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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0155

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tritt zurück, die uuvergleichliche rythmische Korrespoudenz
der Farben und der Musterformen zwischen den einzelnen
Feldern und den verschiedenen Fenstern ist aufgegeben
oder doch auf nunmehr untergeordnete Theile übertragen.
Das Bild selbst muß zur vollen Wirkung kommen. Hi'er
läßt freilich die Ausführung in ihrer Vollkommenheit alle
Leistungen früherer Perioden gleich schwachen Versuchen
hinter fich, doch dafür ist auch der Eindruck der harmo-
nisch wirkenden Flächendekoration, dies zauberhafte und
stimmungsvolle Spiel der Farben in unseren sonnenbe-
schienenen alten Kirchenfenstern unwiederbringlich vcr-
loren. Es bleibt uns ein Bild, welches alS Kunstleistung
höchst bewundernSwerth, als Dekoration jedoch zu be-
deutend ist nnd als selbständiges Bild nur zn seinem eignen
Nachtheile die prüfendeVergleichung mit wirklichen Bildern
hervorruft. So liegt deun, wenn wir es ofsen gestehen
dürfen, eine etwas langweilige Stimmung auf einem
solchen gemalten Kirchenfenster, ohne daß wir aus diesem
immerhin subjektiven Eindrucke dem Künstler einen Vor-
wurf machen wollen. Teschner's Zeichnung ist korrekt,
die Komposition durchdacht und die Formgebung (der Pro-
spekt sagt: „im Kunststil der ersten Zeit des fllnfzehnten
Jahrhunderts") wenigstens so passend, wie möglich, um
eine gegebene Anzahl von Zeit-Portraits und historischen
und allegorischen Personen und Figuren zu einem er-
träglichen Gesammtbilde zusammenzufügen. Denn wenn
wir unseres Theils den nach Cornelius' Entwurfe ausge-
führteu Karton, die gekrönte Jungfrau über dem osfnen
Grabe, in jeder Beziehung der „Fürbitterin" vorziehen,
so liegt der Grund davon einmal in der Wahl des Gegen-
standes, dann aber vor allem in der sichtbaren Anlehnung
an berühmte Werke der alten Kunst, welche in diesem
Falle dem älteren Meister möglich war und seiner Er-
findung von vorn herein eine größere kompositionelle und
typologische Einheit gab. Ein bloßes Andachtsbild, welches
bei einer Fülle von Figuren nicht die leiseste Handlung
gestattet, bleibt stets ein bedenklicher Gegenstand. Tritt
nun aber noch die hier gegebene, vermuthlich vorgeschrie-
bene Fassung hinzu, so wüßten wir wenigstens nicht, wie
man Besseres aus ihm machen sollte, als Teschner gethan
hat. Kleine Unebenheiten, gleichsam die Spuren der
Arbeit bei der Bewältigung der Aufgabe, lassen sich über-
sehen. Viel Schönes ist dagegen vorhanden an einzelnen
Motiven, und namentlich, was den Ausdruck einzelner
Köpfe betrifft. Die Farben wirken im Ganzen harmonisch
und die Ausführung scheint uns musterhaft zu sein, die
klare, tiefe Jntensität einzelner Farbentöne geradezu un-
übertrefslich. —

Eine Ausstellung kunstindustrieller Gegenstände,
vom „Verein Berliner Künstler" im hiesigen Ge-
werbemuseum veranstaltet, ist bereits nach Wittenberg ab-
gegangen. Hier kann ich mich um so kürzer fassen, als
die „Zeitschrift" hofsentlich ihrer Zeit ausführlichen Be-

richt über das Gesammtbild des dort vertretcnen Kuust-
gewerbes zu geben nicht unterlassen wird. Der hier aus-
gestellte Berliner Antheil gehörte, unter ohngefähr 800
Nummern, über llO.Künstlern an. Er bestand ans plasti-
schen und malerischen Dekorationen, Möbeln, Geräthen
aller Art, Stickmustern und typographischenArbeiten. Be-
sondereBeachtung schienen mir Sußmann-Hellborn's
Fenstersimse und Stuckvecken im heiteren Renaifsancege-
schmack und von breiter, tüchtiger AuSführung zu verdienen,
sowie griechische Wanddekorationen und Möbeln iu dem-
selben Stile von Gropius, Supraporten von A. von
Heyden und E. Ewald, vor allem aber des Letzteren
bemalte Kacheln. Nnter den Geräthen befand sich, abge-
sehcn von den schönen Entwürfen des verstorbeneu Bau-
meisters Kolscher, viel GuteS, z. B. eine Schale vou
Reinhold Begas, ein Tablet von A. v. Heyden, desscu
bemalte Holzartikel ebenfalls allgemein ansprachen. Mit
Uebergehung vieler Einzelheiten, deren Besprechung die
Rücksicht auf deu Raum mir verbietet, erwähne ich nur
noch die in Formen uud Mustern höchst ansprechenden
ersten Erzeugnisse der von Sußmann und Navenö bei
uns neu eingeführten Emailindustrie (vlinmpIgvL), auf
deren öffentliche Beurtheilung man wohl gespannt sein
darf.

Nun zum Schluß noch einen flüchtigen Blick in
Sachse's Salon, über welchen Sie nächstsns einen
ausfllhrlichen Bericht haben sollen. Heute gilt unser Be-
such nur zwei seit Knrzem ausgestellten Werken, zu-
nächst einer „Hirschjagd"und „Bärenjagd" von Steffeck,
zwei großen Oelbildern, welche als Pendants für die
Dekoration einesfürstlichenTreppenhauses(SchloßRoggitz)
bestimmt sind. Hirsch und Bär sind von einer Meute
herrlicher Rüden umzingelt, von ferne nahen die Jäger,
dort ein vornehmer Reiter mit seinem Begleiter, hier
MLnner, welche zu Fuß durch Berg und Gestrllpp hervor-
kommen. Deu Hintergrund bilden vom Nebcl noch um-
hüllte waldige Höhenzüge. Die Behandlung der Thier-
formen ist von derjenigen Virtuosität, die wir an
dem Künstler gewohnt sind, die Situation auf beiden
Tafeln durch die Korrespondenz der Momente auf eine
fast dramatische Höhe gehoben. Daß die Hinter-
gründe koloristiscb zu allgemein gehalten sind und gegen
die Figuren völlig erblassen, mag der nur an Ort und
Stelle zu beurtheilenden Wirkung der Dekorationen ange-
messen sein. — Das zweite Bild ist eine große Plafond-
darstellung für Schloß Wartenberg von Ernst Hilde-
brand. DerSchanplatz istnachdemHintergrunde zudurch
eine Ballustrade begränzt, über welche hinaus der Blick
ins Freie in das tiefe Blau eines süvlichen Himniels
fällt. Auf einer Ottomane liegt ein halbbekleidetes Weib,
eine orientalische Lais; zu ihren Häupten lehnt eine
braune Dienerin mit der Laute im Arm. An der andern
Seite steht ein reichgekleideter Mohr mit einem geösfneten
 
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