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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 17.1919

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Heft 11
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Tode berichten die Tafeln, die hoffentlich bald weiter
erscheinen.

Einen begrenzten Ausschnitt der ägyptischen Kunst
behandelt Luise Klebs in dem Buch über „die Reliefs
des Alten Reiches" — Carl Winters Universitätsbuch-
handlung in Heidelberg 1915. — Auch dieses Werk
will nur „Material" für eine Kulturgeschichte bringen.
Indessen geben die 108 zum Teil recht guten Ab-
bildungen im Text lebhafte Vorstellungen von dem
alten Ägypten zur Zeit der Pharaonen des dritten Jahr-
tausends. Eine Einleitung über die Mastabas des alten
Reiches und die Techniken ihrer Wanddekoration geht
voraus. Dann werden alle bisher zugänglichen Grab-
reliefs dieser Zeit nach ihrem gegenständlichen Inhalt
in Gruppen zusammengefasst. Beinahe jeder Vorgang
— das jenseitige Leben als ein Spiegelbild des irdischen
fassend — wird durch ein guterhaltenes Relief illustriert
und beschrieben. Gegenstücke in anderen Gräbern, in
Museen, auch aus einigen noch unveröffentlichten Aus-
grabungen werden verzeichnet; so entstand gleichzeitig
ein Katalog der Reliefs des alten Reiches. Es sind
Bilder aus dem Leben des ägyptischen Adels, der diese
vielzimmerigen Grabpaläste errichtete, bis zu den
Zeremonien seiner Bestattung; das Leben des Fellachen,
dessen Arbeit den Ertrag dieser Äcker und Gärten,
Geflügelhöfe und ungezählten Herden hervorbringt,
umfassen sie mit. Bilder der Schiffahrt, des friedlichen
Verkehrs und Tauschhandels reihen sich an, und die
seltenen Kampfszenen: — Belagerung und Eroberung
einer asiatischen Stadt — beschliessen den Wechsel
profaner und feierlicher Begebenheiten, deren un-
beschreiblich feines Relief für immer dem Sonnenlicht
und dem bewundernden Auge entzogen sein sollte.

Eine gute und knappe Einführung nicht nur in die
Kunstgeschichte Ägyptens, sondern in die gesamte
vorchristliche und aussereuropäische Kunst gibt der
erste und zweite Band der seit 1915 neu erscheinenden
„Geschichte der Kunst" von K. Woermann. Diese
reich illustrierten Bücher sind statt des früheren einen
Bandes herausgekommen; mit vielfach umgearbeitetem
Text und vermehrten Abbildungen. Auf eine gedrängte
Übersicht über die Kunst der Stein- und Bronzezeit
folgt die sehr erweiterte Besprechung der ägyptischen
Kunst, die auf einem vertieften Verständnis für die
Eigenart ihrer Werke beruht. In einem völlig neuen
Abschnitt werden die Werke der vor-und frühgeschicht-
lichen Zeit gewürdigt; die Chefrenstatuen und der
Sphinx von Gise richtig eingeordnet, neues über die
aus dem Schutt von Teil el-Amarna erstandene Kunst
Amenophis IV. hinzugefügt und der Absatz über die
Spätzeit vielfach berichtigt. Ein Schlusswort streift die

Bedeutung dieser Kunst für die Kunst der Gegenwart.
— Auch der Abschnitt über die mesopotamische Kunst
ist durch die Verarbeitung neuerFundeundForschungen
wesentlich erweitert worden: zumal die herrliche Sieges-
stelle Naramsins und Chammurabis monumentaler
Basaltblock zeigen die Mächtigkeit der Kunst Vorder-
asiens. Das Bild der alten Assur des zweiten Jahr-
tausends beginnt aus den Trümmern aufzusteigen ; von
der neubabylonischen Kunst konnte -1- dank der deut-
schen Ausgrabung - vieles berichtet werden. Fast
gänzlich neu ist der Abschnitt über die hettitische Kunst
und die altpersische Vorzeit. Alle neueren Forschungen
auf dem Gebiet der mykenischen, griechischen, alt-
italischen und römischen Kunstgeschichte wurden ebenso
gewissenhaft in das Werk hineingearbeitet. Der zweite
Band umfasst die Kunst der eingeborenen Völker
Australiens, Afrikas und Amerikas; die Kunst Europas
und Vorderasiens von der Völkerwanderung bis 900 n.
Chr. und die grossen Kunstwelten Indiens, Ostasiens
und des Islam. Dieser Abriss wurde gegen den früheren
beinahe um das dreifache erweitert, und diese erste
Zusammenfassung der exotischen Kunstkreise zu einem
übersichtlichen und inhaltreichen Band ist einebesonders
dankenswerte Leistung Woermanns, dessen Werk mit
wissenschaftlicher Exaktheit die für den ungelehrten
Leser unerlässliche Auswahl des Entscheidenden ver-
bindet. Die ausführlichen Literaturnachweise, die
jeden Band begleiten, sind unentbehrlich für den, der
weiter eindringen möchte. Eine bequeme Neuerung
dieser Auflage ist die fortlaufende Zählung der Tafeln
und Abbildungen.

Nach den Schriften über das alte Ägypten seien
noch die sehr neuen — geschriebenen, aquarellierten
und gezeichneten — „Bilder aus Ägypten" von J. Guth-
mann und Slevogt genannt. - bei Bruno Cassirer 1917 —
„Schauend und staunend, staunend und am Ende liebend",
mit allen Sinnen sich der fremden Bilder, Laute und
Gesten bemächtigend, durchwandern beide das alte
und neue Kairo, überschauen die Ruinen von Theben,
dringen in das Todesschweigen im Tal der Königsgräber
und verweilen in den Steinbrüchen von Assuan und in
den Sanddünen der Wüste. Die Aquarelle Slevogts
haben das Licht und die Farben Ägyptens eingesogen:
den lichtblauen Himmel, die grüne Nilebene, den perl-
mutterigen Fluss, das Gold und Karminrosa ferner
Berge am Spätnachmittag, die bunten Granitwände und
Sandsteinfelsen und die gelbe Sandwüste. Bilder und
Worte verbinden sich glücklich wie in den wechselnden
Eindrücken die Überreste des pharaonischen mit dem
mittelalterlichen und neuen Ägypten zu dem einzigen
leuchtenden Wunder verschmelzen.

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