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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Der Maler und Graphiker Adolf Jutz
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0232

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Adolf Jutz. Gefangennahme Christi. Aus der „Großen Passion", Blatt 3

baren Gegenwart scheinen sie nicht sehr ver-
pflichtet. Am wenigsten dem flüchtigen berük-
kenden Schein impressionistischer Schönheit: diese
steht im Gegenpol zu dieser tief innerlichen, be-
seelten Ausdruckskunst. Gleichwohl liebt auch
Jutz den malerischen sinnlichen Reiz. Mit Leiden-
schaft wirbt er um ihn. Aber das Sinnfällige ist
gesättigt vom Sinnvollen. Immer wieder dringt
das seelische Erleben durch, traumhaft mystisch,
und bereichert so im tieferen künstlerischen Sinne
die meist dumpfe Glut der schweren Farben- und
Zeichensetzung. Steigert sie ins Ubersinnliche.
Selbst das Licht wird geisterhaft. Wird zu einem
übermateriellen Licht von höchster Gewalt, wird ein
verklärtes Licht — ein jenseitiges. Es entmateria-
lisiert die schweren blauen und grünen, orangegel-
ben und braunroten Farbenberge, vereinigt sie zu
großen plastischen raumgestaltenden Formen, au ch
zu koloristischen Akkorden. Aber — mit einer noch
größeren Intensität macht es offenbar, daß es in
dieser Kunst letzten Endes gar nicht um die Welt
märchenhaft glitzernder Schönheit geht, die es her-
aufbeschwört, sondern um jene große Suggestion
des Unendlichen und Tiefreligiösen, um jene
Kunst, die eine menschliche und seelische Aussage

ist. Und die herbe ehrliche Bindung des Seelischen
an ein wahrhaftiges, natürliches Malererlebnis,
dies sachliche Eingehen auf den besonderen Fall,
ohne daß die hochpersönliche Anspannung so leicht
ins Unkontrollierbare, Phrasenhafte gerät, eine
Einstellung, die auch vor der Xaturwirklichkeit der
Landschaft schlicht und recht geübt wird, ohne daß
hier die Kunst wiederum jein derbloßenMalaufgabe
steckenbliebe, bewahrt diesen feinen und vorneh-
men Maler vor allem falschen, peinlichen Pathos.
Schönheit in diesem Sinne war uns Deutschen nun
lange ein fremder Begriff. Daß sie von neuem am
Horizont des revolutionären Deutschland herauf-
steigt, scheint uns das vollgültigste Zeichen für
eine wahre W iedergeburt der deutschen Kunst im
völkischen und nationalen Sinne zu sein. Und diese
Feststellung scheint — uns wichtiger als die an-
dere — die der Entscheidung über die Priorität des
Malers oder des Graphikers Adolf Jutz. Im Grunde
ist die Frage sogar recht banal. Doch haben wir
sie gestellt und so beantworten wir sie: Nicht der
Graphiker, nein der Maler ist der Wesentlichere,
nicht nur der Wesentlichere, auch der tiefer Be-
glückende im sinnlich-formalen Sinn — der Eigen-
willigere. Selbständigere.

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