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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Heft 9/10
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0195

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LITERATUR

Man fchreibt keine Bücher, um Dank zu ernten.
Man fchreibt aber auch keine Bücher, uni als
Dieb befchimpft zu werden. Wenn wir nun
wirkiich jene Vandalen wären, als die uns die
Herren Franzofen hinzuftellen belieben, fo könnten
fie fich wirklich nicht wundern, wenn nach einem
folchen Echo, das eine liebevoll gearbeitete
Künftlermonographie findet, die Pflege franzö-
fifdier Kunft ein für alle Mal bei uns erlifcht.
Erfreulicherweife — und darin liegt unfere Stärke
— ruht die Liebe zur Kunft in unferen Herzen
fo feft, daß fie durch Verleumdungen und Be-
fchimpfungen nicht berührt werden kann. Ge-
rade dicfes prächtige Werk, in dem kein Wort
auf die Kriegsumftände hindeutet, beweift aufs
Neue, daß der Deutfche, noch inmitten diefer
Kriegszeit, fein ganzes Herz einem Künftler
fchenken kann. Indem er das tut, vergißt er
Zeit und Ort und lebt in einem Tempel, vor
deffen Mauern die häßlichen Leidenfchaften zer-
brechen.
So erfcheint mir diefes Buch eines Feldsoldaten
wie ein künftierifcher Gottesdienft imSchlachten-
lärm. Hermann Ehrhardt hat fich tief in das
große, fonnige, heitere Zeitalter Frankreichs
hineingelebt und aus den zeitgenöffifchen Quellen
über das Gefellfchaftsleben Begleitworte gefun-
den, die in ihrer aphoriftifchen Form einen vor-
trefflichen Zeitfpiegel geben. Die 24 Seiten lange
wiffenfchaftliche Einleitung entwickelt in ge-
drängter, finnvoller Form das Werden und Ver-
gehen diefes glänzenden Bildnismalers des 18.
Jahrhunderts.
Von Deutfchen ift St. Quentin, da es abfeits
vom Wege liegt, wenig befucht. Auch Fran-
zofen find nicht in fo großer Zahl dorthin ge-
gangen, wie Henri Lapauze jeßt glauben machen
möchte. Immerhin ift Maurice Quentin de la
Tour in Frankreich populärer als bei uns, wie
ja überhaupt die Kunft des 18. Jahrhunderts in
Frankreich ftets größere Schäßung gefunden hat
als bei uns. ln Deutfchland neigt man dazu, die
Bildniskunft des 18. Jahrhunderts zu unterfchäßen.
Wer aber weiß, daß Latours Wahlfpruch lautete:
„Ein König, ein General, ein Minifter, eine Ma-
giftratsperfon, ein Priefter, ein Philofoph und
ein Laftträger müffen von Kopf bis zum Fuß
ihren Beruf zur Schau tragen", wird aufmerk-
famer feine Bildniffe betrachten. Und wer die
Phrafenlofigkeit der Latourfchen Bildniffe erft
erkannt hat, wird auch den Weg zu Perroneau
und den anderen finden, die fich von der höfi-
fchen Kunft zur Freiheit durchgerungen haben.
Hermann Ehrhardts Werk bietet eine günftige
Gelegenheit, fich in diefe Kunft einzufühlen.

Mit einer gewiffen Spannung fieht man den
weiteren Veröffentlichungen der Korpsbuchhand-
lung inBapaume entgegen, die hoffentlich eben-
fo glücklich werden, wie diefe erfte. O.G.
Löwy, Emanuel: DIE GRIECHISCHE PLA-
STIK. Leipzig 1916. Verlag von Klinkhardt &
Biermann. 2. Aufiage.
Eine Neuauflage der Löwyfdien „Griechifchen
Plaftik" in zwei Bänden (einem Text- und einem
Reproduktionsband) enthält eine Zufammen-
faffung der Gefchichte der griechifchen Plaftik,
die durch ein reiches, das Typifche jeder Kunft-
epoche hervorhebendes Bildermaterial geftüßt ift.
So zeichnet fich klar die Linie der künftlerifchen
Entwickiung auf, wie fie aus den ardiaifchen
Frühwerken über die reife Vollendung des Peri-
kleifchen Zeitalters zum Barock des Lyfipp führt
und von da einerfeits zum Manierismus, andrer-
feits zu einem eklektifdien Archaismus fich wendet.
Löwy ift beftrebt neben der Fixierung der
Stiieinfchnitte die Stetigkeit und Kontinuierlichkeit
des griechifchen Kunftwoilens aufzuzeigen, der
Kunft, die bei der höchften Mannigfaltigkeit der
Formenfprache, wie Löwy fagt, „immer Ablei-
tungen aus fich felber", immer Analogien zur
Wirkiichkeit zu bieten fucht. Niemals hat die
griechifche Plaftik aus der Kunft heraus in die
Zufälligkeit der Wirklichkeit gegriffen.
Das Löwyfche Buch hält fich, wie es feiner
Beftimmung entfpricht, im Rahmen der allge-
meinen Auffaffung der archäologifchen Wiffen-
fchaft.
Es wäre jedoch nicht unlntereffant zu erfahren,
wie weit die hypothetifchen Ideen der neueften
Stilpfychologen (Worringer) von der hiftorifchen
Archäologie aufgenommen und verwertet worden
find. Safcha Schwabacher.
ZUR EHMCKE-AUSSTELLUNG IN HORST-
STOBBES BÜCHERSTUBE in München ift ein
iliuftrierter Katalog erfchienen, der fchon durch
feine rein äußerliche Aufmachung mehr den Ein-
druck einer bibliophilen Publikation, als eines
Ausftellungsverzeichniffes macht. Der vollftän-
digen Aufzähiung aller vom Künftler überhaupt
ausgeftatteten Bücher, Zeitfchriften, Druckfachen
ufw. hat Prof. Dr. Jofef Popp eine verftändnis-
volle Würdigung des künftierifchen Schaffens
vorausgefchickt. Ein Verzeichnis der Veröffent-
lichungen von und über Ehmke, 24 meift ganz-
feitige Abbildungen und ein Biidnis des Künft-
iers vervollftändigen diefes in der Ehmcke
Ruftika gefeßten kleinen typographifchen Mufter-
druck.

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