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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Ottmann, Franz: Anton Hanak
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0182

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Anton Hanak. Gruppe „Alte und neue Türkei" vom Nationaldenkmal in Ankara

Banfeen, im Hintergrunde vom Palaste Kemal
Paschas flankiert ist, alles Schöpfungen Clemens
Holzmeisters. Der Gegenstand des Denkmals sollte
sein: Polizei und Gendarmerie. Auf HanaksDrängen
wurde das Thema mehr ins Allgemein-Menschliche
gesteigert: Alte und neue Türkei. Der reife Mann,
der die Hand nach rückwärts spreizt, will mit dieser
Bewegung die alte Türkei mitreißen, der jüngere
stürmt vor. Beide sind etwa 6 m hoch und zum Teil
schon in Erz gegossen, die Beliefs, die das tätige
Leben des Volkes vom Ackerbau bis zur Wissen-
schaft schildern, entsprechend niedriger.
Die beiden Giganten zeigen so recht die Stellung
Hanaks in der Plastik unserer Zeit. Er stammte aus
dem Ende einer malerischen ßarockepoche, war von
deren Eindrücken gesättigt. Und auch seine eigene
Natur ging mehr auf reich ausladende Fülle, wenn
auch ein herber Zug nicht fehlte. Wir aber stehen

heute am aufsteigenden Ast einer architektonischen
Periode, die durchaus willige, ja demütige Einglie-
derung des einzelnen in den Gesamtbau fordert. Da-
gegen nun er: wie in seinem ganzen cholerischen
Wesen so auch in seinem Werk expansiv, tumul-
tuarisch, malerisch. Von einem auch nur unbe-
wußten Zuströmen architektonischer Kräfte ist
wenig zu spüren. Alles durchaus persönlich, stim-
mungshaft. Selbst nur in Nischen eines Gebäudes
kommen seine Figuren weniger zur Geltung. Er
war der Mann der frei und allseitig im Luftraum
sich entfaltenden, üppig blühenden menschlichen
Gestalt ganz im barocken Sinne. So auch die beiden
Türken. Nur an der Bückseite, der Huldigung, ist
eine architektonische Gliederung versucht.
Vielleicht hätte er sich allmählich dem neuen
Gesetz der Zeit gefügt. Vielleicht sind ihm durch
den Tod unlösbare Konflikte erspart geblieben.

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