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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Die deutsch-nationale Kunstgewerbe-Ausstellung zu München 1888
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0044

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Die Münchener Uunstgewerbe-Ausstellung. von Friedrich j)echt

L6

eigentümlicher Dessins und Farben-Kombinationeu. Ja die berühmte Möbelstoff-Firma von Haas in Wien
scheint trotz einzelner trefflicher Leistungen in neuerer Zeit eher zurückgegangen, wie denn auch die berühmte
Mühlhauser Industrie eigentlich nur in gedruckten Stoffen von Thierry L Mieg ausgezeichnetes gebracht hat,
während ihre Gobelins-Imitationen oft sogar Mangel an Stilgefühl zeigen. Wäre hier für wahrhaft schöpfe-
rische Talente bei der einmal vorhandenen guten Farbentradition immer noch Raum genug, so schiene nirgends
eine spezifisch deutsche Kunstgewerbeschule besser angebracht als in Mühlhausen oder Straßburg, um die jeder
Besserung notwendig vorausgehende Emanzipation vom Pariser Geschmack herbeizuführen.

Schluß

Wie ich in meinem einführenden Berichte (Heft 17 v. I.) des so auffallenden Einflusses der Kunstgewerbc-
schulen gedacht habe, so muß ich jetzt am Schluffe auf denselben zurückkommen. Denn es ist gar keine Frage, daß,
welches auch die Mängel sein mögen, die mit diesen Staatsinstituten verknüpft sind, wir ihnen doch allein die
fast vollständige Emanzipation von der jedes selbständige Leben ertötenden Herrschaft des französischen Geschmacks
verdanken, welche von unsren Kaufleuten und Fabrikanten allein niemals zu erlangen gewesen wäre, die das
Kopieren fremder Muster viel zu bequem und besonders billig fanden, überdieß meist viel zu unwissend waren,
um sich selbst aufraffen zu können. Hier konnte nur die Einmischung des Staates helfen, weil er allein den
Einfluß der Kunst auf das Gewerbe zu organisieren vermochte. Das hat denn auch unleugbar zu glänzenden
Ergebnissen geführt, da fast alle die Fortschritte, die in so großem Maße gemacht wurden, fast lediglich auf die
Museen und Schulen, nur sehr selten aber auf die freie Thätigkeit der Gewerbetreibenden zurückzuführen sind.
Diese hätte uns im Gegenteil eben so sicher im Stiche gelassen, als alle Turner- und Sängervereine, alle demo-
kratischen und sozialistischen Wühlereien samt allem Zeitungslärm uns niemals ein großes und einiges deutsches
Reich ersungen und erschrieen hätten, sondern ein Bismarck und Moltke an der Spitze des preußischen Staates
und als treue Diener ihres Fürsten es mit den gewaltigen Mitteln dieses Staates erkämpfen mußten. Ohne
Zweifel wäre es angenehmer und gesünder, wenn wir das alles der freien Thätigkeit der Einzelnen, dem
bewußten Wollen der Masse verdankten. Leider müßte man aber ein unverbesserlicher Idealist sein, um der-
gleichen bei dem Charakter unsrer Nation, wie er von jeher war, heute für irgend möglich zu halten. Hat sich
doch selbst die ein ungewöhnliches Maß von persönlicher Tüchtigkeit enthaltende Schweizer Industrie genötigt
gesehen, an die Hilfe des Staates und der Schulen zu appellieren. Seien wir also froh, daß es überhaupt
gelungen und überlassen wir ruhig das, was das Volk aus sich heraus einmal nicht zu leisten vermag, diesem
Staat, der ja glücklicherweise jetzt bei uns nichts andres ist, als die organisierte Nation.*)

*) Wir müssen wegen Raummangels hiermit unsern Bericht über die Münchener Ausstellungen schließen und werden das
noch ausstehende kurze Referat über Graphik und Architektur auf der Jnbiläums-Kuusiausstellung in einem der nächsten Hefte zum
Abdruck bringen. Die Redaktion der „K. i. A."

Jardinierr in Silber

Ausgeführt von P>. Bruckinann L Söhne in Hcilbronn

Rlinstgewerbe-Ausßcllung
 
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