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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.4754#0486

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GOLDENES ZEITALTER

In der „Kunstchronik" von 20. Juni schreibt Bruno
Adler in einem Bericht über die „Kunstfürsorge der
Ungarischen Raterepublik" mit ernstem Gesicht (unter
anderm):

„Eine der ersten Massnahmen im Zuge der Sozialisierung
war die mit erstaunlicher Präzision durchgeführte Expropriation
des privaten Kunstbesitzes. So gelangte die Räterepublik
innerhalb weniger Wochen in den Besitz eines Museums, das
sich zweifellos den hervorragendsten Galerien zur Seite stellen
lässt......

Die besten Werke sollen das Kationalmuseum bereichern,
die übrigen den Grundstock einer Sekundärgalerie in Budapest
bilden, ausserdem ist die Errichtung einer Anzahl von Provinz-
museen geplant. Die Möglichkeit dazu ist, wenn man die
Methode der Enteignung beibehält, gewiss gegeben, zumal die
ungarische Provinz auch heute noch einen sehr beträchtlichen
privaten Kunstbesitz beherbergt.

Schwieriger als die Lösung dieser Fragen gestaltet sich das
Problem der Sorge für Kunst und Künstler der Gegenwart.
Da die kommunistische Wirtschaftsform den Kunsthandel und
den Mäzen ganz, den gelegentlichen Käufer beinahe ausschliesst,
fällt dem Staat die Pflicht zu, den Künstlern die Lebens- und
Schaffensmögligkeit und ihren Werken die Verwertung zu
sichern. Er hat diese Verpflichtung auch anerkannt und
bekanntlich von Fachkommissionen Kataster anlegen lassen, in
die alle jene Künstler aufgenommen werden, die zu erhalten
er übernimmt. Im Prinzip ist man gewillt, bei der Versorgung
der bildenden Künstler ähnlich vorzugehen, wie im Fall der
Schriftsteller, die für ihre Werke je nach deren Bedeutung
monatliche Gehälter in der Höhe von 1600 bis 3000 Kronen
beziehen, wofür dem Staat alle Rechte und Einnahmen des
Verlegers bleiben. . . . Aus der Rolle des Staates als alleinigen
Vermittlers von Kunstwerken ergeben sich Schwierigkeiten,
die noch lange nicht überwunden sind......

Dass sich das Direktorium für künstlerische Angelegenheiten
alle Erziehungsfragen sehr angelegen sein lässt, beweist die
rasche Durchführung einer sehr nötigen Reform. Auf der
technischen Hochschule, wo bisher eine einzige kunstgeschicht-
liche Lehrkraft wirkte, sind sieben Lehrstühle für Kunstwissen-
schaft errichtet und zum Teil bereits besetzt worden......

Die heute allenthalben Zutage tretende innere Beziehung
der jüngsten Kunstrichtungen zu den politischen Formen des
radikalen Sozialismus zeigt sich, ähnlich wie im bolsche-
wistischen Russland, auch in Budapest. Der erste Mai, zu
dessen Feier Moskau von Kandinsky, dem bekannten Maler
und Theoretiker, einst Mitbegründer des „Blauen Reiters",
ausgeschmückt wurde, stand auch in der magyarischen Haupt-
stadt unter dem Zeichen der neuen Kunst. Die Dekoration
der Stadt erreichte mit verhältnismässig geringen Mitteln eine
bei solchen Anlässen seltene künstlerische Höhe. Ob aber
der expressionistische Bildschmuck, der das Stadtbild dauernd
beherrscht, dem ungarischen Proletariat wirklich zum Herzen
spricht, bleibe dahingestellt."

NICHT NÖTIG

Ein Freund Daumiers hatte gehört, dass dieser sich
mit dem Gedanken trug Aristophanes zu illustrieren.
Bei einem Besuch kann das Gespräch auf das Thema.
„O ja, Aristophanes!" rief Daumier begeistert. Der
Freund sprach davon, wie viele ausgezeichnete Motive
sich in den Komödien finden würden. Daumier nickte
zustimmend: „Ja, ja!" und er fügte zögernd hinzu:
„Gelesen habe ich noch nie etwas von Aristophanes."

HODLERS „HOLZFÄLLER" (EXEMPLAR

NR. 13)
„Das ist der Führer von Hodlers Waterloo-Garde."
„Wieso?"
„II se vend, mais il ne meurt pas."

DIE AUGEN
Eine Dame fragt Picasso vor einem seiner kubisti-
schen Bilder „Frau mit Guitarre", wo die Augen der
dargestellten Frau seien. Picasso sucht: „Dieses sind
die Augen — nein, doch nicht, — hier sind sie — oder
nein — — ach was", unterbricht er sich, „wenn Sie
Augen sehen wollen, gehen Sie zu van Dongen."

SIEBZEHNTER JAHRGANG. ELFTES HEFT. REDAK.TIONSSCHLUSS AM IO. JULI. AUSGABE AM I. AUGUST NEUNZEHNHUNDERTNEUNZEHN
REDAKTION: KARL SCHEFFLER, BERLIN; VERLAG VON BRUNO CASSIRER INBERLIN. GEDRUCKT IN DEROFFIZIN

VON W. DRUGULIN ZU LEIPZIG
 
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