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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 2.1922

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Heft 1 (Januar 1922)
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Kolb, Gustav: Der zeichenwissenschaftliche Studienrat
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Müller, Alexander: Rhythmisches Gestalten
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https://doi.org/10.11588/diglit.21684#0006

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125

hcute eknc selbstverständliche Forderung aller Kunst-
gewerbeschulcn, daß ihre Schüler vor Eintritt in
das Stuöium ekne handwerkliche Lehre durchmachen.

Man erkcnnt heute, daß künstlerischeFormlehre und
Handwerkolehre als untrennbare Grundlagenderschöp-
ferischen Arbeit wkederzur Einheit zusammengeschlossen
werden müsten (vergl. das särogramm deS staatlichen
Bauhauses in Weimar). Der Kriegersche plan sührt
zu nichts anderem als zu einem üblen Dklettantis-
mus auf den verschiedenen Gebieten. Nirgends ist
der Vorgebildete zu Hause. llberall ist er nur slüch-
tiger Gast, der ekgentlkch nicht hergehört. 3m Gegen-
fatz dazu muß verlangt werden, daß der Zeichen-
lehrer schon während seines Studiums in einem
Gestaltungsgebket eknen Brennpunkt für sein übriges
kunstpraktksches Studkum gewinnt, in dem er ln die
Defe gestiegen kst und im Lauf der Iahre bks zu
einem gewijsen Grad Meister werden kann.

Der Kriegersche Ausbildungsgang, der sich völlig
auf dem Papier auslebt, kst seinem Geift nach so
zkemlich das Gegenteil des Vorbildungsplanes des
Reichsverbandes und der württembergischen Richt-
linien. Beide befreien das Studium so gut wie
möglich vom Papker und legen den Nachdruck auf
das Werk, auf das wirkliche Gestalten im Gegen-
satz zu dem Nur-Theoretischen, Nur-Akademischen.
Deshalb verlangen sie als Ausgangspunkt des Stu-
dkums Werkstattarbekt und beschränken das Theo-
retisch-Wissenschastliche auf das Mindestmaß (vergl.
die Fußnote Stkehlers). Mit dieser Beurteilung der
preisarbeit Krkegers, den kch sonst hochschätze, soll
nicht bestritten werden, daß sie auch gute fruchtbare
Gedanken hat und daß Krkeger mit seinen Forde-
rungen der Sacke felbstlos dienen will. Manch-
mal wirkt feine Darstellungsweise allerdkngs etwas
aufdringlich, wie schon der Eitel zeigt, und weckt
den Anschein, als ob sie auch von Standesrück-
sichten beeinflußt wäre. Solche Fragen können aber

nicht ruhig und nicht sachlich genug erörtert werden.
Nur dann wird man wirklich überzeugen.

Man täusche sich auch nicht: Der Zeichenlehrer
wird sich neben dem wissenschaftlichen Lehrer inner-
halb der höheren Schule nicht öamit durchsetzen,
daß er seine Fachbildung der der wissenschaftlichen
Lehrer möglichst annähert, ihm einen wissenschast-
lichen Eharakter gibt, sondcrn nur dadurch, daß er
ein eigenes Bildungsgut !n öke Wagschale wsrfen
kann, das neben den wiflenschaftlichen Fachgebicken
vollen Eigenwert besitzt, insosern es diese nach der
praktisch-sinnlichen, anschaulkch denkendcn und künst-
lerisch fühlenden Seite hin ergänzen kann. Das ist
auch der Sinn des Urteils des akademischen Senats
der Universität Leipzkg, von dem uns Sttehler 1m
vorkgen Hest Kenntnls gab.

Darkn stimmen Krieger wohl alle Amtsgenossen
zu, daß die Ei'nheit des Standes km ganzen Deutschen
Reiche unter allen Umständen angestrebt werden muß.
Dkes kann nur durch Einheitlichkeit in der Vor-
bildung erreicht werden. Die erste Handlung des
Reichsverbandes akademksch gebildeter Zeichenlehrer
war es deshalb nach Zusammenschluß aller deutscher
Landesvereine, gemeknsame, bindende Richtlinken für
dkese Vorbildung aufzustellen tn den Frankfurter
Beschlüssen, die in der Eingabe des Reichsverbandes
an die deutschen Unterrichtsmknisterien niedergelegt
sind. Wenn der preußische Landesverein sich nicht
an diese Beschlüsse, an denen er mktwirkte, bknden
wollte, so wäre das recht bedauerlich. Daß die
prüfungsordnung, die zur Zeit km preußischen Kul-
tusministerium vorbereitet wlrd, sich auf den Grund-
lagen des Kriegerschen planes aufbaut, würde ich
für ganz unmöglich gehalten haben, wenn das nicht
der Vorsihende des preußischen Landesvereins im
lehten Heft von »Kunst und Iugend" ausdrücklich
hervorgehoben hätte.

G. Kolb.

Ehe ich mkt meinen Erörterungen beginne, möchte
ich vorausschkcken, daß das rhythmische Gestalten nur
einen Teil der künftlerischen Erziehung ausmacht,
wie sie mir vorschwebt, die in der Hauptsache auf
einer Gefühlserweckung und -bildung und Förderung
des schöpferkschen Willens beruht. Ich bitte Sie
also meinen Ausführungen unter dieser Voraus-
sehung zu solgen. -

Die Arbcit an der Iugend verlangt von uns Ge-
sinnung, d. h. Wahrheitsliebe und llberzeugung.

Diese Gesinnung hat unS hier zum Bunöe zu-
sammengeführt, damit wir zusammen bauen können
an den Grundlagen eines menschlkchen Lebens, das
wir unserer Iugend gegenüber mit Nberzeugung ver-
treten können.

Dieses Leben kann sehr einfach gekennzeichnet

*) Anmerkung. Verglekche dazu den Aufsah Wledemanns „Musik- und Farbenklänge" in Hest 4,1921. Wiede-
mann wurde durch mehrere Vortrage angeregt, d!e ,'ch seit 19!9 über die Beziehungen von Muflk und Malerek unö
lhre Anwenöung lm Zelchenunterricht gehalten habe. Selnen Bersuchen liegen lndejsen Ilnklarheiten zugrunde, dke
nach melner Meinung auf falscher Auffassung meiner methodischen 3iele beruhen. 3ch möchte den Kollegen daher den
-"Vortrag bekanntgeben, den ich am 4- Mak 1921 auf der Kunsttagung des Bundes entfchledener Schulreformer ge-

hälten 'yabe. " A. At.
 
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