Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

DOI Artikel:
Heise, Carl Georg: Das Tier in der Kunst
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0110

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abb. 6. Statius von Düren. Hirschreliet

Terrakotta, Lübeck, 16. Jahrhundert

daß dabei die künstlerische Handschrift zu blasser um bereits verhältnismäßig stark ornamental zu
Anonymität herabgesunken ist. Dürers Rhinozeros wirken. Die „unnatürliche" Stellung genügt, um
hat bis ins 19. Jahrhundert hinein zur Illustrierung das bei Schmuck und Muster störende Element in-
zoologischer Lehrbücher Verwendung gefunden, dividueller Lebendigkeit gleichsam einfrieren zu
Im Ornamentschatz der Welt spielt das Tier eine lassen (Abb. 6 und 7). Umgekehrt gehört die ein-
bedeutsame, aber nicht die führende Rolle. Tiere fache Reihung so sehr zu unseren gewohnheits-
bieten nicht entfernt die gleiche Fülle verführe- mäßigen Vorstellungen vom Tierleben (Herde,
rischer Möglichkeiten zu ornamentaler Umdeutung Jagd), daß selbst ein ganz in dienender Funktion
und Verflechtung wie etwa Rlumen und Pflanzen. verwendeter Ornamentstreifen etwa mit hinter-
Spielend wird schon unter den Händen des Kindes einanderlaufenden, stark stilisierten Hunden einen
die Rose zur Rosette, doch sind Tiere geometri- hohen Grad von Lebendigkeit behält,
sehen Urformen schwieriger anzunähern. Das Tier Spielt das Tier als ausschließlich schmückendes
als Ganzes ornamental durchzugestalten, dazu be- Element eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle,
darf es einer so ungebrochenen, natürlich-visionären so ist es um so unentbehrlicher in allen allegori-
Kraft der Abstraktion, wie sie
heute fast nur noch die Natur-
völker besitzen (Abb. 4). Sehr
viel häufiger wird daher der
bequeme Ausweg benutzt, das
relativ naturnah gestaltete Tier
durch Einbeziehung vegetabi-
lischen Rankenwerks sozusa-
gen ornamentfähig zu machen
(Abb. 5).

Zwei besonders ..tiergemäße"
und daher zu allen Zeiten und
Völkern vielgeübte Stilisie-
rungs-Prinzipien pflegen wir
als das der „Gegenständigkeit"
und das der „Reihung'' zu be-
zeichnen. Gegenständig ver-
wendet, d. h. gegeneinander-
gestellt in seitenverkehrter, also

svmmetrisierter Anordnung,

/ , r j- r-r- . ,i , . Abb.7. Glasschale mit Fischen und Na|ade
bedari die liergestait keiner

durchgreifenden Umformung, Entwurf: Hold. Orrefors (Schweden), 20. Jh.

97
 
Annotationen