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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Frizzoni, Gustavo: Die Ausstellung der Konkurrenzprojekte für die Fassade des Mailänder Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0283

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22. Zahrgang.

Nr. 35.

Aunstchronik

^886/87. f i y. Iuni.

Wochenschrift für Runst und Runstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Runstgerverbevereine

^erausgeber:

Larl v. kützow und Arthnr j)abft

wien Berlin, XV.

Lxpedition:

keipzig: L. A. Seemann, Gartenstr. ^5. Berlin: W. ks. Kühl, Iägerstr. 7Z.

Die Aunstchronik erscheint von Vktober bis Lnde guni wöchentiich, tm Iuli, August und September nur aller lH Tage und kostet in verbindnng
Nlit dem Runstgewerbeblatt halbjährlich 6 Mark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark.— gnserate, L 30 ssf. für die dreispaltige ssetitzeile,
nehmen außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein L vogler in Leipzig, wien, Berlin, München u. s. w. entgegen.

^ie Ausstellung der Aonkurrenzprojekte für die
Fassade des Mailänder Domes.

Man könnte sich kaum ein größeres, wichtigeres,
nber zugleich auch schwierigeres architektonisches Problem
denken als dasjenige, welches während deS Monats
Dtai der Überlegung des Publikums in den Aus-
ftellungsräumen des Brera-Palastes in ,den 126 ver-
schiedenen Projekten zur Mailänder Domfasiade vor-
gesührt war.

Jst einmal das freilich radikale Prinzip angenom-
wen, daß die Fasiade dem Stil der Kirche gemäß um-
geändert werden solle, statt daß sie ans historischen
dkiicksichten so wie sie einmal dasteht erhalten bleibe,
!o konnte mit der Freiheit, die den Teilnehmern an
^ein internationalen Konkurse gestattet wurde, gar vieles
und mannigfaltiges in Vorschlag gebracht werden. —
Angesichts der vorliegenden Pläne kann man aber das
ganze Material in zwei Hauptgruppen scheiden, nämlich
ln diejenigen, die von dem Standpunkt ausgehen, die
^estehende Fronte des Domes im wesentlichen beizu-
öehalten oder doch so wenig wie möglich zu modifi-
?iren, und in diejenigen, die es für unumgänglich nölig
orachtet haben, eine mehr oder weniger gründliche Um-
gestaltnng der Fassade zu bewerkstelligen. Es muß
dwhl zugegeben werden, daß sowohl die eine als auch
^ie andere Partei ihre triftigen Gründe vorbringen
Eann. Die Ersteren lassen sich Prinzipiell von dem
^edanken leiten, den Bau an und für sich in seinem
8anz eigentümlichen Charakter lokaler und fremder Her-
kunst erhalten zn wollen: die Letzteren richten ihr Ziel
hauptsächlich auf die Befriedigung des Bedürfnisses, für

die Gesamtlinie der Fassade eine bedeutendere Höhe zu
gewinnen, welche dem Gebäude ein dem gotischen Stil
bcsier entsprechendes Aussehen geben und es inmitten
der überwältigenden Massen der benachbarten, an die
kolossale Galleria Vittorio Emanuele sich anschließenden
Bauten zu kräftigerer Geltung bringen würde.

Unter solchen Umständen ist es begreiflich, daß
von dcn zahlreichen Konkurrenten das mannigfaltigste er-
dacht wurde, was man sich vorstellen kann, von dem Ent-
haltsamsten bis zum Allerkühnsten und Niedagewesene».
Ersteres Extrem ist vertreten durch den bescheidenen
Vorschlag, die tonstruktiven Teile der Fassade ganz
unvercindert beizubehalten und nur die verfehlten Thüren
und Fenster durch stilgemäßere zu ersetzen. Ja es giebt
sogar einen von durchaus romantisch-konservativen An-
sichten beseelten Bewerber, der mit dem Motto: Aoli
ins knnAsrs, allen strengeren architektonischen Anforde-
rungen zum Trotz, gar nichts von einer Ändernng
der genannten, allerdings in ihrer Art kunstreichen
Öffnungen wisien will. Ausnahmen macht er nur in
den zwei äußersten Abteilungen, denen er aufs Kühnste
zwei gotische Türme vorbaut, deren start vorspringende
Ecken er aber nach der inneren Seite mittelst eines
prunkvollen und höchst sein ansgearbeiteten eisernen
Gitters im Barockstil miteinander verbindet, wodurch
den unter seinen Schutz genommenen Thüren und
Fenstern gewissermaßen als Huldigung ein eigener
Vorhof geschaffen wird.

Findet dieser originelle Vorschlag keinen Neben-
buhler, so verhätt es sich anders mit einer Anzahl von
Bersuchen, eine einheitliche Gestaltung des Äußeren ohne
wesentlich neue Bauelemente zu erzielen. Mehrere
 
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