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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Beringer, Joseph August: Adolf Hildenbrand
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0310

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unseres Jahrhunderts fiel Hildenbrand durch seine
hellsichtig geschauten menschengestaltenden Fas-
sungen von Xaturempfindungen auf. die sofort
seine persönliche Art dartaten und im Widerspruch
mit den Bildforderungen jener Zeit standen. Der
ureigene Sinn des Alemannen (oder Hotzenwäl-
ders) sprach sich dadurch aus. Bald wandte sich
Hildenbrand aber dem Realismus im Bildnis und
in der Landschaft zu unter Beibehaltung seiner
sich stark und eigenartig geltend machenden Far-
bigkeit und Technik, die sich der spätem Vortrags-
weise van Goghs anzuschließen schien, aber doch
wohl nur die Folge seiner stürmischen Arbeits-
weise auf Grund ungewöhnlicher zeichnerischer
und maltechnischer Fertigkeit war. für die es keine
Schwierigkeiten und Hemmungen gab. Das Erleb-
nis des Weltkrieges, das Hildenbrand als Trans-
portführer an die Ostfront und zu schwerer Ver-
wundung brachte, öffnete ihm den Blick und die
Empfindung für das Mystische des unendlichen
Raumes, worauf seine Folge der russischen Radie-
rungen hinweist, die der Anfang seiner starken
Vereinfachungen und seiner mythologischen Bil-
dungen sind. Auch der Realismus seiner figuralen
und bildnismäßigen Gestaltungen nimmt hier sei-
nen Anfang und erreicht seine Höhe im Bildnis
des bekannten Eugenikers Prof. Dr. Fischer, z. Z.
in Berlin. Die Zeit der Genesung wird ausgefüllt

mit zahllosen Arbeiten in Aquarell, Öl und Metall-
stichen, die in Bernau geschaffen werden, und die
den Heimatgedanken aus der oberbadischen Land-
schaft zum Weltbild seines Werkes werden lassen.
Von da ab sammelt sich seine ganze künstlerische
Kraft und der Reichtum und die Vielfältigkeit sei-
nes Könnens ganz auf das Gebiet des Oberrheins
zwischen den Quellgründen der obern Alb bis etwa
zur Viese, besonders auch auf die Strecke des in-
dustrialisierten Oberrheins zwischen Laufenburg
und Rheinfelden.

Die Landschaft dieses Striches, die charakteristische
Bevölkerung der Bauern und der Rheinfischer, wie
sie Landarbeit und Fischerei im Laufe der Jahr-
tausende gestaltet haben, werden Gegenstand der
Gestaltung und Fassung in die Sprache der Kunst.
Es ist eine wirkliche Freude, eine schöpferisch so
reiche und gestalterisch so treffsichere Persönlich-
keit am Werk zu sehen, der Kunstjugend ein so
großzügig erarbeitetes Kunstgut zu übermitteln.
Hier quillt Kunst in allen Formen aus den tiefen
Schächten gesunder Quellgründe und ergießt ihren
Segen in Stärke und Kraft und ohne Nebenabsich-
ten auf die trocken und scheinbar unfruchtbar ge-
wordenen Gefilde des Schaffens aus der Natur und
des seelischen Lebens.

Heil dem Land und Heil dem Volk, das solche
Sämänner sein eigen nennen kann!

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