken pflegt, die an Stelie neuer Taten
aus dem Graufigen, Abfonderlichen oder Stil-
gepräge des Stoffes gefchöpfte Senfationen
anzubringen verfucht). Es wird immer wieder
verfichert, und wir wollen wünfchen, daß die
ungeheure Dynamik der verfloffenen Erlebniffe
in einer Kunft der Zukunft wirken wird, in
einer Kunft, deren ftoffiicher Inhalt und deren
Gebärde uns heute noch unbekannt und un-
ergründbar ift.
Unter dem, was an Formfymbol bisher er-
fchienen ift und uns zum Teil in den hier zu
befprechenden Blättern vorliegt, ift nichts, was
an Endgültigkeit des Ausdrucks der immenfen
Aufwühlung der Materie entfpräche. Es fcheint,
als ob die Kunft unerbittlich auf der Forderung
der äfthetifchen Diftanz beftehe.
in eindringlichen Rhythmen zufatnmengefaßt
ßnd manche Blätter der auch äußerlich vornehm
ausgeftatteten Mappe von Erich Thum .Hinter
den Heeren".! Aus dem Gegenfaß von Schwarz
und Weiß find einigen Motiven wie der .Stille
Straße" eindrucksvolle Flächenwirkungen ab-
gewonnen. Aber die beabfichtigte Steigerung
ins Symbolifche verfagt, wenn auch nicht in fo
unerfreulicher Weife wie in der Mappe Bruno
Bielefeldts „Aus Oftpreußens Not"," in welcher
augeufcheinliche Unfreiheit des Stiftes und eine
ängftlich taftende Technik fich mit anfpruchs-
vollem Allegorismus vermifchen.
Ohne komplizierte Ambitionen künftlerifcher
oder fachlicher Art ßnd die 14 Steinzeichnungen
Bucherers* *' vom öftlichenKriegsfchauplaß. Der
Künftler, der als Mitglied des k. k. Kriegspreffe-
quartiers den öftlichen Feldzug mitgemacht hat,
ftellt in etwas pedantifcher Genauigkeit allerlei
Gegenftändliches, wie z. B. die Wirkung eines
beftimmten 42cm-Blindgängers, einer 30,5cm-
Granate ufw., dar.
Hermann Goebels Lithographien' ftüßen fich
bei aller Fixigkeit der Anfchauung auf ein
feftes zeichnerifches Rückgrat. Blätter wie die
.Etappenftraße" geben Natureindrücke von im-
preffioniftifcher Frifche.
Von wieder einer anderen Seite kommt die
Gruppe Münchner Künftler, die fich in
den drei Mappen der Kriegsbilderbogen des
Golß-Verlags ausfprechen. Der Dreifarbendruck
erweitert die Möglichkeiten der Differenzierung,
ob er hier zur Erhöhung farbiger Harmonien
beiträgt, dort zur Verdichtung des Stimmungs-
gehaltes dient oder von den Allerneucften zu
allerlei primitiv fich gebärdender Geiftreichelei
ausgenüßt wird. Die Blätter find in ihrer Viel-
fältigkeit recht unterhaltend, ohne daß eine ein-
zelne Perfönlichkeit der mitwirkenden Künftler
ftark überragend wirkt.
Rene Be eh bietet in einer ebenfalls drei-
i München, Gol^-Verlag.
Herausgegeben vom Dürerbund. Georg D. W. Call-
wey, München. - "
* Max Bucherer, Aus Galizien und Polen. Verlag Ernjt
Reinhardt, München.
* Kriegserlebniffe. Verlag Gebrüder Buck, Mannheim.
Ausführung diefer testen Arbeit Jaro Springers
macht. Denn während man bisher für den Be-
fiß von Rembrandts fämtüchen Radierungen ent-
weder auf die teuren, freiiich guten Einzetbiätter
der franzöfifchen Fakfimiieausgabe oder auf den
biiiigen, aber natürlich unzureichenden Band der
Klafßkcr der Kunft angewiefen war (die Reichs-
druckerei gab nur wenige Blätter wieder), legt
nun der Münchener Verlag für einen verhältnis-
mäßig außerordentlich billigen Preis (in dem
bisher allein vorliegenden 2 Bande kommt das
einzelne Blatt auf kaum 60 Pf.) Wiedergaben
vor, deren Eindruck den der Originale fo völlig
erreicht, wie es eben einer Reproduktion mög-
lich ift, die nicht das koftfpielige Verfahren des
Kupfertiefdruckes heranzieht.
Der zweite Band, der aus technifchen Gründen
zuerft ausgegeben wurde, enthält die Arbeiten
aus den Jahren 1633—1644 (nicht 1643—44, wie
das Titelblatt irrtümlich meldet; auch im Titel-
verzeichnis find Fehler stehen geblieben) in einer
feltenen Vollftändigkeit. Auch die umftittenen
Blätter find aufgenommen. Über Einzelfragen
wird an anderer Stelle noch zu fprechen fein,
namentlich wenn der Text vorliegt, der den
fpäteren beiden Bänden beigegeben werden foll.
Einftweilen müffen wir uns an diefer Steile da-
mit begnügen, nachdrücklichft und mit wärmfter
Empfehlung auf diefes prächtige, überaus wert-
volle Werk hinzuweifen, das wie kaum ein ande-
res geeignet ift, die künftlerifche Hauspoftille min-
deftens der germanifchenVölkerzu werden. H.Fr.
KRIEGSGRAPHIK. Mehr noch als Litera-
tur und Mufik muß naturgemäß die bildende
Kunft und vor allem die rafch raffende Kunft
der Graphik von dem rafenden Motiv des
Krieges zur Produktion gepeitfcht werden. Man
hätte dabei vorausfagen können, daß in unferer
Zeit, die fich der künftlerifchen Geftaitungs-
vorgänge nur zu bewußt ift, der Trieb, aus
dem ungeheuren Thema nicht nur Abbild, fon-
dern Symbol und Rhythmus zu fchöpfen, mäch-
tig fein würde. Auch fchwache Begabung hofft
an den furchtbaren Gegen faßen von Leben und
Tod ßdi zu ftärkerem Schöpfungsausdruck reizen
und fich auf dem Kothurn des Grandios-Schreck-
lichen über ihre Erdenmaffe hinaus fteigern zu
können (eine ähnliche Selbftläufchung wie die,
welche in Perioden heftiger, künftlerifcher Um-
wälzungen eine Schar von Pfeudo-Originalitäten
hervorzulocken pflegt, die an Stelie neuer Taten
aus dem Graufigen, Abfonderlichen oder Stil-
gepräge des Stoffes gefchöpfte Senfationen
anzubringen verfucht). Es wird immer wieder
verfichert, und wir wollen wünfchen, daß die
ungeheure Dynamik der verfloffenen Erlebniffe
in einer Kunft der Zukunft wirken wird, in
einer Kunft, deren ftoffiicher Inhalt und deren
Gebärde uns heute noch unbekannt und un-
ergründbar ift.
Unter dem, was an Formfymbol bisher er-
fchienen ift und uns zum Teil in den hier zu
befprechenden Blättern vorliegt, ift nichts, was
an Endgültigkeit des Ausdrucks der immenfen
Aufwühlung der Materie entfpräche. Es fcheint,
als ob die Kunft unerbittlich auf der Forderung
der äfthetifchen Diftanz beftehe.
in eindringlichen Rhythmen zufatnmengefaßt
ßnd manche Blätter der auch äußerlich vornehm
ausgeftatteten Mappe von Erich Thum .Hinter
den Heeren".! Aus dem Gegenfaß von Schwarz
und Weiß find einigen Motiven wie der .Stille
Straße" eindrucksvolle Flächenwirkungen ab-
gewonnen. Aber die beabfichtigte Steigerung
ins Symbolifche verfagt, wenn auch nicht in fo
unerfreulicher Weife wie in der Mappe Bruno
Bielefeldts „Aus Oftpreußens Not"," in welcher
augeufcheinliche Unfreiheit des Stiftes und eine
ängftlich taftende Technik fich mit anfpruchs-
vollem Allegorismus vermifchen.
Ohne komplizierte Ambitionen künftlerifcher
oder fachlicher Art ßnd die 14 Steinzeichnungen
Bucherers* *' vom öftlichenKriegsfchauplaß. Der
Künftler, der als Mitglied des k. k. Kriegspreffe-
quartiers den öftlichen Feldzug mitgemacht hat,
ftellt in etwas pedantifcher Genauigkeit allerlei
Gegenftändliches, wie z. B. die Wirkung eines
beftimmten 42cm-Blindgängers, einer 30,5cm-
Granate ufw., dar.
Hermann Goebels Lithographien' ftüßen fich
bei aller Fixigkeit der Anfchauung auf ein
feftes zeichnerifches Rückgrat. Blätter wie die
.Etappenftraße" geben Natureindrücke von im-
preffioniftifcher Frifche.
Von wieder einer anderen Seite kommt die
Gruppe Münchner Künftler, die fich in
den drei Mappen der Kriegsbilderbogen des
Golß-Verlags ausfprechen. Der Dreifarbendruck
erweitert die Möglichkeiten der Differenzierung,
ob er hier zur Erhöhung farbiger Harmonien
beiträgt, dort zur Verdichtung des Stimmungs-
gehaltes dient oder von den Allerneucften zu
allerlei primitiv fich gebärdender Geiftreichelei
ausgenüßt wird. Die Blätter find in ihrer Viel-
fältigkeit recht unterhaltend, ohne daß eine ein-
zelne Perfönlichkeit der mitwirkenden Künftler
ftark überragend wirkt.
Rene Be eh bietet in einer ebenfalls drei-
i München, Gol^-Verlag.
Herausgegeben vom Dürerbund. Georg D. W. Call-
wey, München. - "
* Max Bucherer, Aus Galizien und Polen. Verlag Ernjt
Reinhardt, München.
* Kriegserlebniffe. Verlag Gebrüder Buck, Mannheim.