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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 2.1922

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Heft 1 (Januar 1922)
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Moschkau, Rudolf: Architektonische Ornamente im Lichte des Volksglaubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.21684#0010

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129

Archrlektonische Ornamente im Lrchte des Volksglaubens.

Mtt ? Abbildungen vom Verfaffer.

An einem Bauwerk schmückende Zutat anzu-
bringen, ist heutigen Tages grundsä'tzlich eine andere
Aufgabe als in der Vergangenheit. Bau- und kunst-
gcwerblich geschulte Kräfte fabulieren nach Bewäl-
tigung des Raumproblems an den Schauseiten und
entwickeln das bauliche Ornament mit Nücksicht auf
Material und Zweck, unbekümmert um den Kanon
überlieferter Schmuckformen, den sie nicht
mehr km Sinne früherer Zeiten fortent-
wickeln, geschweige denn sklavisch kopieren
wollen. Dank einer energischen Selbstbe-
finnung, fcheint es,find wlr vom.historischen

Einkge Bemerkungen hierüber mögen zeigen, inwke-
weit diese Betrachkungsweise fruchtbar und an-
regend sein kann.

In einem Gebiete wie §itauen und Weißrußland,
wo Sem Verfaffer im Kriege Beobachtungen zu
sammeln vergönnt war, hat sich eine bäuerliche
Bauweise erhalten, die einen engumgrenzten Schatz


/i> Lo/'üjvn,, Aottv. /ckk/rs/o.

AbbilVung 1

WbilVung 2

Ornament" in einem Grade unabhängig geworden,
wie keine Generation vor uns. Voch überblicken
wir heute nicht klar, wie sehr unsere Väter, soweit
es die Schmuckelemente angeht, abhängig waren
von der Vergangenheit. Leicht täuscht der wieder-
holte Stilwechsel über dke wahrhaste Dauerüber-
lkeferung von Zierelementen hinweg, Formen, die
mit ihrer Wurzel teilweise in vorgcschichtlichen
Kulturen erkennbar sind. Will man den Umfang
des altüberlieferten Formenschahes erkennen und
eine Einsicht gewinnen, wie eine derartige Zähig-
keit, am Uberlieferten zu hängen, möglich war, so
scheint es unerläßlich, das bauliche Ornament ein-
mal im Lichte des Volksglaubens zu betrachten.

von ornamental wirkenden Baugliedern und Formen
verwertet. Wenige proben hiervon geben unsere
Abbildungen. Die Schmuckelemente, die in den
Giebelzeichen russischer Blockhäuser, in deren Dach-
luken, Verschalbrettern und Turmkreuzen, in den
Fensterumrahmungen, Torflügelfüllungen und Tür-
oberlichtern und einigen anderen Bauglkedern uns
entgegentreten, sind an den Fingern zu zählen.
Allerlei Spitzformen, oft an pfeile erinnernd (Abb.
1, 2), wechseln ab mit Kreisscheiben oder Rosetten
(Abb. Z, 4), mit Halbmond- oder Hörnerformen
(Abb. 1, 2), sie erscheinen einzeln oder verbunden
mit Rauten, Drekecken, Herzen und Kreuzen (Abb.
5, 6). Weniger häufig sind Ansähe zu pflanzlichen
 
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