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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Fischer, Karl J.: Professor Paul Ludwig Troost
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0205

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Professor Paul Ludwig TrOOSt +. Von Karl J. Fischer

Der verantwortungsbewußte reife Baukünstler der „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Hand-
weiß, daß vollkommen gewordene Form, daß Voll- werk", der nicht Troosts Handschrift verriet,
endung im Ausdruck seines Bauwerkes stets „klas- Mit dem Aufstieg der NSDAP, lernte der Führer
sisch" ist. So ist es verständlich, daß jeder nam- der Partei, Adolf Hitler, den verstorbenen Künstler
hafte Künstler immer wieder zu dem unerschöpf- kennen und übeitrug ihm bei dieser Gelegenheit
liehen Lebensquell seines Volkes zurückkehrt und den Umbau des Barlowschen Hauses in der Brien-
aus den großen Werken unsterb- ner Straße in München zum
licher Meister zu lernen sucht. „Braunen Haus". Mit wenig
Das ist kein Zeichen derSchwä- Mitteln viel erreichen und aus
che, des Unschöpferischen, son- einem alten Bau herauszuholen,
dern der Reife und Vornehmheit was herauszuholen ging, war
in Gesinnung und Ausdruck. Es die Aufgabe, die dem Künst-
ist aber auch Liebe zur Ordnung ^Hu^M^tftth J^NbM^M ^er gestellt wurde. Die Aufgabe
im Schönen. Diese Ordnung zu <Kipg|jMB^S\^ war für den, der den Zustand des
erfassen und in sie einzutreten, iHHi ^ ' Sm alten Hauses und die geringen
das mitzubringen, was man selbst ?J^^M : Mittel der Partei kannte, nicht
an Schönheit und Würde besitzt, —*"leicht. Daß sie trotzdem so wun-
ist reifster Klassizismus. Klassi- § I dervoll gelöst wurde, war das
zismus in diesem Sinne ist nicht | | ' / Verdienst von P. L. Troost, der
eine geschichtliche Stilbezeich- ■ 2^ M sein ganz großes Können in den
nung. sondern dieErscheinungs- Dienst der Bewegung stellte und
form der vollendeten Baukunst, | | /[ somit am deutlichsten zum Aus-
die in aller Vergangenheit, Ge- \ druck brachte, daß er nicht nur
genwart und Zukunft Ruhe.Vor- äußerlich, sondern auch inner-
nehmheit und Klarheit am voll- Professor Paul tudwig Troost lieh seinem großen Bauherrn
endetsten zum Ausdruck bringt. t 21. Januar 1934 gehörte. Die intime Zusammen-
Diese Art von Klassizismus, die arbeit zwischen Adolf Hitler und
Überschwänglichkeit in der Baugesinnung und Un- dem Architekten P. L. Troost, das feinfühlige Ein-
reife in der Gestaltung ausschließt, war die Sprache gehen auf die Gedankengänge und Wünsche des
von Paul Ludwig Troost. Er sah in den Schöpfungen Reichskanzlers, schufen ein gegenseitiges Vertrauern-
der großen Vergangenheit Verkündungen und wußte, Verhältnis, wie es schöner nicht hätte sein können,
daß der Gestaltungswille und nicht der Baustoff das P. L. Troost verstand es, mit seinem ruhigen und
Entscheidende für alle Baukunst ist. vornehmen Wesen das Herz seines Bauherrn zu ge-
Mit Paul Ludwig Troost schied ein Mensch und winnen. Adolf Hitler betraute seinen Freund und
Künstler von uns, der ganz großen Lebensstil besaß. Berater mit der schönen Bauaufgabe in der Prinz-
Er wußte, daß unser Leben nur ein Stück aus regentenstraße, dem „Hause der deutschen Kunst
einem großen Vorgang ist, der viel mächtiger ist zu München, übergab ihm den Ausbau der Arbeits-
ais wir. So gab er dem Leben Inhalt, der sich auf und Wohnräume im Reichskanzlerpalais in Berlin,
alle seine WTerke übertrug. Er sah seine vornehmste den Auftrag zur Errichtung eines Reichsstatthalter-
Aufgabe darin, jede Arbeit, jede Aufgabe und sei es Palais für Bayern und nicht zuletzt die größte und
auch die kleinste, ernst aufzufassen und mit Reife schönste Aufgabe, die einem Architekten zuteil wer-
zu vollenden. Ganz gleich, ob es sich um einen den konnte: die Gedankengänge König LudwigsI.
Lüster, um einen Bodenbelag, einen Teppich, oder von Bayern, den monumentalen Königsplatz in Mün-
einen einzelnen Stuhl handelte. Jede Arbeit war chen zu schließen, in die Tat umzusetzen. Die-
für ihn ein Stück Leben, das voll und ganz ausge- sen Gedanken Ludwigs I. aufzugreifen, auszubauen
füllt und vollendet gelöst werden mußte. Das be- und größer und schöner, als er von Klenze geplant
weisen die Innenräume der Dampfer des Norddeut- war, zu vollenden, sollte des Verstorbenen reifste
sehen Lloyd, der „Europa" und des „Columbus", und monumentalste Bauaufgabe sein. Den Abschluß
die vielen Raumausstattungen und die Hunderte gegen die Arcisstraße mit zwei gewaltigen Bauten,
von Entwürfen für die „Vereinigten Werkstätten dem Führer- und dem Verwaltungshause der
für Kunst im Handwerk" in München. NSDAP, zu schließen, war der Wunsch des Deut-
Prof. Paul Ludwig Troost, Architekt BDA, wurde sehen Reichskanzlers. Die Bauten, die bereits im
im Jahre 1879 in Elberfeld geboren, studierte in Entstehen begriffen sind, sind alle bis auf einige
Darmstadt und siedelte dann nach München, der kleine Details von der Hand P. L. Troosts durchge-
Stadt der Kunst, über. Seine schönen, für dieMün- arbeitet; sie werden, wenn sie fertig sind und dem
chener Geistes-und Künstlerwelt durchgearbeiteten Königsplatz in München das geben, was ihm ein
Wohnhausneubauten halfen ihm zu seinem Namen. Jahrhundert fehlte, — den Platzabschluß, Zeug-
Jahrelang beherrschte die vornehmeTroostsche Note nis ablegen von dem großen Können des Verstor-
das Münchner Kunstleben. Kein Ausstellungsraum benen.

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