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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Die deutsch-nationale Kunstgewerbe-Ausstellung zu München 1888
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0043

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Von Friedrich Pecht

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so mehr aber sind die in der Erzgießerei hergestellten Bronzegüsse zu rühmen, so unter andrem ein Kronleuchter
sür elektrische Glühlichter von virtuoser Ausführung, ein prächtiger St. Georg u. a. Eine halbe Stunde davon
entdecken wir dann den ihm so verwandten Meister Halbreiter, noch zierlicher, aber auch noch etwas magerer
als er, in seinem Tafelaufsatz und einer Mappe. Dort gelangt man auch zu einer Kollektiv-Ausstellung der
Gold- und Silberschmiede, wo Elchinger den reizendsten und jedenfalls am besten emaillirteu Fraueuschmuck
zeigt, aber auch Leyrer, Merk, Winterhalter u. a. schöne Sachen bringen. Oft weit davon entfernt stößt man
dann auf köstliche Uhren von Jagemann, oder auf Silberzeug von Wolleuweber, auf Zinngeschirr von
Lichtinger, in Kupfer getriebene große Figuren und Gefäße von H. Seitz, kurz, es sieht aus, als hätten die

Herren sich jeder des andren geschämt, während die Pro-
duktion Münchens allein die fast aller andren Staaten
quantitativ übertrifft I

IV. Möbel und Holzschnitzerei überhaupt

Ist das meiste davon schon erwähnt worden
bei den ganzen Zimmern, so bleiben mir doch noch
einige Einzelheiten übrig. So von Denoth in Ham-
burg eine treffliche Statuette des Bürgermeisters Hayn,
von Eberle im kleinen Überlingen eine prächtig stili-
sierte, leider aber auch bemalte Madonna mit Heiligen
voll Liebenswürdigkeit des Ansdrucks. Von Ludwig
in Wien eine köstliche Thür ans verschiedenen Hölzern
und reizende Sachen in Brandtechnik, von Schön-
thaler dort ein Schreibtisch, von Udluft L Hartmann
in Dresden ein schöner Kredenztisch nach Graff, von
Steinmetz in München ein noch besserer. Die Holz-
schnitzerei hat sich dann mannigfach bethätigt nicht nur
in den Partenkirchner (Abb. S. 23), Ammerganer und
Berchtesgadener Schnitzereien, die nicht gerade große
Fortschritte zeigen, sondern vor allem in selbständigen
Altarwerken oder Wandverzierungen. Von den elfteren
ist ein großer gothischer Altar von Simmler <L Ve-
nator in Offenburg ein besondrer Schmuck der badi-
schen Abteilung, dann bringt das Elsaß eine prächtige
Kanzel, in romanischem Stil durch Gebrüder Böhm
in Mühlhausen ausgeführt. München, wo die Holz-
schnitzerei seit Ludwig I. blüht, verdirbt dieselbe nur
zu oft in den kirchlichen Arbeiten durch geschmacklose
Bemalung der Figuren, doch findet man von Rad-
spieler einen sehr hübschen gotischen Altar nach
Fr. Seitz u. a. m.

Das Urteil des Paris

Terrakottagruppe aus der Steingutfabrik Niederweiler

V. Textil-N)aren

Hat die Stickerei aller Arten, als die der künstlerischen Einwirkung nächst der Metallarbeit am meisten
zugängliche Technik, unstreitig die größten Fortschritte seit 1876 gemacht, ja sich ganz umgewandelt, so sind
solche auch überall im Gebiete der Weberei sichtbar. Zunächst in der Weise, daß eigentlich Schlechtes, ganz
Stilloses und Unharmonisches kaum mehr möglich wird. Das fällt besonders bei der reichen Ausstellung des
die Krefelder und Elberfelder Seiden- und Sammt-Jndustrie enthaltenden Düsseldorfer Zentral-Gewerbevereins
auf, die ohne Zweifel viel gutes, besonders aber nichts schlechtes enthält. Allerdings ohne daß sich ein eigent-
lich schöpferisches Talent bemerkbar machte in irgend einem Zweig. — Denn das könnte nur der Chef einer
solchen Fabrik sein, ein guter Werkmeister oder trefflicher Zeichner langt dazu durchaus nicht aus. Die Herren
Chefs aber sind, wie erwähnt, leider nur in den allerseltensten Fällen vom Kaliber Lobmeyrs oder Millers,
wo die künstlerische Begabung mit der kaufmännischen Bildung vereinigt auftritt. Außer den Rheinländern
machen Brokate dann noch recht gut Ebner und auch Ehrenhaus in München, Haas in Wien. Teppiche liefern
neben diesen vortrefflich Gevers L Schmidt in Schmiedeberg, die Lindener Fabrik in Hannover, Schütz L Juel
in Bautzen wie Koch L Te Kock in Ölsnitz. Über gute Nachahmungen alter persischer und indischer Muster oder
altdeutscher und englischer Erzeugnisse kommen sie aber alle selten hinaus zur Erzeugung eigner neuer und

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