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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 2.1922

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Heft 5 (November 1922)
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Ein Vorstellungskünstler
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Tagung des Vereins württembergischer Zeichenlehrer
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.21684#0122

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227

geradezu verblüfferrden Wahrhastlgkeit ln lhrem Wesen
und lhrer Erscheinung Sargesteilt waren. Eln anderes be-
zelchnendes Belspiel lst das folgende. Daumler hatte
seinem Freund und Kollegen Henry Monnler mehrmals
versprochen, ein Blldnls von lhm zu machen und es ihm
zu jchenken. Mer kmmer, wenn Monnler zum Modell
sltzen kommcn wollte, schob Daumier dle twache unter
irgend elnem Vorwand wleder hlnaus. Endlich wurde
Monnker ungeduldlg, und eines Taaes erklarte er kate-
gorlsch: «.Morgen um zehn blhr komme lch zur Sitzung,
und da mustt Su unbedingt ein Bild von mir machen, ob
du nun 3eit hast oder nicht." Und Monnier kam am an-
dern Morgen pünktllch um zehn Uhr. Aber siehe da: auf
der Staffelei stand berelts das fertige Bilv Monniers.

Um Vem lhm pelnlichen Malen nach dem Modell aus
dem Wege zu gehen, hatte Daumier das Bildnls seines
?zreundes über Nacht aus dem Kopf gemalt. Und diesss
Bildnis, erklarten 2?lonniers Freunde, war von einer der-
artlg kühnen und schlagenden Ahnllchkelt, daß es das
beste portrat Monnlers genannt werden muß. Kekn Zug
dleses intelllgenten Kopfes war falsch oder vergeffen.
Daumier malte seine sa'mtlichen Bildniffe aus dem Kopfe,
darunter auch das berühmte von Berlioz, das in der
Galerie von Versailles hängt. 2ch bln der Meinung, daß
selne Biidniffe vielleicht gerade deshalb so groß sind, weil
ihn das lebende Modell nicht irritierte, während er die
Summe des geistigen 2nhalts gestaltete, der ihm an Vem
betreffenden Erlebnis geworden war.

Tagung des Verems württembergischer Zeichenlehrer.

Beratung über dte Ostwald'sche ?zarbenlehre.

Am 2Z. September fand dke tzerbsttagung des Vereins
württ. Zeichenlehrer kn Rottwekl statt. Dke Amtsgenoffen
waren zahlreich erschienen, auch eknkge vom badischen Bru-
derveretn hatten sich ekngefunden. Auf der Tagesordnung
stand: Die Ostwa ld'sche Farbenlehre kmJeichen-
und Kunstunterricht. Studkenrat Bühler kn Rottwell,
der schon 6 Iahre im Verein mkt pater M. Schaller
(Beuron) sich bemüht, das Ostwald'sche System dem Unter-
rkcht einzufügen, führte selne ForschungS- und Unterrkchts-
ergebnlffe in einer überaus reichen und wertvollen Aus-
stellung von Schülerarbeiten und eigenen künstlerischen
Arbeiten vor. Vorträge und Führungen durch die Aus-
stellung traken ergänzenv dazu, sodast die Besucher eknen
gründlichen Einblick in alle Sekten des vielumstrkttenen
Gebietes bekamen. 2n mehrstündiger reger Aussprache
wurden dke Darbletungen und Erfolge der Nottweiler
Schule gewürdigt und ihr großes Verdkenst um Klärung
derFrage einmütlg anerkannt. AmtsgenoffeBühler gedachte
1n seinen Vorträgen dankbar derForschungsarbeitOstwalds
und gab unumwunden zu, von ihr entscheidende Anregungen
empfangen zu haben. Er betonte aoer auch mit aller Be-
stlmmthelt, daß er heute die tzarmonkelehre Oskwald's
grundsähltch ablehne. So führke die Rottweiler Arbeit
mehr und mehr weg von Ostwald und kam zu eknem eigenen
Weg im Farbunterrkcht, dem selbständkge Bedeutung zu-
kommt. 2n der Aussprache wurde darauf hlngewiesen, daß
der Unterricht über einseitige enge Thcorien, gleichoielwoher
ste auch kommen mögen, hknausgehen müffe, zu dem Ouali-
tativen der Farbe, wozu Anfänge gegeben sind in Goethes
Farbenlehre. Die bedeutsamsken Anregungen können die
Lehrer aus den Werken wahrhaft zeitgemäßer, lebendig
fortschreitender Kunst schöpfen. Eine Arbeiksgemeinschast
für Farbunterricht, die Studienrat Bühler schon lange
anregte und die am Schluß der Tagung gegründet wurde,
soll die Frage weiter klären und Rtchtlinien für eine zeit-
gemäße Farbenlehre für den allgemeinbildenden 3eichen-
und Kunstuyterricht aufstellen. Die Aussprache, die außer
dem Farbunterricht noch manche wichtige Frage erörterte,
so namentlich auch die heutkge Lchr- und Lernmittelnot

unserer Schulen, verdkchtete sich zu folgender Entschlkeßung:
1. «Die gelegentliche, gefühlsmäßlgeAnwendung
der Farbe km allgemeknbildenden 3eichen- und
Kunstunterricht genügt nkcht, vielmehr kst ekn
gründlicher, planmäßkgaufgebauterFarbunter-
rkcht auf allen Stufen notwendig. Dke Ost-
wald'sche Farbenlehre bietet dazu nicht dke ge-
eigneteGrundlage. 2. DleSchulungdesFarben-
sknnesunseresVolkeskstdurchdiefortschreitende
ungeheure Verteuerung aller tzilfsmittel (pa-
piere, Farben, pknsel, Stifte usw.) geradezu in
Frage gestellt. Eine ernste Sorge der gesamten
Veutschen Lehrerschaft muß es deShalb sein,
Mkttel und Wege zu finden, dieser Gefahr ent-
gegen zuwirken, dke ein Stück der drohenden
gelstigen und materkellen Verelendung unseres
Volkes in sich schließt."

Die Rottweiler Tagung, die Studienrat Grau vor-
nehm lcitete, war eine der fruchtbarsten des Verekns württ.
Zeichenlehrer. Mit herzlichem Dank gegen Amtsgenoffe
Bühler und den Schulvorstand der Realschule, tzerrn
Studiendirektor Dr. Bock, der die Beratungen mit einem
feinstnnigen Vortrag eröffnet hatte, schieden die Amtsge-
nossen abends von dem schönen Roktweil, deffen mittel-
alterliche Türme unv Mauern vom herbstlichen Sonnen-
schein vergoldet waren. Es blelbt noch zu erwähnen, daß
Herr Obcrregierungsrat Entreß der Tagung im Austrage
der Ministerialabteilung für die höheren Schulen anwohnte.
Sekne freundlichen Begrüßungsworte und seine Aner-
kennung der Rottweiler Arbeit trugen nkcht wenkg zur
tzebung der Stimmung bek. G. Kolb.

*

Bachtrag: 2m nächsten tzest von „Kunst und Iugend"
wollen wir Stellung nehmen zur Lehr- und Lernmitkelnot
und Mittel und Wege zu ihrer Behebung erörkern. Wir
bitten alle Amtsgenossen im Reichsverband, die geeignete
Vorschläge machen können, diese der Schristleitung mit-
zuteilen. - G. Kolb.

Umschau

VaS ReichÄschieäSgericht in Leipzig hat !n ssiner Sitzung
am 1Z. Mai 1922 ekne wichtige Entscheidung getroffen.
Auf Grund des Relchsbesoldungssperrgesehes hatte der
Reichsmknisker der Finanzen Etnspruch erhoben gegen Vie
Linstufung ver Oberlehrer (profefforen) an tzand-

werker-- und Kunstgewerbeschulen ln di'e Gruppen
10 und 11 und der Direktoren dieser Schulen ln die
Gruppen 11 und 12 der preußischen Besoldungsordnung.
Den Einspruch begründeke Ver Vertreker des Reichs-
miniskeriums Ver Finanzen, Minislerialrat Dr. Kühne-
mann, damit, daß für alle diefenigen Beamten, für Ske
die Gruppe 10 als Eingangsstufe in Betracht käme, ö:e
 
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