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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0332

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Iahresausstellung im wiener Rünstlerhause

Technik gemalt, die Erstaunen erregen müssen. Sein „Stolz der Familie" — natürlich ein bewundernswert
geratener Säugling — ist auch ein Stolz der Jahresausstellung.

Nicht ganz so selbstverständlich wie die Medaillierung der drei Vorgenannten, erscheint die Hirschl für
sein Cäcilienbild erteilte Auszeichnung. Die Herren Preisrichter haben damit vielleicht des jungen Künstlers
vor Jahren mit Beifall aufgenommenes römisches Pestbild ehren wollen. Seitdem ist Hirschl recht absonderlich
geworden und sein „Ahasver" erregte auf der Jubelausstellung höchst gemischte Empfindungen. Nun muß
allerdings zugegeben werden, daß die „Heilige Cäcilia" wieder einen Anlauf zum Bessern bedeutet und bei nicht
wenig Wunderlichem auch Gutes besitzt, welches dem Preisgerichte sogar vorzuwiegen schien. Das Gute liegt
allerdings weder in dem koloristisch übersinnlichen Meeresstrande, wo die musikalisch-verzückte Heilige aus-
gebreitet liegt, noch in der Hauptperson selbst, welche die Heilige umgeben, sondern in der naiven Empfindung
und keuschen Anmut, womit die singenden und musizierenden Schwanenjungfrauen gemalt sind. Dies ist der
begründete Anspruch des Kunstwerkes auf Auszeichnung. Wir aber fragen uns, wohin wird diese unverkennbare
Begabung bei diesem Tasten, diesem Streben, aus mehrerem das Beste zu erwählen, noch kommen? Zum
Bewußtsein ihrer selbst nicht. Die Nazarener — Puvis de Chavannes — Gabriel Max! Dem Letzgenannten
malt Hirschl beispielsweise die Hände nach, noch nicht so wundersam ausdrucksvoll, aber auch schon etwas
durchschauert. Den Preisgcwinnern vom Tage sei hier ein längst Preisgekrönter, dessen Andenken hoher
Nachruhm umschwebt, angeschlossen: Pettenkofen. Es haben sich nämlich nachträglich zwei Bildchen des eben
Heimgegangenen Meisters eingefunden, ein venezianisches Kücheninneres voll stiller Schlichtheit und eine 1848er
Episode, ein Abendbiwak österreichischer Soldaten im nebelqnalmenden, herbstlichen Buchenwalde von feinstem
Stimmungsreiz.

Unter die Fittiche Pettenkosens, dieses Meisters der echten malerischen Wahrheit, möchten wir die
jüngere Schule geben, nach der wir uns besonders in den Ausstellungssälen Umsehen wollen. Sie soll ja im
Fortschreiten zugleich die Bewahrerin der besten Überlieferungen sein. Sie ist es nicht immer, aber wenigstens
besitzt sie den Glauben, freilich zunächst nur an sich selbst, doch dies befähigt sie zum Opfer. Und ist's etwa
nicht jugendlicher Opfermut eine Riesenleinwand zu bearbeiten, wie Alois Schramm es gethan und unbe-
stellte Frommmalerei im großen Stile zu treiben, wozu Bacher und De lug Beruf empfunden? Keine historische
Verbindung und kein Kunstverein, keine Staatsgalerie und kein Ahnensaalbesitzer sind da Auftraggeber gewesen
und wer sonst kauft trotz aller malerischen Vorzüge, einen so gewaltigen Reiter, wie diesen Maximilian den
Ersten, der vom glücklichen Tage bei Guiuegate heimkehrt, wer gibt einer „Mater dolorosa" Unterkunft, mag

sie auch durch Komposition, Haltung, Empfindung und
Farbe so künstlerisch anmuten wie die Bachersche, wer
endlich bestellt sich „Heilige Frauen am Kreuzweg"?
Da schafft junge Begeisterung mit geringer Aussicht
auf materiellen Erfolg, wie er den bewährten Meistern
der vaterländischen Staats-, Hof- und Vereinsmalerci
von vorneherein gesichert ist, wenn sie selbst viel
weniger Hervorragendes schafft, als die Räuber,
Weigand und Vogel schaffen.

Des Kölners Mosler-Pallenberg „Resignation"
hängt über der „Dolorosa", bleibt aber besonders ko-
loristisch hinter derselben zurück, der Künstler geht den
Cinquecentisten nach, thäte aber besser, keine Allegorien
zu malen und würde daun sicher besser verstanden
werden. Er stellt übrigens nicht weniger als vier fast
durchwegs gute Bildnisse ans, weshalb er uns auf das
Porträt hinüberleiten soll. Da ist er uns viel lieber,
gesünder, kräftiger, mehr er selbst, augenscheinlich sicherer,
wie aus seinem Selbstbildnis hervorgeht. Unter den
jüngeren bringen auch Krämer, der hoffnungsvolle
Schüler Leopold Müllers, und Selig mann Selbst-
porträts, beide lebensvoll in Auffassung und Haltung,
das erste jedoch im Ton etwas verschmutzt — sollte
Paris nnserm Krämer nicht gut bekommen? — das
zweite hellgehalten, frisch. Ein Massenbildnis als
Genrebild „im Fensterlicht" von Seligmann ist eine
Madonna mit dem Thrifluskindr. Gipsrelief von F. Roch der bemerktesteu Nummer der Ausstellung. „Der
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