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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Busch, Harald: Vom richtigen und falschen Restaurieren
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0201

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Vom richtigen und falschen Restaurieren. Von Dr. Herald Busch

Von all den Fragen, die alte Kunstwerke uns auf- einfach die ganze Malfläche ..übergehen''. Beson-
geben, wird keine so unterschiedlich gelöst wie die ders beliebt war früher der ..Galerieton". Er Ver-
des Restaurierens. Da alle Restauratoren ihr Ver- ändert, indem er stark nachdunkelt, die Farbe derart,
fahren eifrig für sich behalten, muß jeder nach daß der Eindruck nichts mehr gemein hat mit dem
eigenem Gutdünken wurschteln. Dadurch sind un- ursprünglichen (Blau wurde zu Grün usw.).
ersetzliche Werte dauernd fast noch stärker in Ge- Ist der (bei beinahe keinem alten Gemälde mehr
fahr, als durch den Verfall. Gegen letzteren ist das intakte) Originalbestand freigelegt, so müssen die
beste Mittel das Vorbeugende : also erschütterungs- Fehlstellen zur geschlossenen Hauptfläche aus-
freie Aufstellung in gleichbleibender Luftzusammen- gefüllt werden. Doch was für ein Gesicht sollen
setzung. die Flicken bekommen? Die Besitzer beauftragen
Um eine im Lockern begriffene Malschicht auf dem den Restaurator, Fehlstellen unauffällig zu machen.
Malgrunde (Holz, Leinen usw.) wieder festzulegen, Das war früher und ist auch heute noch so; heute
muß jede einzelne gelöste Stelle (Blase) neu ver- sogar mit wesentlich raffinierteren Mitteln,
bunden werden durch eine mit feiner Injektions- Mittel eben dazu ist das obenerwähnte Anpassen
spritze dazwischengedrängte Leimlösung. Spätere des Alten an das Neue; z. B. Hauser in Berlin war
Übermalungen, wenn sie vom ursprünglichen Be- „Meister" in dieser gefährlich verfälschenden Art
stände noch loszutrennen sind, werden entfernt. des Restaurierens; eben jener Hauser, der kürzlich
Selten wird es sich dabei um ganze darübergemalte wegen falscher Expertisen verhaftet wurde!
Darstellungen (wie z. B. beim ..Grabower Altar des Auch die allzu ängstlichen Rücksichten vieler Kunst-
Meister Bertram in Hamburg) handeln, selten auch Verwalter sind abzulehnen (zumal der Kirchen), die
um Zutaten (wie z. B. beim Dürerschen ..Paum- ihrem Publikum nicht zuzumuten wagen, daß es
gärtneraltar"), als meist um schlechte Restaurie- den Kunstwerken die Wahrheit ansieht, nämlich,
rungen. Diese nämlich pflegen die Flickstellen in daß sie nicht von heute sind. Es gibt auch immer
ihrem von der alten Farbe unterschiedlichen Ein- noch Kunstliebhaber, die da glauben, eine Fehlstelle
druck unauffälliger zu machen dadurch, daß sie ließe sich „ergänzen".

Hans Leonhard Schäufelein. Fragment einer Christgeburt. Hamburg, Kunsthalle

Beispie! einer vorbildlichen Restaurierung des Restaurators Victor Bauer-Bolten. Unter verdunkelndem Firnis kam die lichte
Farbigkeit des Originals wieder zum Vorschein. Fehlstellen im Bilde rechts oben wurden mit neutralem Ton ausgefüllt, der
weder den Eindruck des Gesamtbildes stört, noch das Original beeinträchtigt; neue Zutaten und Ergänzungen hätten den
Restaurator gezwungen, zur Verwischung der Grenzen der verschiedenen Malerei das ganze Bild verunklärend mit Farbe
und Firnis zu übergehen und so zu entstellen. (Foto Franz Rompel)

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