Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0047
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Weidler, Charlotte: Europäische und arabische Architektur in Afrika
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Beispiel einheimischer, arabi-
scher Architektur: Die alte
Kasbah (Burg) von Algier
islamischen Baukunst, mit der im allgemeinen der Begriff einer Moschee von Ghardala ist ein festungsartiger Gebäude-
eleganten, reich ornamentierten, farbenfreudigen Architekur komplex, der die eigentlichen Gebetsräume, Sitzungs- und
verbunden wird. Das mozabitische Stammesgesetz sieht in Arbeitsräume der Tolba, Koranschulen, in anderen Gegenden
dem häufig geäußerten Wunsch des Propheten nach Schmuck- auch Unterkunftshäuser für auswärtige Schüler und Pilger,
losigkeit der religiösen Bauten ein unabänderliches Gesetz und Vorratsräume und Wohltätigkeitsanstalten umfaßt. Es gibt keine
verbietet in strengster Koranauslegung jeden skulpturalen auffallenden, kunstvollen Portale, nur eine einfache, schmale
Schmuck, Ornamente und leuchtende Farben. Es verbietet die Palmenholztür; es soll ja außer den Mozabiten niemand den
sonst so beliebten Holzschnitzereien und Fliesen (die im Alge- Weg zur Moschee finden. Die Architektur dieser Moscheen ist
rischen und Tunesischen als alte Seeräuberbeute überraschend — wie die Bilder zeigen — unserem heutigen Formgefühl und
oft aus Delft stammen). Der Wassermangel der Wüste macht unserem Verständnis sehr nahestehend. Ihre Formen bieten
auch die sonst nie fehlenden, oft sehr schönen Brunnen über- häufig kühne Überschneidungen, alles ist von wunder-
flüssig. Die mozabitischen Moscheen, deren Betreten nicht nur barem, rhythmischem Formgefühl getragen, immer auf orna-
Andersgläubigen, sondern hier sogar den andersstämmigen mentlose, reine Formen gestellt und aus engster Koran-
Arabern und Berbern verboten ist, sind puritanische, schlichte, Verbundenheit im Geistigen verwurzelt. Heute noch er-
weiße Bauwerke. Als Baumaterial dienen Steine der Schotter- kennbare Bauanfänge reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück,
wüste des Beni M'Zab. Durchweg wird der Bau geweißt. Die und hier erleben wir die Merkwürdigkeit, daß sich bis heute
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scher Architektur: Die alte
Kasbah (Burg) von Algier
islamischen Baukunst, mit der im allgemeinen der Begriff einer Moschee von Ghardala ist ein festungsartiger Gebäude-
eleganten, reich ornamentierten, farbenfreudigen Architekur komplex, der die eigentlichen Gebetsräume, Sitzungs- und
verbunden wird. Das mozabitische Stammesgesetz sieht in Arbeitsräume der Tolba, Koranschulen, in anderen Gegenden
dem häufig geäußerten Wunsch des Propheten nach Schmuck- auch Unterkunftshäuser für auswärtige Schüler und Pilger,
losigkeit der religiösen Bauten ein unabänderliches Gesetz und Vorratsräume und Wohltätigkeitsanstalten umfaßt. Es gibt keine
verbietet in strengster Koranauslegung jeden skulpturalen auffallenden, kunstvollen Portale, nur eine einfache, schmale
Schmuck, Ornamente und leuchtende Farben. Es verbietet die Palmenholztür; es soll ja außer den Mozabiten niemand den
sonst so beliebten Holzschnitzereien und Fliesen (die im Alge- Weg zur Moschee finden. Die Architektur dieser Moscheen ist
rischen und Tunesischen als alte Seeräuberbeute überraschend — wie die Bilder zeigen — unserem heutigen Formgefühl und
oft aus Delft stammen). Der Wassermangel der Wüste macht unserem Verständnis sehr nahestehend. Ihre Formen bieten
auch die sonst nie fehlenden, oft sehr schönen Brunnen über- häufig kühne Überschneidungen, alles ist von wunder-
flüssig. Die mozabitischen Moscheen, deren Betreten nicht nur barem, rhythmischem Formgefühl getragen, immer auf orna-
Andersgläubigen, sondern hier sogar den andersstämmigen mentlose, reine Formen gestellt und aus engster Koran-
Arabern und Berbern verboten ist, sind puritanische, schlichte, Verbundenheit im Geistigen verwurzelt. Heute noch er-
weiße Bauwerke. Als Baumaterial dienen Steine der Schotter- kennbare Bauanfänge reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück,
wüste des Beni M'Zab. Durchweg wird der Bau geweißt. Die und hier erleben wir die Merkwürdigkeit, daß sich bis heute
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