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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0376

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FERDINAND WALDMULLER, MUTTERGLUCK
AUSGESTELLT IM MÜNCIIENER KUNSTVEREIN



FRITZ VON UHDE f

Es ist vor einigen Jahren in „Kunst und Künstler"
(VI. S. 307) so eingehend von Julius Elias über den
sechzigjährigen Uhde gesprochen worden, dass heute
wenige Worte genügen dürfen, um zu sagen, wie viel
die deutsche Kunst mit diesem Maler verliert. Sie ver-
liert nicht nur einen ihrer reifsten Künstler, sondern
auch eine bedeutende Persönlichkeit. Uhde ist ein, ist
recht eigentlich der deutsche Ideenmaler des Freilichts
gewesen. Er war ein treuherziger deutscher Symbolist,
von der modernen Geistesart und vom Wüchse Gerhardt
Hauptmanns etwa. Er malte, zwanzig Jahre vor Haupt-
mann und mit ausserordentlich beherrschtem künstle-
rischen Handwerk das Erdenwallen Emanuel Quints.
Das Merkwürdigste dieses Malers ist, dass er als ein
von Piloty, Diez und Lindenschmit Verkannter, nie-
mals Beziehungen zum Leiblkreis suchte und fand, dass
er in München mit seinem spröden „Naturalismus" ein
Genosse Liebermanns wurde und — blieb. In Mün-

chen! Was er gemalt, wird bleiben stehn. Unvergess-
lich sind seine mageren, ärmlichen, ganz unschuldig
lieblichen Kinder, die etwas Engelhaftes ins Proleta-
rische der Uhdeschen Stoffwelt bringen. Wahrhaft poe-
tisch ist es, wie dieser Maler, im Sinne des Gottfried
Keller der „Sieben Legenden" etwa, Modellidyllen im
Atelier eine lächelnde Religionssymbolik zu geben
wusste. Und ergreifend wirkt es, den reinlichen, stren-
gen Auseinandersetzungen zuzusehen, die zwischen
Auge, Hirn und Herz immer wieder stattfanden. Ein
grundehrlicher deutscher Dualist, der stets ein Ganzes
wollte, der etwas im höchsten Sinne Persönliches mittels
einer etwas unpersönlichen Malerei erstrebte, der sich
nach Rembrandt sehnte und Franz Hals doch auch nicht
lassen mochte. Als Maler nicht ohne Sentimentalität,
aber nie sentimental gegen sich selbst. Einer, der sich
gegen seine Volksgenossen Unsterblichkeit innerhalb
der deutschen Kunst erkämpft hat. Und dessen frisches
Grab nun nicht nur die Bewunderung schmückt, sondern
auch die Liebe. K. S.

NEUNTER JAHRGANG. SIEBENTES HEFT. REDAKTIONSSCHLUSS AM 17. MÄRZ. AUSGABE AM I. APRIL NEUNZEHNHUNDERTELF.

REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERANTWORTLICH IN ÖSTERREICH-UNGARN: HUGO HELLER, WIEN I.

VERLAG VON BRUNO CASSIRER IN BERLIN. GEDRUCKT IN DER OFFIZIN VON W. DRUGULIN ZU LEIPZIG.
 
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