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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Ein Vergessener aus Nürnbergs Vorzeit: mit Illustrationen
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Franz Adam
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19

Franz Adam 1.

20

Mitte des 16. Jahrhunderts war Wöhrd Filialc von
St. Sebald) gedrungen, das Bild ihres Schutzpatrons
von berufenster Hand in edlem Metalle herstellen zu
lassen, und es wurden dazu neun Mark Silber ver-
wendet. Leider ist der Name des Meisters nicht fest-
zustellen, denn außer dem Zeichen der Stadt und des
Schauamtes Nürnberg ist kein weiteres vorhanden;
daß aber der Geist Albrecht Dürers und Peter Vischers
auch in ihni lebte, das zeigt der ganze Charakter der
bewundernswerten Arbeit.

Der von W. Biede in Nürnberg gefertigte Licht-
druck der reizenden Statuctte ist in der königl. Hof-,
Buch- und Kunsthandlung von I. L. Schrag daselbst
zu haben.

Franz Adain f.

München, 2. Oktober 1880.

Wü. Der Tod räumt im Jahre 1886 empfindlich
anf unter den Münchener Künstlern. Erst in kurzer
Neihenfolge Friedrich Boltz, nach ihm Karl v. Piloty und
jetzt soebeu Franz Adam. Er starb den 30. September
srüh gegen 1 Uhr nach langem, schwerem Leiden im
72. Jahre seines Lebens.

Jn Franz Adam verlieren wir eineu der hervvr-
ragendsten deutschen Schlachtenmalcr der Gegeuwart.
Er wurde am 4. Mai 1815 zu Mailand geboren.
Dort lebte damals sein Vater, der berühmte Pferde-
und Schlachteumaler Albrecht Adam, als Hofmaler
des Vizeköuigs von Jtalien, Eugen Beauharnais.
Der Vater s1786 zu Nördlingen geboren, 1862 in
MUnchen gestorbenj wurde des Verewigten erster Lehrer.

Der Schüler giug schon frühzeitig seine nicht wenig
abweichenden Wege. Franz machte mit seinem eben-
falls im Fache kriegerischer Darstellungen sehr ge-
schätzten Bruder Eugen ") seine ersten Praktischen Kunst-
studien im österreichisch-sardinischen Kriege 1849, uud
zwar im Gefolge des Feldmarschalls Grafen Radetzky.
Jm folgenden Jahre besuchte er zu dem gleichen
Zwecke Uugarn. Bald unterschied er sich von der
Weise seines Vaters durch eine ihm eigentümliche,
realistischere Auffassung, das Resultat eines sehr gründ-
lichen Naturstudiums. Zugleich bewies er eine her-
vorragende Begabung für die Darstellung von Land
und Leuten, Sitten und Gebräucheu in den österreichi-
schen Donauländern. Besonders zu dem Magyaren-
lande zog es ihn, wegcn der landschaftlichen Eigen-
tümlichkeit und der großen Mannigfaltigkeit in
ethnographischer Beziehung. — Gerade diese Dar-
stellungen sind es gewesen, wclche ihm in Österreich

ein so hohes Ansehcn verschafft habeu. Eiue bcsvnderc
Stärke war ihm daneben im Reiterporträt zu eigev-
Bon Schopsungen aus jener Zeit möchten wir als
bemcrkenswert besonders hervorheben: eiue „Schiff^
fähre", dann eine „Schafherde an der Theiß", da§
seiuerzeit vielbesprochene „Kroatenguartier in der Vistn
Mestre", (Eigentum dcs Kaisers Franz Josef), Reiter-
bilduisie des Feldmarschalls Fürsteu Wrcde (1843), de§
Kaisers und Radetzky's (Wieuer Arsenal 1859.).
der Krieg 1859 zwischeu Österreich und Sardinicü
ausgebrochen war, ging Adam nach Oberitalieu a»f
den Kriegsschauplatz und schloß sich dem österreichischeN
Hauptguartier an. Eine kurze Zeit hielt er sich dort
in der llmgebung des Feldniarschalls Radetzky ausi
erst zu Verona, dann zu Villafranca. Jnfolge voN
Hindernisieu, die man ihm dabei mehrfach in den Wrg
gelegt, kehrte er bald nach Deutschland zurück. Dir
in Jtalien gesammelten Skizzen sührte er in seiner
Heimat zu einer Anzahl von meisterhasten Dar-°
stellungen mannigfacher Scenen jenes erbitterten Kriege^
aus. — Aber uicht bloß das Kampfgefühl beschäftigtc
Adam, mit dcmselben Geschick bewegte er sich auf dcn
Gebictcn friedlichen Lebens. Mit besonderer Vorlicbc
stellte er die feurigen, noch ungebändigten Rosie der
Pußta dar, wie 'den ermatteten Soldatengaul. Bel
dem allem kommt ihm trefflich zu statten,. daß er a»f
scinen Schöpfungen stets die Landschast, wic dic
in ihr bcwcgendcn Mcnscheugestalten, in einc seinc
Licht- und Luftstimmung zu versetzen und in den
vollsten Einklang zu bringen versteht. Man rechncl
zu seinen vorzüglichsten Gemälden von Vorgängen a»f
dem Kriegsschauplatze: „Die Straße zwischen Solferinv
und Valeggio zur Zeit des heißen Kampfes in der
Schlacht vom 24. Juni 1859" (1867 gemalt), „Dcr'
Nückzug von den eisigen Gefilden Rußlands Endc
1812", „Gefecht österreichischer Ulanen mit sardinischcn
Dragonern im Feldzug 1859", (1868); aus dci»
deutsch-französischen Kricge Von1870 aber stammt eined
seiner allerersten Meisterwerke „Der Kampf um da§
Dorf Floiug iu der Schlacht von Sedan". Dicses Biid'
welches er ursprünglich für den Herzog von SachscN^
Meiningen zur Ausführung brachte (1874), hat sr'
später, in etwas veränderter Darstellung, für dü
Nationalgalerie in Berlin wiederholt. Jn meistc^
hafter Weise hat Adam den Moment des tollkühncv
Anstllrmens der französischen Reiterkohorten gegen d>c
deutschen Truppenmasien vorgeführt, und das Ungestün'^
und die lebhaften Bewegungen der hitzigen Franzosc^

mit ihrem im Anprall bald verrauchenden Feuer untc^

ausgezeichneter Charakteristik der Nationaliläten wiedc^
gegeben.— Ein späteres Bild aus diesem Kriege brach^
Adam 1879 in München zur Anschauung, erst in dcc'
permanenten Ausstellung des dortigen Kunstvcrcinc^

1) Vergl. Kunstchronik XV, Sp. 640.
 
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