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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Deutsche Barockplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0371

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all der großen Vielfältigkeit ihrer Stil-
weisen voll redlicher Glaubensinnigkeit,
zwingender Zeitverbundenheit, mit dem
Hang zum Unbegrenzten und ewig Wer-
denden, niemals über Formreizen Aus-
druckswerte vernachlässigend und oft
genug noch ersichtlich wesensnahe dem
großen Erbe deutschgotischen Mittel-
alters. Da ist schon 1585 ein zu Augs-
burg schaffender Hans Steinmüller als
Urahn der deutschen Barockbildnerei
anzuseilen, und bis fast in die Mitte des
18. Jahrhunderts führen uns die Werke
Donners noch tiefer in dieses galant-
aufgeklärte Jahrhundert hinein, dann
die bereits merklich zum Rokoko gewand-
ten Arbeiten Feuchtmayers. In den da-
zwischenliegenden anderthalb Jahrhun-
derten flutet denn mächtig das boden-
ständig deutsche Barock: als echtesHoch-
barock bei Schlüter und Permoser,
aber auch (um nur ein paar Namen zu
nennen) bei Petel, Guggenbichler. Fai-
stenberger, Bendl. Gröninger, um sich
dann in der Festekstase der Bschorer
und Asam der Selbstauflösung entgegen-
zusteigern: in manieristischer Verfär-
bung bei den Zürns, bei Münsterman
und Dehne, bei den Schlesien!: in ge-
schlossenerem Formtrieb gebändigt bei
Kern, Glesker, Schweigger und Richter,
den Strudel, Mandel. Und auch räum-
lich angesehen, füllen die Werke deut-
scher Barockplastiker fast die ganze Wei-
te, die das Deutschlandlied als deutschen
Siedlungsraum begreift: von Münster-
mans Schöpfungen im Hamburgisch-
Oldenburgischen bis hinunter zu der
Pieta Donners im steiermärkischen Gurk,
von den Werken in Westfalen und im
Bodenseegebiet bis tief in die schlesisch-
mährische Ostmark hinein. Und alle
diese deutschen Bildner spiegeln in ihrer
von den Gebildeten lange verkannten,
aber unbedingt volksnahen Kunst denn
auch ihre besonderen Stammeszüge: wie-
viel herzhafte Daseinsfrische bei den vie-
len Bayern, welch beglückende Weich-
heit und gottselige Heiterkeit in den
oberösterreichischen Barockfiguren eines
Guggenbichler, wie köstlich-verträumt
die Welt der um den Bodensee herum
geborenen Zürns, wie schwerblütig-
spiritualistisch der Nordwestdeutsche
Josef Ant. Feuchtmayer. Hl. Maria, um 1760. Berlin, Deutsches Museum Münsterman) wie Mntersinnig-geheim-

Aus dem Blauen Buche „Deutsche Barockplastik" von Wilhelm Pinder nisvoll die schlesischen Landsleute Jakob

Böhmes Weißfeld und der Meister von
Leubus! All diese Vielfalt erscheint aber
keineswegs schollengebunden, sondern
Und doch harrt neben diesem Vierblatt noch eine nicht strömt bewegt durcheinander zu jener echten Ei-
geringe Schar hochbegabter deutscher Barockplastiker genwüchsigkeit einer wahrhaft gesamtnationalen
der verdienten Auferstehung im Geiste: sie allein Lebensform. f. a.

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