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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 8.1933

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Rückert, Otto: Die besonderen Qualitäten des Werkstoffes Farbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.13209#0230

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a) gelbe Pigmente: Chromgelb, Zinkgelb, heller Ocker und
ungebrannte Terra di Siena;

b) orange Pigmente: Chromorange und gebrannter Ocker;

c) rote Pigmente: Eisenoxydrot und gebrannte Terra di Siena;

d) grüne Pigmente: Chromoxydgrün (stumpf), Chromoxyd-
hydratgrün und grüne Erde (1. Qualität);

e) blaue Pigmente: Ultramarinblau, Pariserblau;

f) violette Pigmente: Caput mortuum violett und Mangan-
violett.

Diese 15 Pigmente, von denen obendrein 7 als kalkecht, d. h.
in Kalk verwendbar angesprochen werden müssen''), gewähr-
leisten überdies ein rationelles Arbeiten und darüber hin-
aus ein vornehmes und gediegenes farbiges Aussehen,
das höchstens bei besonderer Bevorzugung eines Pigmentes
(z. B. bei dem ganz leicht gebrochenen Manganviolett oder
Chromorange) in das süßliche abgleiten kann.

Eine besondere Eigenart der auf diese Art und Weise er-
stellten Tonreihen ist der Umstand, daß alle Töne, die aus 2 der
erwähnten Gegenfarben unter Beimischung von Weiß gemischt
wurden, wohltuend übereinstimmen. Eine solche Übereinstim-
mung ist bis zu einem gewissen Grade auch zwischen allen
jenen Farbtönen festzustellen, deren Komponenten einer der
beiden aufgezeigten Farbengruppen angehören. (Gruppe 1
oder Gruppe II.) Abb. 5. Und zwar auch dann, wenn die
einzelnen Farbtöne verschiedene Helligkeiten aufweisen.

Die geschilderte Mischmethode, der bei der Erziehung zum
Farbensehen eine entscheidende Rolle zukommt, bestätigt

*) Heller und gebrannter Ocker, gebrannte und ungebrannte
Terra di Siena, Eisenoxydrot, Chromoxydgrün, Caput mortuum
violett, bedingt auch Chromoxydhydrat grün, grüne Erde und
Ultramarinblau,

übrigens die althergebrachte Anschauung, daß der farbigen
Einheitlichkeit eines Raumgebildes (Monochromie) der Vorzug
vor der Vielfarbigkeit desselben (Polychromie) gegeben werden
muß. In seiner Farbenlehre spricht Goethe wie folgt von dem
besonderen Wert der Monochromie: „Diese einzelnen be-
deutenden Wirkungen (gemeint sind die sinnlich-sittlichen Wir-
kungen der Farbe, insbesondere die Wirkung auf das Gemüt,
von der Goethe sagt, daß uns die Erfahrung lehrt, daß die
einzelnen Farben besondere Gemütsstimmungen hervorrufen)
vollkommen zu empfinden, muß man das Auge ganz mit e i n e r
Farbe umgeben, z. B. in einem einfarbigen Zimmer sich be-
finden. Man identifiziert sich alsdann mit der Farbe; sie stimmt
Auge und Geist mit sich unisons". übertragen auf unsere Zeit
muß festgestellt werden, daß wir, wenn auch nicht in der
Gesamtheit, an einer möglichst stillen und klaren Farbgebung
das allergrößte Gefallen haben. Die modernen Räume werden
auch in der Folge jene beschauliche Sachlichkeit aufweisen,
für die wir in den Werken der romantischen Interieurmaler
(z. B. des genialen Georg Friedrich Kersting) besonders ge-
eignete und anschauliche Parallelen finden. Das Wesen der
Monochromie wurzelt übrigens nicht so sehr in dem Gebrauch
einer tunlichst dominierenden Farbe im Räume wie vielmehr in
der glücklichen Gegenüberstellung und Auswertung der Ober-
flächenerscheinungen, wie sie kraft des Materials den einzelnen
Dingen im Räume eigentümlich sind. Durch die bewußte
Gegenüberstellung stumpfer, mattglänzender und glänzender
Gegenstände (Anstriche, Nickelstahl, Bezugstoffe, Keramiken,
Glas und Hölzer) kann selbst einem weiß in weiß gehaltenen
Raum eine ungewöhnlich reizvolle malerische Wirkung, die sich
ohnehin durch eine in sich gesteigerte Klarheit auszeichnet,
verliehen werden. (Vgl. Abb. 6.) Wir haben uns daran gewöhnt,

Abbildung 6

Gegenüberstellung weiß erschei-
nender Werkstoffe (Bauausstellung
Berlin 1931)

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