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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Bruckmann, Elsa: Scherenschnitte von Else Stegen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0027

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B Kiinstbibllothak
Staatliche Müssen
zu Berlin

Scherenschnitte von Else Stegen. Von Elsa Bruckmann

Ganz im Stillen, weitab von der Lautheit und
Geschäftigkeit heutigen Kunstbetriebes, von dessen
Streitigkeiten, Ambitionen und Propaganda, lebt
und schafft eine begabte und tapfere Künstlerin,
Else Stegen. Sie stammt aus dem weiträumigen,
urdeutschen Lande der Lüneburger Heide, und
etwas von dem Hauch dieses Bodens lebt in ihrem
Blut und wirkt durch ihre Hände. Mit staunenden
Kinderaugen gesehene, innerlich erlebte und mit
meisterlich geschickter Hand verwirklichte Schat-
tenschnitte entstehen unter ihren feinfühligen
Fingern und zaubern ein tief naturverbundenes
Märchenleben in Baum und Tier und Kind und
Gras und Stern. Daß ihr dies innere Erleben ward,
dies tiefe, unmittelbare Erleben der ewigreichen,
beseelten Natur, und daß mit der Aufnahme-
und Eindrucksfähigkeit zugleich auch die des Aus-
drucks der Gestaltung ihr gegeben ist, das macht

sie, will mir scheinen, in ihrem kleinen Bezirk
zur großen echten Künstlerin. Es fallen mir
Goethes wunderbare Worte, die allem Schöpferi-
schen gelten, darüber ein:

„Was nutzt die glühende Natur
Vor deinen Augen dir,
Was nutzt dir das Gebildete
Der Kunst rings um dich her,
Wenn liebevolle Schöpfungskraft
Nicht deine Seele füllt
Und in den Fingerspitzen dir
Nicht wieder bildend wird?"
Zu der Kraft seelischen Erlebens und unmittelbaren
Umsetzens und Darstellens tritt nun die wirklich
staunenswerte Subtilität und Präzision der Technik
noch hinzu, einer Technik, die nie um ihrer selbst
willen da ist, vielmehr, immer Trägerin des Aus-
drucks, dienend bleibt. Man sehe nur die wehenden

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