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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Busch, Harald: Vom richtigen und falschen Restaurieren
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0202

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B Kunstbibliothek
Staatliche Museen

tot. F. Rommel

Halepagenaltar. Aus dem Kreise des Bernd Notke, Buxtehude, Peterskirche. Außenseite des rechten Flügels

Beispiel einer typischen, trostlos groben Restaurierung vom Ende des vorigen Jahrhunderts. Die erste Aufnahme zeigt den Zustand, indem
sich das Gemälde erhalten hat. Die zweite offenbart, wie der restaurierende Maler alles, was von der alten Farbe des Bildes im Lockern
begriffen war, rücksichtslos entfernt und die entstandenen Lücken mit Gips ausgefüllt hat. Die dritte Aufnahme gibt den heutigen Zustand
des Werkes wieder: der Restaurator hat, statt die kranken Stellen zu festigen, mit dicker Ölfarbe über die Temperamalerei des Originals
eine neue Malerei gelegt, die, abgesehen von ihrer künstlerischen Wertlosigkeit, die verschiedenen Gewandstücke des Hieronymus völlig

mißverstanden hat

Diesem Unverstand gilt es entgegenzutreten. Jede
noch so ..stilechte" und (für ihre Zeitgenossen un-
auffällige) Ergänzung fällt später als Verschande-
lung auf: Jede Epoche erkennt ja durch die Brille
ihres unbewußten eigenen Stilempfindens. Kein
Mensch vermag heute einen Fra Angelico, einen
Grünewald, Dürer oderRembrandt sozu „ergänzen'',
auch nur einen Fingernagel so zu malen, wie er in
deren Werk ausgesehen hätte.

Nur wer selbst einmal erst nach intensivem Unter-
suchen anscheinend unlösbarer Probleme endlich
die einfache Tatsache fand, daß er durch fälschende
Ergänzungen in seinem Urteil getäuscht wurde, daß
er gar nicht die betreffenden Meister selbst, sondern
nur deren Zerrbilder vor sich hatte, der erst vermag
die Bedeutung dieser Frage ganz zu ermessen.

Es genügt nicht, wenn der Staat über den Ausver-
kauf der wichtigen Werke wacht, vielmehr müßte
ein Gesetz geschaffen werden, das weiterhin un-
verantwortliches Bestaurieren verbietet. Gebliebenes
ist zu pflegen; Verlorenes ist unersetzlich. Pflicht
jeden Besitzers von Kunstwerken ist es, den Zu-
stand des ihm anvertrauten Gutes zu überwachen:
das Gefährdete aber nur solchen Bestauratoren in
die Hand zu geben, die die Fehlstellen durch Ab-
tönen mit neutralen, der Umgebung angepaßten
Tönen zwar unauffällig machen, aber nichts irre-
führend hinzusetzen.

Wie ausgezeichnet diese mehr und mehr sich durch-
setzende Methode anwendbar ist, zeigen einige Re-
staurierungen Victor Bauer-Boltons in der Ham-
burger Kunsthalle. Vor ihnen hatte der Verfasser

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