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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Heft 11/12
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Hildebrandt, Hans: Die neue TET-Fabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0206

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DIE NEUE TET-FABRIK

rein technifcher Gattung kann er hinzuternen, und er wird dies um fo leichter ver-
mögen, da fie für feine Sinnesart nichts Wefenfremdes bedeuten, und da fein Inftinkt
ihn auf fie verweift. Der Mangel an monumentalem, an architektonifchem Geifte aber
ift durch kein Studium und durch keine Praxis wettzumachen.
Bernhard Hoetger gehört nun zweifellos zu jenen in unferer Zeit noch nicht allzu-
häufig anzutreffenden Künftlern, die von architektonifchem Geifte befeelt find. Seine
Plaftik ging, feit er fich ganz felbftändig machte und das ift fchon reichlich zehn
Jahre her — ftets auf monumentale Wirkung aus. Zudem war er der erfte, der mit
dem Plaftikenzgklus des Platanenhains auf der Mathildenhöhe zu Darmftadt die Ver-
einigung von plaftifchen und architektonifchen Elementen zu einem großen Gefamt-
kunftwerk wagte und erreichte, an längftvergeffene wertereiche Überlieferung an-
knüpfend. Die innere Gefchloffenheit feiner Bildwerke, ihre ftarke und doch von Leben
erfüllte Ruhe dankte er feiner architektonifchen Gefinnung. So war, wer feine Schaffens-
weife kannte, feine Aufwärtsentwicklung verfolgt hatte, nicht im mindeften erftaunt,
weil fie fcheinbar plötzlich in die architektonifche Geftaltung einmündete: Vielmehr fah
er das monumentale Bauwerk auf jenem Wege liegen, den Hoetger feit langem weiter-
fchritt, einem fernen und hohen Ziel entgegen. Und wer ihn kannte, wußte auch,
daß er wachfen werde mit dem Wachstum der Aufgaben, die er felbft fich fteilte, oder
die ihm der Weitblick eines Auftraggebers ftellen würde.
Die Neue Tet-Fabrik der Firma Hermann Bahlfen in Hannover wird erft im Frieden
gebaut werden. Entwurf und Modell aber liegen in ihren großen Zügen heute fchon
fertig vor und find z. Z. auf der Hannoverfchen Frühjahrsausftellung zu fehen. Die
Notwendigkeit eines umfaffenden Neubaus hatte fich für die Bahlfenfche Keks-Fabrik
bereits vor Kriegsausbruch infolge der gefteigerten Nachfrage nach den Erzeugniffen
des Betriebs ergeben. Ein Anbau an die beftehende Anlage erwies fich als unzweck-
mäßig: Er hätte günftigftenfalls die Forderung nach Erftellung eines neuen, größeren
Gebäudes um einige Jahre hinausgezögert. So entfehloß fich die Firma, ganze Arbeit
zu machen und den Plan einer Anlage zu erftellen, die felbft den weiteftgehenden An-
fprüchen der im kommenden Frieden neu fich belebenden Induftrie genügen wird.
Ein Gelände von rund 100000 qm wurde an der Fortfe^ung der Podbielskiftraße er-
worben, an der auch die jetzige Fabrik liegt.
Da die Monumentalität durch Einfachheit der Formen und durch das Ausfpielen
großer Maffen erzielt werden folltc, verbot fich Koftbarkeit der Bauftoffe von felbft,
die in einem Mißverhältnis zu der Beftimmung der Gebäude als Nu^bauten geftanden
hätte. Das altüberlieferte und vor allem von der Gotik mit feinftem Kunftfinn verwen-
dete Baumaterial Hannovers, deffen Umgegend weit und breit keine gewachfenen Steine
liefert, ift der Backftein. So griff Hoetger zu der Benutzung roten Ziegels für fämt-
liche Teile der Anlage. Die Backfteine follen nicht die heute meift übliche Form er-
halten fondern die in ihren Abmeffungen künftlerifcher wirkende der ehemals gebräuch-
lichen „Klofterziegel".
Die Podbielskiftraße zerfchneidet das Gelände und teilt es in zwei etwas ungleiche
Hälften, deren eine die Fabrik felbft, deren andere die Bauten der Fabrikumgebung
aufnehmen foll.
Die Ausdehnung der Tet-Fabrik wird beftimmt durch zwei Straßen, die ihre Längs-
feiten einrahmen, durch die Podbielskiftraße, der fich ihre Vorderfaffade zukehrt, und
rückwärts durch den Kanal. Die befondere Schwierigkeit der künftlerifchen Löfung
wird dadurch bedingt, daß zwar die Seitenftraßen faft parallel zueinander verlaufen,

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