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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Schürmeyer, Walter: Gehobene Schätze
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0142

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Gehobene Schätze. Von Dr. W. Schürmeyer

Der Schatzgräber ist der Bruder des Alchimisten.
Beide treibt der gleiche Hang zu märchenhaftem
Reichtum und beide gefallen sich in der gleichen
Maskerade von Pseudowissenschaft, Okkultismus
und Mystizismus. Die Schätze aber, die in früheren
Jahrhunderten häufig in Zeiten der Not und Ge-
fahren in die Erde vergraben worden sind, verdan-
ken ihre Wiederentdeckung fast ausnahmslos einem
Zufall. In den seltensten Fällen waren sich die
Finder bewußt, welchen Wert die Dinge besaßen,
die ihnen so überraschend in die Hände fielen. Noch
viel weniger aber ahnten sie von dem Alter und
der Herkunft. Selbst der Wissenschaft ist es nicht
immer gelungen, volle Klarheit über den Besitzer
oder selbst den Ursprungsort der entdeckten Gegen-
stände zu gewinnen. Erfreulicherweise ist der weit-
aus größte Teil der in den letzten Jahrhunderten
gefundenen Schätze, wenn auch oft erst nach lan-
gen Umwegen, in die öffentlichen Sammlungen ge-
kommen. Dort wirken sie auf den unbefangenen
Teil der Besucher vorwiegend durch ihren mate-
riellen Wert, weit wichtiger aber sind die Auf-
schlüsse über alte Kulturen und deren Verbreitung,
die wir ihnen verdanken.

Leider sind zwei der interessantesten Stücke in die-
ser Hinsicht, die sogenannten „Goldenen Hörner"
von Tondern räuberischer Habgier zum Opfer ge-
fallen. Das erste dieser Hörner wurde 1639 von
einem armen Bauernmädchen gefunden, das sich
auf dem W7ege zur Kirche wiederholt an derselben
Stelle ihren Fuß an einem aus dem Boden hervor-
stehenden Gegenstande verletzt hatte. Sie war nicht
wenig überrascht, als sie ein blankes Horn aus dem
Boden zog, Als dann kurze Zeit darauf entdeckt
wurde, daß das Horn aus reinem Gold bestand,
wurde es dem König von Dänemark ausgehändigt, der
daraus für seinen ältesten Sohn ein Trinkgefäß anfer-
tigen ließ, 100 Jahre später wurde an der gleichen
Stelle ein ähnliches Horn gefunden. Gegen Ende
des 18. Jahrhunderts befanden sich die beiden Hör-
ner in der Königlichen Kunstkammer, aus der sie
1802 von einem Dieb entwendet wurden. Als man
den Einbrecher faßte, hatte er aber bereits die bei-
den Hörner eingeschmolzen. Unglücklicherweise
ist der einzige Abguß, der einmal auf Bestellung des
Kardinals Borgia angefertigt wurde, mit dem Schiffe,
das ihn nach Rom bringen sollte, im Mittelländi-
schen Meere untergegangen. Wir kennen daher die

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