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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Fischer, Karl J.: Technik und Kultur: Alfred Rosenberg vor den deutschen Architekten
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0077

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Technik und Kultur

Alfred Rosenberg vor den deutschen Architekten

Den geistigen Höhepunkt und Abschluß der Tagung
des Bundes Deutscher Architekten in München
brachte die ausgezeichnete Rede des Reichsleiters
des Kampfbundes für deutsche Kultur, Dipl.-Ing.
Alfred Rosenberg.

Der Präsident des Bundes Deutscher Architekten
(B. D. A.), Professor Eugen Honig, München, ging
als erster Redner nochmals in großen Zügen auf
die Umgestaltung der Standesorganisation der deut-
schen Architekten ein. Der Berufsstand der frei-
schaffenden Architekten muß so formiert werden,
daß er eine zielsichere Haltung einnimmt. Prof.
Honig streifte in seiner Rede weiter die zukünftigen
Kulturaufgaben der deutschen Architekten, die Er-
ziehung aller Volksgenossen zu wahrhaften und
verantwortlichen Trägern der politischen und kul-
turellen Macht, Auslese im Berufsstand und Schaf-
fung des deutschen „Baumeister-Titels". Die ganze
Arbeit der Zukunft des B. D. A. muß aufgebaut sein
auf dem Führerprinzip und auf dessenunbedingterZu-
verlässigkeit. Der Staat soll nicht mehr Beamte haben,
als er unbedingt braucht. Die Planung von Neubau-
ten gehört in die Hände der freien Baukünstler, der
Staat soll sich auf seine Hoheitsrechte, auf sein Auf-
traggebertum beschränken und wird um so mehr
erreichen, je mehr er seine Ämter von der eigenen
Planung befreit und dafür die großen Gesichts-
punkte städtebaulichen Werdens besser und nach-
haltiger im Auge behält. Unser Beruf ist bislang
nicht nur ein freier Beruf, sondern beinahe ein
vogelfreier. Jedermann kann sich nach Belieben
„Architekt", „Ingenieur", „Baumeister" heißen,
ohne auch nur die Anfangsgründe beruflichen
Wissens und Könnens sein eigen zu nennen.
Nach diesen gehaltvollen Ausführungen betonte als
nächster Redner der Reichsgeschäftsführer des
Kampfbundes für deutsche Kultur, G. Urban, Ber-
lin, die enge Verbundenheit des Bundes Deutscher
Architekten mit dem Kampfbund Deutscher Archi-
tekten und Ingenieure (K.D.A.I.) und gab unter
lebhaftem Beifall die Berufung des Bundespräsiden-
ten des B. D. A., Professor Eugen Hönig, in die
Reichsleitung des Kampfbundes für deutsche Kul-
tur bekannt.

Hierauf bat er Dipl.-Ing. Alfred Rosenberg, M. d. R.,
das Wort zu ergreifen.

Technik und Kultur

Alfred Rosenberg leitete seine tief schürfende Rede
mit der Feststellung ein, daß die deutsche Nation
nunmehr geeint und eine neue Arbeitsfront ge-
schaffen sei. Wohl jeder habe selbst mit unter der
Zerrissenheit des Menschen des 19. Jahrhunderts
gelitten und das Gefühl gehabt, daß Staat, Politik
und Kultur nicht mehr eins waren. Meister wie
Böcklin und Feuerbach in der Malerei seien in die
Rückschau zur Renaissance verstrickt gewesen. Von

da ab lösten sich die Schulen ständig ab. Der Im-
pressionismus kam auf und der Expressionismus —
bis 1914 der große Reinigungsprozeß begann. Das
hohe Schönheitsideal der nordischen Rasse sei uns
verlorengegangen. Wer die griechischen Gestalten
des klassischen Altertums sich vors geistige Auge
zurückrufe, wie etwa die drei Frauen des Parthe-
nongiebels, der müsse fortschreitend erkennen, daß
dasselbe Ideal bei Tizian und Palma Vecchio wieder-
kehre, daß es in der Ilias wie in der germanischen
Heldensage hervortrete und in Gestalten wie denen
von Goethes „Hermann und Dorothea" wiederkehre.
Es sei nicht notwendig, daß jeder einzelne es hun-
dertprozentig zu gestalten vermöge, um der großen
rassischen Gemeinschaft,, deren höchster Ausdruck
es sei, mitanzugehören.

Ein anderer Geist sei der etwa in den Schriften
Dostojewskis zutage tretende — man konnte hier
auch an Maupassant und die Psychoanalytiker all-
gemein denken. Aus ihnen spräche keine große
seelische Gesundheit, sondern innere Erkrankung
und Schwäche. Das Betasten der Wunden sei typisch
für den selbst Kranken sowie der Umstand, daß der
Kranke in den Mittelpunkt des Interesses gestellt
wxorden sei. Unsere Weltanschauung sei es, daß der
starke und gesunde Mensch in den Mittelpunkt der
Kunstgestaltung gehöre. Der Erde fest verbunden,
sei er berufen, sie zu vergeistigen im Siege oder
selbst in der heroischen Niederlage. Sei es da ein
Wunder, daß die Kunst des 19. Jahrhunderts den-
selben Anblick geboten habe?! — Man habe eine
eklektische Baukunst gesehen, ein Ragout aus allen
Stilarten, und schließlich habe man bauende Ar-
chäologen und bauende Literaten gehabt. Die Ate-
liers der Künstler schmückten kostbare Raritäten
aus Ägypten, Indien, China, Bilder aus Jahrtausen-
den als Vorbilder bunt durcheinander gewürfelt.
In der Baukunst habe sich jedoch bereits vor dem
Kriege eine Gesundung angebahnt, sie habe dann
durch den Krieg eine Unterbrechung erlitten, und
nach dem Kriege seien zwei Strömungen aufgetre-
ten, eine traditionsgebundene und eine traditions-
lose eines traditionslosen Geschlechts. Eine theore-
tische Abkehr von allem Schmuck habe eine grauen-
hafte Verhunzung unserer Städte mit Wohnmaschi-
nen gebracht. Stil aber sei nicht Nachahmung, auch
nicht Verzicht auf Form, sondern Ausdruck einer
Seelenhaltung. Die völlig neue seelische Haltung
stellte der Redner hierauf in vergleichenden Gegen-
satz zur Weltanschauung des Mittelalters, die durch
das Bild des gepeinigten Menschen magisch beein-
flußt wurde, und zu jener anderen eines Himmels
mit beflügelten Engeln, des Himmels der guten Ge-
sellschaft, eines oberflächlich-optimistischen Ideals.
Die heroische Gesamthaltung der Seele, das Signum
der germanischen Völker, sei für Kraft- und Art-
erhaltung entscheidend, sie sei das Geheimnis des

1933/34- II. 3.
 
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