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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

DOI Heft:
Heft 16 (2. Maiheft 1917)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Von kommenden Dingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0183

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als Zielsetzer verschmäht er bilderstürmerische und mystische Töne, sondern
redet in einer zwar notwendig unzulänglichen, aber menschlichen Sprache —
als Praktiker zeigt er überall Ansatzpunkte für den Schafsenswillen, die
mit der Sicherheit des Kenners der Lebensordnungen aus den tausend
möglichen gewählt sind. Das ist die fruchtbarste Möglichkeit seines
Buches: dem Willen ein Auge zu geben und ein Arbeitfeld zu weisen.

Damit genug von der Wirkung, von der soziologischen Funktion des
Buches.

^^on seinem Inhalt kann heute nur das Grundlegende — aus dem
^vKapitel „Das Ziel" — wiedergegeben werden. Welche Wege zu seiner
Verwirklichung Rathenau auf den drei großen Gebieten der Wirtschaft,
der geistigen und Sitten-Entwicklung, der Staatspolitik weist, darüber
werde später gesprochen.

Volksverdichtung und, damit zusammenhängend, Beuordnung der Wirt-
schaft und des Lebens sind nach Rathenau die unterscheidenden Merkmale
der Gegenwart. Ihre Lebensordnung nennt er „Mechanisierung", „um
ihre Aniversalität auszusprechen und um die mechanische Zwangläufig-
keit anzudeuten, die sie von allen früheren Ordnungen unterscheidet.
Denn ihr Wesen, alles in allem betrachtet, besteht darin, daß die Mensch-
heit, halb bewußt, halb unbewußt, zu einer einzigen Zwangsorganisation
verflochten, bitter kämpfend und dennoch solidarisch für ihr Leben und
ihre Zukunft sorgt." „Das Wesen der Mechanisierung schließt Aniver«
salität ein; sie ist die Zusammenfassung der Welt zu einer unbewußten
Zwangsassoziation, zu einer lückenlosen Gemeinschaft der Produktion und
Wirtschaft."

„Auf unserm Gestirn hat die Mechanisierung einen großen Teil ihrer
Aufgabe erfüllt. Anter der Form der Zivilisation hat sie eine äußere
Verständigung angebahnt, die Möglichkeit eines leidlich reibungslosen
Zusammenlebens und organischen Aufbaues geschaffen. Anter der Form
der Produktions« und Verkehrsgestaltung hat sie Ernährung, Kleidung
und Behausung der vervielfältigten, ständig wachsenden Erdbevölkerung
gesichert, indem sie die Fundstellen des Erdkreises öffnete, Zentralisie-
rung der Verarbeitung, Dezentralisierung des Vertriebes lehrte. Anter
der Form des Kapitalismus hat sie ermöglicht, die Arbeitsleistung der
Menschheit nach Bedgrf zu sammeln und auf geordnete, einheitliche Ziele
zu lenken. Als staatliche und bürgerliche Organisation hat sie versucht,
jeden Gruppenwillen zum Ausdruck zu bringen und dem Gesamtbewußt«
sein vernehmlich zu machen. Anter der Form der Publizistik leitet sie
jeden Eiüdruck, den das Gesamtwesen empfängt, zum Wahrnehmungs^
zentrum der Gemeinschaft. Anter der Form der Politik versucht sie die
Amgrenzung der Nationalität und die Arbeitsteilung zwischen den Na-
tionen zu erwirken. Anter der Form der Wissenschaft erstrebt sie ein
Gemeinschaftsforschen des Erd-Geistes, unter der Form der Technik setzt
sie das Wissen um in Kampfbereitschaft gegen die Naturkraft. . .

Die Menschheit ist, soweit materielles Schaffen reicht, zu einem fast
vollendeten Organismus erwachsen, der mit Sinnen, Nervensträngen,
 
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