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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 2.1922

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Heft 3 (Mai 1922)
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Krieger, Karl Ludwig: Schlußwort zur Frage der zeichenwissenschaftlichen Ausbildung
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.21684#0063

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130

Zlel se!n kann und niemals das 3iel selbst. (Siehe
„Schauen und Schasfen", Hest 1, 1922. S. -s.) Damit
ist aber noch lange nicht gesagt, das; ich dcn Arbeitsunter-
rtcht dem Gkpsbrockenzeichnen gleichstelle oder das; ich ihn
wenig schähe, sedoch möchte ich auch hier öaran erinnern,
vas; es vor 20 Iahren auch einmal Zeichenlehrcr gegeben
hat, die in ihrer heilkgsten Ehre gekränrt gewesen wären,
wenn man das Gipsmodellzeichncn auch nur ekwas herab-
gesetzt hätte. Mik besonderem Nachdruck möchte ich sogar
hiermit meiner festen Llberzeugung Ausvnick verleihen,
daß die fortwährendsn Neuerungen und der stete Wechsel
der Unterrichtsmittel tatsächlich Sie cinzige Ursache isk,
weshalb der Zeichenlehrerstand in preusten, Sachsen,Baden
und Württemberg heute noch so schwer um Vke allerselbst-
verständlichsts Anerkcnnung ringen mug und mir sind
die Aussprüche des Reichsschredsgerichks, die so greile
Streifllchter auf die jetzige Lage wersen, wie .Spielerei"
und .Bildchenmalen' als Folgen der bisherigen Rück-
gratloflgkeit leicht erklärlich. Natürlich liegt es mir fern,
hkermit irgend jemand einen Vorwurf machen zu wollen.
— Es wird aber noch viel schlimmer kommen, wenn nicht
bald der exakte klare Weg beschritten wkrd, der durch
wissenschastliche Forschung und Methoden einerseits und
andrerseits durch dle Bedürfnisse der Kunst, des Kunst-
gewerbes, des Wirtschaftslebens und der Technik vorge-
schrieben wird. Ob das Rüslzeug zu diesem Weg Arbeits-
unterricht, phantafle-, Gedächtnis-, Merkmalzeichnen oder
Naturmodellzeichnen heitzt, ist vorerst glekchgültig. Am
bestcn werven Vkese Mittel glcichmästig stark angewendet.
Tatsache ist aber, datz der Zeichenlehrer seit Z0 Iahren
vor lauter Zleuerungen garnkcht dazu gekommen ist, in
den ekgentlichen Tiefen seines Faches zu schürfen. Die
Zeichenrviffenschast, oder wie man das Dkng taufen will,
ist hingegen keine Neuerung in diesem Sinne, sondern
eine Sache, die mit Ver ersten Zekchenstunde geboren wer-
den mußte. Warum geht man jetzt im Handwerk dazu
über, die rationellen Betri'ebsergebnisse zu sammeln und
zu verwerten, weshalb ist die Induslrke vorwärts gekom-
men? Doch nur deshalb, weil alle Erfahrungen rationeller
Betrkebsführung ineinander grissen wie ein feines Räder-
werk! Und warum soll der Zeichenunterricht auf dke Buch-
führung seiner rati'onellen Betriebsführung und Betriebs-
crgebnisse verzichten? Ich sehe nkchk ein, datz dadurch der
Arbektsunterricht geschädigt werden kann, oder daß dleser
das andere ausschließk. Vorerst steht abcr fest: dke prcu-
ßische Zeichenlehrerschast begsht ei'nen taktischen Fehler,
wenn sie mehrere Wochenstunden für Arbeitsunterricht
fordert und noch nkcht einmal in allen txpchulen das Haupt-
zeichnen als pflichtfach der Oberklassen und ebensowenig
das zweiskünöige technische Zeichnen als Wahlsach in den
Oberklassen erreicht hat.

2. Herr Kolb konstruiert ferner in dem ersksn Absah
seiner Entgegnung Widersprüche, die nur als fruchtkose
Wortfechkerei gelten können und deren WiSerlegung ich
für überflüsflg halte. Sehr wertvoll für Vie Klärung hiir-
gegen ist die kurze Zusammenfassung der grundsähllchen
Gegensätze des ÄbschnitteS Seits 1fl9 oben rechts, die
besagt, daß ich den kntellektuellen Lchrertypus in völliger
Reinheit erstreben wolle. Glatter Gegenbeweis: dreijährige
künstlerische Ausbildung auf Mademien, gegenüber einer

Umschau.

flusflellung oon Kindrrzeichnungen aus ssapan im
Zentralinstitut für CrZiehung uird Unkerricht. Iapanische
tschulkinder haben in Ven Schulanskalten ganz Iapans
Zeichnungen und Aguarelle angefertigt, die gesammelt

einjährigen wiffenschaftlr'cheii. Die Frage, ob man dann
noch überhaupt noch sines künsklerisch vorgehildeten Zeichen-
lehrers bedürfe, erledigt sich daher von selbst. Hingegen
erachte auch ich und ich möchte es hier unterstreichen: .Die
Entwicklung der gestaltenden Kräfte für Sas Grundlegende."
Aber mit der Ablehnung der zeichenwissenschastlicheii For-
schung kommt auch Kolb niemals zu dem Ergebnis: .Wel-
ches sind denn die Faktorsn und die Grundlagen, die zur
Enkwkcklung aller geftaltenden Kräste führen?" Auch hier
möchte ich seststellen, datz der Grundsatz völliger Har-
monie der intellektuellen und gefühlsmätzkgen Ausbildung
gelten muß unv nicht, wie es bisher war, der der Hege-
monie des künstlerisch-gefühlsmästig Unbewustten.

Herr Kolb sagt ferner: .Daß man dem Innerlichsten^.
und Zartesten der Kindesseele mit öen sogenannten epakten
Methoden des begrifflichen Denkens und Analyflerens
nkcht näher kommen könne." Auf Sekte 1)7 desselben
tzestes ergeht er fich dabei in dem Aufsatz .Der Genkus
im Kinde" in ekner hochwissenschastlkchen Abhandlung, deren
Gedankengänge mit dem auffallend häuflgen Gebrauch '
der .Merkmalbegriffs' mindestens Ergebniffe seiner
eigenen epperimentellen Forschung und Erfahrungm, wenn
nicht auch dke anderer sein müffen. 2ch bkn übrigcns gern
bereit, Herrn Kolb den Weg zum Innerlichsten und Zar-
testen an der Hand mehrerer tzundert Seelenausdrücke
von 10— Iff jährigen Iungens zu zeigen, falls er diesen
Weg noch nkcht kennen sollte. Vi'elleicht nimmt er dann
auch seine Anzweiflung meiner künstlerischen Oualitäten
und der eines ganzen Standes, nämlich des preußischen
Gewerbelehrers für schmückende Berufe mit Bedauern
zurück, die auf nichts begründet kst als auf ein paar von
ekner provinzdruckerei gelleferte und nkcht künstlerisch, son-
dern nur rein sachlich sein sollende kleine Druckstöcke kn
meinem .Neuland", die mit keinerlel künstlerischcr Absicht
gewählt worden sind. Vkelleicht lernte er elnmal die
Tätigkeit preußischer Gewerbelehrer für schmückende Be-
rufe kennen, dle der des Zeichenlehrers mindestens gleich-
kommt.*)

Der mittlere Absatz Sekte 119 beweist, wie wenkg gründ-
lich Herr K. meine Merkmallehre und die Tabelle in
Hest 6, 1921, kennt. Sonst hätte er längst mcrken müssen,
daß die angeführten Tätigkeitsreihen die Grundreihen
sind, in denen alle übrigen etwa neu aufzustellenden zum
größten Teile enthaltsn sind, daß also nicht irgend ein
Beruf dkese oder jene beliebige Rcihe hinzufügen kann.
Unssre Arbekt kann niemals schlecht abschneiden, da fle
stcts kn den volkswirtschastlich wichtigsten Reihen vertreten
ist. Außerdem hat diese Merkmallehre mit der Zeichen-
wissenschast garnichts zu tun. Auf mehrere wichtige Hunkte
meiner Erwiderung, wke Dissertationen, promotion, Be-
rechtkgungsunwesen, Sammlertätigkeit der Zeichenlehrer,
Hrojektionslehre u. dgl. kst K. leider nicht ekngegangen.
Ob er dkes auch alles ablehnt? Mir kann's ja gleich sekn.

K. L. Krieger.

Wer hat daS KSnnen der preußtschen Gewerbelehrer angezwelfelt?
Hat dke Provtnzdruckerek auch daS Dtplom für ^VolkShockschule*, ^zu
veziehen ln klctnen und großen Vosten nach Vereinbarung btlltgst vom
Verlag für ZetchenwlffenfckastE auf dem Gewtffsn, daS mtt dem Namen
K. L. Krteger gezeichnet ift? Dte Schristleitung.

und nach Dsutschland geschickt worden sind, um hier den
dcutschcn Kiiidern eine Freude zu bereiten.

Die Ausstellung wurde am Sonnabend, Ven 1l. Feb-
ruar cröffnet, im Auftrage des Vorstands dcs Landes-
vercins war der Unterzeichnete zugegen.
 
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