DtE HANDZEICHNUNGEN-SAMMLUNG DR. HOFSTEDE DE GROOT IM HAAG. III.
Abb. 1. JAN LIEVENS, Landfchaftsftudie.
Lavierte Rohrfederzeichnung auf chinefifchem Papier.
Studie nach dem Gegenwände [ein. Für die mei[ten Biätter i[t aber eine ieicht ideali-
[ierende Auf[a[[ung des Vorwurfes kennzeichnend; [ie muten nicht an wie Studien
nach der Natur, [ondern [cheinen freie Inventionen zu fein, Kompofitionen in dem
Sinne, wie der Ausdruck in der Mufik gebraucht wird. So das hier reproduzierte Blatt
(Abb. 1), dem wohl ein Natureindruck zugrunde liegen mag, deffen Effekt aber ein von
jenem gänzlich losgelöfter, nur durch das Künftlertemperament bedingter ift. Durch die
fummarifche, zufammenfaffende Behandlungsweife aitcr Unterteile wird diefen jede in-
time Wirkung entnommen; die Zeichnung kann nur auf eine Weife genoffen werden,
als Ganzes, als Bitd. Diefeiben Eigenfchaften in noch höherem Maße befi^t eine,
fo wie die hier reproduzierte, auf chinefifches Papier gezeichnete Landfchaft mit einer
großen Baumgruppe. Befonders deutlich tritt aber diefe Vermeidung des Zufälligen
und die Abfichtlichkeit einer biidmäßigen Aufmachung hervor in dem prächtigen großen
Blatt mit einer beinahe fchon etwas an Theaterkunft gemahnenden, kuliffenhaften
Baumpartie links, an der vorbei man einen Ausblick auf die Dächer einer alten Stadt
mit einer Windmühle hat. (Ehern. Stg. Habich in Caffel; dort in Lichtdruck reprodu-
ziert.) Man könnte verfucht fein, in der Darftellung einen Blick auf Leiden zu fehen.
Ein näheres Studium der Einzelheiten und befonders die Hügelzüge in der Ferne
fprechen dagegen und machen wiederum wahrfcheinlich, daß wir es auch hier mit
einer von Lievens erfundenen Kompofition zu tun haben. — Es ift äußerft fchwer,
diefe Landfchaftszeichnungen chronologifch in die über 40 Schaffensjahre des Meifters
einzuordnen. Die Schwierigkeit wird dadurch noch vergrößert, daß fein Sohn, Jan
Andreas Lievens, [ich auch auf diefem Gebiet eng an die Arbeiten feines Vaters an-
gefchloffen zu haben fcheint, fodaß viele Blätter da, wo keine zuverläffige Bezeich-
200
Abb. 1. JAN LIEVENS, Landfchaftsftudie.
Lavierte Rohrfederzeichnung auf chinefifchem Papier.
Studie nach dem Gegenwände [ein. Für die mei[ten Biätter i[t aber eine ieicht ideali-
[ierende Auf[a[[ung des Vorwurfes kennzeichnend; [ie muten nicht an wie Studien
nach der Natur, [ondern [cheinen freie Inventionen zu fein, Kompofitionen in dem
Sinne, wie der Ausdruck in der Mufik gebraucht wird. So das hier reproduzierte Blatt
(Abb. 1), dem wohl ein Natureindruck zugrunde liegen mag, deffen Effekt aber ein von
jenem gänzlich losgelöfter, nur durch das Künftlertemperament bedingter ift. Durch die
fummarifche, zufammenfaffende Behandlungsweife aitcr Unterteile wird diefen jede in-
time Wirkung entnommen; die Zeichnung kann nur auf eine Weife genoffen werden,
als Ganzes, als Bitd. Diefeiben Eigenfchaften in noch höherem Maße befi^t eine,
fo wie die hier reproduzierte, auf chinefifches Papier gezeichnete Landfchaft mit einer
großen Baumgruppe. Befonders deutlich tritt aber diefe Vermeidung des Zufälligen
und die Abfichtlichkeit einer biidmäßigen Aufmachung hervor in dem prächtigen großen
Blatt mit einer beinahe fchon etwas an Theaterkunft gemahnenden, kuliffenhaften
Baumpartie links, an der vorbei man einen Ausblick auf die Dächer einer alten Stadt
mit einer Windmühle hat. (Ehern. Stg. Habich in Caffel; dort in Lichtdruck reprodu-
ziert.) Man könnte verfucht fein, in der Darftellung einen Blick auf Leiden zu fehen.
Ein näheres Studium der Einzelheiten und befonders die Hügelzüge in der Ferne
fprechen dagegen und machen wiederum wahrfcheinlich, daß wir es auch hier mit
einer von Lievens erfundenen Kompofition zu tun haben. — Es ift äußerft fchwer,
diefe Landfchaftszeichnungen chronologifch in die über 40 Schaffensjahre des Meifters
einzuordnen. Die Schwierigkeit wird dadurch noch vergrößert, daß fein Sohn, Jan
Andreas Lievens, [ich auch auf diefem Gebiet eng an die Arbeiten feines Vaters an-
gefchloffen zu haben fcheint, fodaß viele Blätter da, wo keine zuverläffige Bezeich-
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