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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Heft 15/16
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0306

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AUSSTELLUNGEN

.Ernte" ein fo guter Wurf geglückt, daß es
fraglich erfcheint, ob er in diefen freien Kom-
pofitionen fein Können nicht viel fthneller ent-
wickelt hätte, als in den Biidniffen, in denen
er einen testen Reft von Befangenheit feiten
ganz zu überwinden vermag. Audi feine Frau
Leni Zimmermann-Heitmüller ift erft in
der lebten Zeit in den Vollbefiß ihrer Kräfte
gelangt. Namentlich das .Stillleben mit der
blauen Vafe" ift im Zufammenklang der Farben
eine fehr glückliche Leitung.
Carrg van Biema zeigt eine Kompofition
.Mäherin", vor der man glaubt, in ein durch-
leuchtetes farbiges Glasfenfter zu blichen. Es
ift fchade, daß das Bemühen der Künftlerin fo
leicht im Kunftgewerblichen untergeht, denn auch
dem .Bildnis" merkt man bei mancherlei Schön-
heit das Selbftquälerifche einer bis ins Kleinfte
getriebenen Handwerklichkeit an. Es hat den
Anfchein, als hätte fich die Malerin in leßter
Zeit in einer Sackgaffe verrannt, aus der fie aber
Meifter Hölzel in Stuttgart ficherlich bald wieder
herausführen wird.
Heinz Porep zeigt drei landfdiaftlidie Ar-
beiten, die fein frifches Temperament und feine
erregte Naturanfchauung prachtvoll wiederfpie-
geln. Willy Heckrott und Werner Deter-
mann, Ferdg Horrmeyer und der jüngft ge-
fallene Walter Latwefen, der begabte Otto
Schulze und Karl Wiederhold ergänzen die-
fes Gefamtbild der modernen Hannoveifchen
Kunftproduktion und zeigen, daß auch die junge
Hannoverfche Künftierfchaft von dem beften
modernen Wollen erfüllt ift, einem Wollen
nach vorwärts, das in den Arbeiten von Karl
Jacob Hirfch und Otto Gleichmann die
radikaifte aber nicht die überzeugendfte Aus-
prägung erhält.
Unter den graphifchen Arbeiten ragen die von
unheimlichem Leben durchzuckten Federzeich-
nungen Plünneckes zu.Raskolnikow" und die
ausdrucksgeladenen Zeichnungen Otto Hohltse
in denen die ganze Furchtbarkeit des Krieges
aufzuflammen fcheint, deutlich hervor. Daneben
finden fich kraftvoile Zeichnungen von Willy
Heckrott und Burger-Mühlfeld, intereffante
Blätter von Margarete Seeland und zahl-
reiche farb.ge Holzfchnitte von Aug. Heit-
m ü i 1 e r.
In der Plaftik dominiert der ßch immer glück-
licher entwickelnde Otto Gothe, der mit vier
großen Skulpturen, unter denen die ausdrucks-
volle .Knieende" befonders erwähnt zu werden
verdient, ein beredtes Zeugnis feiner ftarken
Begabung ablegt. Georg Herting zeigt den
.Samariter" vom Duvebrunnen, Ludwig Vier-
thaler zwei neue Arbeiten, von denen befon-

ders der .Akt" in Terrakotta als fchönes Bei-
fpiel Vierthalerfcher Plaftik genannt fei. Auguft
Waterbeck und Alexander Oppler find mit
älteren Werken vertreten, die für diefe Künftler
nichts wefentlich Neues bekunden.
Zufammenfaffend kann man fagen, daß diefe
Veranftaltung geeignet ift unfere Meinung von
Hannoverfcher Kunft entfcheidend zu beeinfluffcn.
Man fühlt, daß nun auch Hannovers Künftier-
fchaft von den Strömungen des neuen Welt-
gefühls berührt wird. Noch gibt ßch das Neue
zaghaft oder hält ßch unter einer dekorativen
Hülle verborgen, aber man empfindet ein ftarkes
Streben und eine ernfte innere Ergriffenheit,
man fühlt ein frifches Wollen und Wagen, das
in der fchon gemeideten Gründung der .Hanno-
verfchen Sezeffion" fichtbaren Ausdruck gefun-
den hat. P. E. Küppers.
MÜNCHEN Die GALERIE HEINEMANN
vereinigt eine Anzahl Werke von Otto Greiner
zu einer Gedächtnisausftellung. Die Ausftellung
zeigte u. a. eine Reihe Studien zu einem der
Bilder für die Deutfdie Bücherei in Leipzig, an-
geßchts deren es wirklich fchwer fällt, die Be-
deutung Greiners anzuerkennen. Das Abmalen
der Natur iß bis zur rafßuierteften Vollendung
gediehen, aber man vermißt die Seele Es ift
weder das demütige .Sichneigen" vor den Wun-
dern der Welt, noch das Aufbauen aus Maßen
einer eigenen Welt. So ftand es nicht immer
mit feiner Kunft. In den .Fliehenden Faunen"
fißt ein blutvolieres Leben, auch in einigen
Zeichnungen und Radierungen der früheren
Jahre ßndet man einen perfönlichen und geftal-
tenden Griff. Mit Bedauern wird man aber
von dieferi Bildern und Studien feftftellen müffen,
daß hier ein Talent im Virtuofentum verfandet ift.
Zum zweitenmal ftellt Stanislaus Stück-
gold bei HANS GOLTZ .NEUE KUNST" Bil-
der und Graphiken aus, die einen Überblick
über die Arbeiten diefes polnifchen Malers
geben. Stückgolds Bilder find eine Ableitung
aus der Kunft Matisses. Selbftändiger, aber
auch fchwächer find die Porträts. Die Kontur
ift gleichmäßig mit Farbe gefüllt, in die die
Binnenformen wie eingezeichnet erfcheinen.
Diefe Methode wäre an fich nicht von der Hand
zu weifen, wenn nicht bei der Wiedergabe der
Form fich ein gewiffer Schematismus äußerte,
der des inneren Lebens entbehrt. DasVifionäre
der Erfcheinung kommt recht gut zur Geltung.
Die Farbenwahi und der dekorative Habitus
zeigen Verwandtfchaft mit ruffifcher Volkskunß.
Am beften ift Stückgoid in feinen Stilleben,
deren leuchtende Farbigkeit ßch über das rein
Dekorative erhebt. F.

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