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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Köhler, Reinhold: Erklärung zweier Bilder Bartolomeo Montagna's
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0335

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Nekrologe. — Ausgrabungen und Funde. — Konkurrenzen. — Preisverteilungen.

666

einem Cassone in der Sammlung Campana, Nr. 168,
in vier Scenen dargestellt.

Das andere Bild Montagna's findet seine Er-
klärung in solgender, uns von dem Kirchenvater
Hieronymus im ersten Buche seiner berühmten Schrift
gegen den Jovinianus erzählten Anekdote:

Onsttins s— I)u.i1iu8s, gui xrimus Romns uavs.1t
csrtsiuius triumplisvit, Lilisiu viiAiusm äuxit in
uxorsm, tsutss puäioitiss, ut iltv guoc^us sssouto
xro exsmpto tusrit, i^uo iwxuäioitis moustrum srst,
nou vitium. Is, gsm ssusx st trsmsuti oorpors, iu
guoäsm gurgio suäivit sxprobrsri sibi os tostiäum,
st tristis 86 äoiuum oontutit, guumc^us uxori gusstus
S88st, eznsrs uumgusm so mouuissst, ut Iiuio vitio
msäsrstur, ^soisssm', iu<iuit ills, ,m8i putssssm,
omuidus viris sio os olsrs.'

Das Bild soll also darstellen, wie Bilia, von
ihrem Mann zur Rede gesetzt, ihm die beigeschriebenen
Worte erwidert. Wie man bemerkt haben wird, weichen
diese Worte von denen bei Hieronymus insofern ab,
als des letzteren chsoisssm' in,äixisssm tibll verändert
ist und ,sio' fehlt — für den Sinn gleichgültige und
wohl unbewußte, aus ungenauer Erinnerung entstan-
dene Abweichungen.

Kinkel a. a. O. weist außer der Tuccia noch die
Lucretia nnd die Virginia als auf italienischen Braut-
kissen dargestellte römische Muster der Keuschheit nach;
ihnen reiht sich nun auch die Bilia an.

Nekrologe.

Der bclgische Maler Nicaise dc Keyser ist am 17. Juli
in Antwerpen gestorben. Er wurde 1813 geboren. Einer der
hervorragendsten belgischen Geschichtsmaler, hat er auch in
jener Zert. in welcher Antwerpen mehr als heute von deut-
schen Akademikern besucht wurde, einen Einfluß auf die Ent-
wickelung der deutschen Kunst geübt. Für die belgische
Kunstgeschichte im besonderen war seine Wirksamkeit von
größter Bedeutung. Gleich Gallait war er einer der Fahnen-
träger des modernen Kolorismus, welcher außer von Haris
aus insbesondere auch von Antwerpen seinen Siegeslauf
durch die gesamte Kunstwelt nahm. Von seinen zahlreichen
Werken seien außer der Ausschmückung des Treppenhauses
iin Antwsrpener Museum noch eine Darstellung der Schlacht
bei Worringen (Museum zu Brüssel), die Schlacht der gol-
denen Sporen, die Schlacht von Nieuport und das Tresfen
von Seneffe, sowie die durch den Stich vielverbreiteten Bil-
der „Van Dyck nimmt Abschied von Nubens", „Die Schule
Raffaels" und „Der Hof Lorenzo's von Medici" genannt.
De Keyser schuf auch viele Bildnisse fürstlicher Persönlich-

1) So viel mir bekannt, ist Hieronymus der einzige der
uns erhaltenen alten Schriftsteller, der die Geschichte erzählt.
Aus ihm haben alle mittelalterlichen Schriftstsller, bei denen
die Geschichte sich auch findet, sie unmittelbar oder mittelbar
entlehnt. Es ist hier nicht der Ort darauf näher einzugehen,
doch sei wenigstens auf die siebente der neuerdings von
A DÄncona herausgegebenen blovells insäits äi Siovsnni
Lerosmbi, sbirsn^s >886, und auf meine Anmerkung dazu
S. 70) hingewiesen.

keiten und war u. a. Jnhaber des preußischsn Ordens xour
Is msrits. Das heutige Urteil über seine Bilder ist kein un-
bedingt günstiges. Großer Aufwand in äußern Mitteln,
ohne Vertiefung des Jnhalts, farbenreiches, aber glattes,
zuweilen süßliches Kolorit, das sind die Vorwürfe, die nicht
unberechtigt sind, aber der geschichtlichen Bedeutung des
Meisters keinen Eintrag thun können. Die „Köln. Ztg".
der wir diese Notizen entnehmen, hebt hervor, daß de Keyser
der Sohn eines wohlhabenden Landwirts war, der seine
Anlagen zu würdigen verstand und ihn im zartesten Alter
in die Kunstlehre gab. Schon im 15. Jahre war der junge
Maler imstande, für seinen Unterhalt zu sorgen, und im
18. Jahre schenkte er einem verarmten Verwandten ein Gut.
Die allgemein verbreitete, auch in kunstgeschichtlichen Werken
findbare Annahme, daß de Keyser durch einen reichen Gönner
dem Hirtenstande entzogen wurde, ist salsch. De Keyser war
24 Jahre lang Direktor der Antwerpener Kunstakademie und
hat zahlreichs Schüler gebildet, u. a. Verlat, seinen Nach-
folger. Der Antwerpener Magistrat machte der Bevölkerung
seinen Tod durch eins amtliche Anzeige bskannt, und das
Leichenbegängnis fand unter einer so allgemeinen Teilnahme
statt, wie sie seit der Bestattung von H. Leys nicht beobachtet
worden ist.

2*2 Der französische Kunstschriststeller Charles Clsmcnt
ist am 4. Juli zu Paris im Alter von 70 Jahren gestorben.
Unter seinen zahlreichen Schriften sind dis Monographien
über Gleyre, Prud'hon, Gsricault, L. Robert und Decamps
hervorzuheben. Sein Werk über „Michelangelo, Leonardo da
Vinci und Raffael" ist auch ins Deutsche übertragen worden.

Der englische Landschasts- und Marincmaler John
Wright Oakes ist am 10. Juli, 65 Jahre alt, in London
gestorben.

Ausgrabungen und Funde.

8n. Ncnc Grabfundc in Sacrau. Jn der durch den
wichtigsn Altertümerfund im vorigen Jahre bekannt gewor-
denen Sandgrube zu Sacrau (Kreis Oels) ist man absrmals
auf ein Steingrab gestoßen, in dem sich u. a. goldene Spangen,
eine mit einem großen Karneol, zwei Gürtelschlösser mit
Karneolen und ein Bronzekessel vorfanden. Ein zweites
und drittes Grab enthielten u. a. einen reichen Schmuck,
ähnlich dem früher gefundenen, schwere Hals- und Arm-
spanqen von geschmiedetem Gold, eine große goldene Fibula
von 'schöner Ärbeit, Fingerringe, Ohrringe, eine römische
Goldmünze mit der Umschrift: Imp. Olsnäins ^NK., eine ganz
erhaltene Millefiorischale, ein silbernes Messer u. s. w. Man
hofft noch auf weitere Ergebnisse bei fortgesetzter Nachgrabung.

Aonkurrenzen.

X.— Aus Düffcldorf. Der vor einigen Jahren statt-
gehabte Wettbewerb um die Ausmalung des Treppenhauses
dcr Kunsthalle blieb damals bekanntlich unentschieden. Es
wurde von der Kommission beschlossen, zwei der Mitbewerber,
Karl Gehrts und Ernst Röber, deren Entwürfe als die
geeignetsten für die Ausmalung des Treppenhauses erschienen,
in engere Konkurrenz treten zu lassen. Von den genannten
Künstlern wurden die neuen, beziehungsweise veränderten
Enwürfe inzwischen eingereicht unk die Spezialkommission
entschied sich für den Entwurf von Karl Gehrts. Die Ent-
scheidung bedarf noch der Zustimmung des Kultusministers.

2*2 Bci einer Konkurrenz um ein Denkmal des Kom-
ponisten Abt für Wiesbaden ist von den Preisrichtern ein
Entwurf des Bildhauers Schieß in Wiesbaden zur Aus-
führung empfohlen worden.

jDreisverteilungen.

* Dic Preisvertcilung auf der Wettbcwcrbuiigsausstelluiig
deutschcr Kunstschmiedcarbeitcn zu Karlsruhe hat sich folgender-
maßen gestaltet. Erster Preis 400 Mk.: Paul Markus,
Berlin, sür Gesamtleistung unter Berücksichtigung der be-
wiesenen Tüchtigkeit und Vielseitigkeit in der Behandlung
> des Materials. Zweiter Preis 300 Mk.: Franz Brechen-
 
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