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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

DOI Heft:
Heft 17/18
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Lüthgen, Eugen: Die Sammlung Dr. Richard von Schnitzler in Cöln, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0322

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DIE SAMMLUNG DR. RICHARD VON SCHNITZLER IN CÖLN

treten, zwei Werke der Goldfchmiede-
kunft und des Emails. Den Übergang
zur Renaiffance kennzeichnet eine Kuß-
tafel in fpätgotifchem Rahmen, die in
Limoufiner Email mit einer Pieta und
zwei Heiligen gefchmückt ift. Die fchöne
Klarheit renaiffancegemäßer Gliederung
der Fiächc ift durch die in die Mittel-
achfe gerückte Madonna, der der gerade
ausgeftreckte Leichnam Chrifti auf dem
Schoße ruht, mit klarem Blick geftaltet.
Das Kreuz hinter der Madonna betont
ausdrückiich die Strenge des Aufbaues,
die in den Rahmenfiguren der zu Sei-
ten der Madonna ftehenden Heiligen
auskiingt (Abb. 26).
Deutlich kennzeichnet fich diefe Email-
malerei als eine Arbeit, die mit dem
früheren Grubenfchmelz nichts mehr zu
tun hat. Sie fcheint durch ihre Vor-
liebe für rein malerifche Werte eher an-
zuknüpfen an die Farbenpracht der go-
tifchen durchfcheinenden Siiberfchmelz-
werke. Ein Vergleich mit der farbig
leuchtenden Siiberfchmelzplatte des fpä-
ten 14. Jahrhunderts mit der Darftellung
der Anbetung der Könige zeigt die nahe innere Verwandtfchaft (Abb. 27). Es ift nur
natürlich, daß das 14. Jahrhundert die Zeichnung und die Wirkung des Fiächenhaften
offenficlitlicher betonte. Daher find bei diefen Arbeiten des 14. Jahrhunderts die die
Schmelzfarben trennenden Metatiftege, wenn fie auch nur durch die durchfcheinenden
Farben hindurchwirken, Darfteliungsmittel, die vöiiig aus dem Wefen des Zeitftiies
erwuchfen. Daß mit dem 16. Jahrhundert auch diefes zeichnerifche Gerüft der Form
fällt, damit, wie in einem Gemälde, nur die Farbe wirke, ift kennzeichnend für das
Ziel der malerifchen Anfchauung des 15. Jahrhunderts.
So bezeichnet die Emailmalerei den Beginn der Renaiffanceentwicklung, die gegen
Ende des 15. Jahrhunderts in Limoges diefe neue Technik erftehen ließ. Jeßt wird der
kupferne Kern des Geräts oder die Kupferplatte ohne trennende Stege, Gruben oder
Reliefierung gleichmäßig mit Schmelzgrund bedeckt, fo daß nur die Darfteliungsmittel
der Malerei zur Wirkung kommen können. Auf der Kußtafel mit der Darftellung der
Pieta find noch — ein Nachklang des Grubenfchmelzes — die Umriffe der Zeichnung
in das Kupfer eingegraben, wie der Begründer der Schule, Nardin Penicaud, es bis
zum dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts liebte. Diefe Linien wurden in dunkeln
Schmelzfarben nachgezeichnet, damit dann zwifchen ihnen in wechfelreichen farbigen
Schichten, in dkken Lagen, die durchfichtigen und undurchsichtigen Emailfarben auf-
getragen werden konnten.
Das fchönfte Beifpiel von der unvergleichlichen Pracht der leuchtenden Farben giebt
die große ovale Tafel mit der figurenreichen Darftellung der Kreuzigung in einer


Abb. 25. Anbetung. Sotenhofer Stein.

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