Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0460
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Heft 9
DOI Artikel:Hancke, Erich: Das Mesdagmuseum
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CH. DAUBIGNY, WALDINNERES
dunkelgrünen Waldlandschaf-
ten, wo das Licht märchen-
haft auf den Laubmassen zit-
tert. Zwei kleine weibliche
Akte, von denen namentlich
der sitzende besonders schün,
und ein Blumenstilleben sind
ebenfalls von verführerischem
Reiz.
Und nun zu Daubigny, des-
sen Bilder die Krone dieser
schönen Sammlung bedeuten,
um so mehr, als man von ihm
sonst verhältnismässig wenig
sieht. Im Louvre fand ich, es
mag jetzt vielleicht anders sein,
nur zwei Werke von ihm. In
den Kunstsalons, wo so viel
französische Kunst vorgeführt
wird, taucht höchstens einmal
ein kleines Bild von ihm auf.
Hier endlich lernt man diesen
grossen Künstler in einer über-
raschenden Auswahl seiner
Werke kennen. Bewunderns-
wert ist der Reichtum seiner
Palette und als der erste vor
Manet verbindet er eine volle,
tiefe Farbe mit der Klarheit
des Freilichts. Die Einfachheit
der Mittel, mit denen er seine
grossen Wirkungen erzielt, die
Eleganz seiner Malerei sind der-
art, dass man vor seinen Bildern
wie vor einem Wunder steht.
Ich denke da besonders an
ein grosses, nicht ganz vollen-
detes Bild „Treideln" (zwei
Schimmel schleppen am Ufer
eines Flusses entlang einen gros-
sen Kahn), wo ohne irgend-
einen merklichen Aufwand von
bunten Farben, ohne irgendeine
Steigerung oder Übertreibung
eine unerklärliche Lichtwir-
kung erreicht ist. Immer liegt
seinen Werken ein grosser far-
biger Gedanke zugrunde, der
sich in den zwanzig Bildern hier
nicht ein einziges Mal wieder-
holt. Seine Empfindung für
496
dunkelgrünen Waldlandschaf-
ten, wo das Licht märchen-
haft auf den Laubmassen zit-
tert. Zwei kleine weibliche
Akte, von denen namentlich
der sitzende besonders schün,
und ein Blumenstilleben sind
ebenfalls von verführerischem
Reiz.
Und nun zu Daubigny, des-
sen Bilder die Krone dieser
schönen Sammlung bedeuten,
um so mehr, als man von ihm
sonst verhältnismässig wenig
sieht. Im Louvre fand ich, es
mag jetzt vielleicht anders sein,
nur zwei Werke von ihm. In
den Kunstsalons, wo so viel
französische Kunst vorgeführt
wird, taucht höchstens einmal
ein kleines Bild von ihm auf.
Hier endlich lernt man diesen
grossen Künstler in einer über-
raschenden Auswahl seiner
Werke kennen. Bewunderns-
wert ist der Reichtum seiner
Palette und als der erste vor
Manet verbindet er eine volle,
tiefe Farbe mit der Klarheit
des Freilichts. Die Einfachheit
der Mittel, mit denen er seine
grossen Wirkungen erzielt, die
Eleganz seiner Malerei sind der-
art, dass man vor seinen Bildern
wie vor einem Wunder steht.
Ich denke da besonders an
ein grosses, nicht ganz vollen-
detes Bild „Treideln" (zwei
Schimmel schleppen am Ufer
eines Flusses entlang einen gros-
sen Kahn), wo ohne irgend-
einen merklichen Aufwand von
bunten Farben, ohne irgendeine
Steigerung oder Übertreibung
eine unerklärliche Lichtwir-
kung erreicht ist. Immer liegt
seinen Werken ein grosser far-
biger Gedanke zugrunde, der
sich in den zwanzig Bildern hier
nicht ein einziges Mal wieder-
holt. Seine Empfindung für
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