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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Brun, Carl: Die schweizerische Kunstausstellung von 1887
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Schneider, Friedrich: Die Fassadenmalerei am Rathause zu Freiburg i. B.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0367

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Die Fassadenmalerer am Raihause zu Freiburg i. B.

73«

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dadurch die Kunst plötzlich bei uus neuen Aufschwung
nimmt — sie ist keiue Treibhauspflauzc, die mau mit
künstlicheu Niitteln zum Blüheu bringt — so sind
wir doch überzeugt, daß bou dem Augenblickc au, ivo
wir über größere finanzielle Mittel verfügeu, eine
Reihe hochbedeutender schweizerischer Künstlcr, dic
sich nur zu lange von unseren Ausstellungeu fern
hislten, sich denselbeu wieder zuweudeu werdcu.

Larl Brun.

Die ^assadennralerei am Rathause zu
Freiburg i. B.

Die Gerüste vvr dem Rathause sind nunmchr be-
seitigt, und der Bau zeigt sich in neuem, vollem
Schmuck. Wie heiterer Sonnenschcin leuchtet das
stattliche Gebäude auf dem malerischen Platz: gcgcn
die ernste Masse der Kirche hebt es gesällig und zier-
reich sich ab; durch das Griiu der Bäume schimmert
der lichte Wandton mit dem bewegtcn Spiel der
Ornamentik und über den ganzen Platz wie in die
einmündenden Straßen trägt sich die schmuckreiche, sest-
liche Stimmung, welche von dem Rathause ausgeht.
Jn der kurzen Spanne Aeit von nicht zwei Monaten
war das Werk vollendet, dessen sich Stadt und BUrger-
schaft nunmehr erfreuen darf. Frciburg hat cines
seiner geschichtlich und baulich merkwürdigen Gcbäude
mit neuer Zier umgeben nnd hat sich damit ein Dcnk-
mal echten Bürgersinnes gesetzt: ein Vorgehen, dem
man recht häufige Nachahmung wünschen möchte.

Die kllnstlerische Ausgabe war nicht eben leicht,
sosern es sich darum handelte, zwei scharf gesondertc
Bauteile im Zusammenhang zu schmllckcn, ohne deren
Eigenart zu verwischen. Der schmale Giebelbau auf
der Ecke bot in sich mit der unregelmäßigen Fenster-
anlage Schwierigkeiten, wie an dem gedehnten Flügel-
bau die Geschoßteilung eigentlich recht unbesriedigcnd
ist. Einem wie dem andcren wurde in dcr Bcmalung
Rechnung getragen, und die Art der Lvsung vcrleiht
dem Ganzen hohen Reiz.

Die Gicbelsront ist durch breite Friese, die übcr
dem Rustica-Untergeschoß sich ungcbrochcu durch zwei
Stockwerke durchsctzen, sest zusammengehaltcn und be-
kommt dadurch eine straffe, schlanke Haltung. Die
statuarischen Bilder der Herzvge Konrad nnd Rudvlf
in ihren Harnischen lassen den Bau groß und mächtig
erscheincn; gleich wirksam ist das vvn Lvwcn bcwehrte
Stadtwappen gehalten. Allcs Beiwerk, wie Friese,
Konsolen, Baldachine u. s. w., ist im Sinne richtiger
Flächenverzieruug cntschiedcn malerisch, lose und offen
behandelt: ein großcr Vorzug vor so vielen, in ver-
kehrter Weise voll anftragend durchgeführten Be-
malungen. Das Bild der strghlenden Sonne zwischen

den Giebelfenstern leitet in geeigneter Weise zur großen
Uhr über. Der schön gezeichnete Reichsadler sügt
sich Prächtig in den geschwungenen Giebelschluß ein.

Bei dem Längenbau galt es, die Höhenwirkung
zu steigern, ohnc der baulichen Glicderung Gewalt
anzuthun. Die Lösung ergab sich in einer festlich
spielenden Dekoration, die im Sinne schlankcr Holz-
säulen gedacht, sich von der Fläche der Fensterbank bis
zu deni Zwischengesims erhebt nnd mit flachen Schnecken-
bogen und Gewinden die Gruppenfenster einschließt.
Farbig behandelte Wappenschilde geben das Zierstück
auf den überhöhten Mittelsenstern ab. Pilaster mit
zwischenliegenden Friesen unter den Fenstern heben diese
in der Wirkung herauf und breite Bandstreifen scheiden
das Stockwerk nach oben und unten ab.

Das Obergeschoß ist rein malerisch behandelt.
Rundbilder mit dcn Bildnissen der in der Geschichte
der Stadt und Universität hervorragenden Männer,
vvn Blütenzweigen und Spruchbändern lose umrankt,
süllen die Pfeilerwände. Eine Berdachung in Stich-
bogen schließt die einsachen Fenster und darüber zieht
sich ein Fries aus stchendem Blattwerk in der schlichten
gebogenen Kehlung.

Ebenso klar und bestimmt, wie die zeichnerische
Anordnung des Fassadenschmucks ist die Farbe be-
handelt. Erste Bedingung für die Wirkung ist das
Losgehen vom Grund, entschiedenes Vortrcten der
Farbe und einheitliche Zusammensühriing des Ganzen.
Daß m an hier keck und unbekümmcrt den kalten, weißen
Ton der Fläche zu Grunde gelegt hat, verleiht dem
ganzen Werk die frische, farbige und, sagen wir's,
schneidige Wirkung. Vergleicht man so manche pein-
lichc, aber trübe, unerfreuliche Ausführung, wie sie vst
mit guten Mitteln, und von sonst geschickten Händen
zuwege gebracht wird: kann man sich solch müder
Leistungen freuen? Greifen sie irgendwie ins Leben?
ziehen sie den Blick aus sich, und weckcn sie Lust zur
Nachahmung? Sicherlich uicht. Dic Frcude an der
Farbe ist etwas ganz Unmittelbares, was auch dcn
schlichtesten Mann crgreift. Jede kraftvolle Äußerung
in diesem Sinn ist eine Wohlthat, die man dem ganzen
Volk erzeigt. So ist denn auch die Malerei der
Rathaussront ein glücklichcr Wurf. Versalle man nicht
aus Bcmängelung von untcrgcordnctcn Dingen, sondern
freuc man sich dcs Erfolges im Ganzcn! Dic lenchtende
Farbe, die frvhliche Stimmung, der cchtc, kernige
Hauch, welcher das Ganze durchlvcht, geben den Aus-
schlag. Was Wind und Wetter trotzen soll, was auf
den rauhen Grund gemalt ist, darf nicht beurteilt
werden wie ein duftig behandeltes Ölbild; heitere,
festliche Wirkung ist hier das erstc Erfordernis. Jst
dem Genüge geschehen, sy darf man vollauf be-
sriedigt sein,
 
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