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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Die "Allotria" in München
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Levin, Th.: Die Ausstellung von Bildern älterer Meister zu Düsseldorf, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0260

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Die Ausstellung von Bildern älterer Meister zu Düsseldors.

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Beratung hier vorbereitet; denn in allem, was seit
zehn Jahren auf dem Gebiete der Knnst in Miinchen
geschaffen wurde, standen stets die Biirger der Allotria
in erster Linie. Aber auch gar viele frohe Feste wurden
hier gefeiert, nnd die Stätte schien bestimmt derStamm-
sitz vieler Kiinstlergenerationen zu werdcn.

Dvch svlche Allotria halbländlicher mittelalterlicher
Stadtmaueridyllen konnte die vornehm gewordene Mo-
nachia in ihrem Kostiim neuesten Schnittes nicht mehr
dulden. Der Bau der neuen Synagoge, die sich seit
kurzem neben der Herzoa-Marbura erhebt, brachte der
Allotria das Ende.

Ganz klanglos wurde jedoch die alte Herrlichkcit
nicht zu Grabe getragen, sondern die Gesellschaft ver-
anlaßte ihre Mitglieder, Skizzen und Bilder beizu-
steuern, um zum Abschied ihre bisherige Heimstätte noch
einmal festlich zu schmiickeu und den Ertrag der Aus-
stellung zum Besten des Kiinstlerhansbaues zu ver-
Werten. Noch einmal bekam die originelle Halle ein
schimmerndes Brautgewand angelegt; eine kleine, aber
erlesene Sammlnng von Gemälden, Zeichnungen und
Skulpturen wurde darin ausgestellt, die vvn neuem
erkennen ließ, welch eine Fülle kiinstlerischer Kraft in
der Gesellschaft Allotria vereinigt ist. Gleich in der
Eingangshalle fesselten mehrere gelungenc Gobelin-
JmitationenvonHolmberg, Keller,NäuberundAug.
Geiger den Blick. Unter den Bildern erregte eine
farbenprangende Anbetung des Christkindes Aussehen,
welche der treffliche Stilllebenmaler P. A. Kunz in
der sinnigen Auffassungsweise eines alten kölnischen
Meisters entworfen hatte. Lenbach war durch das
geistvolle Kostiimporträt eines Frankfurter Herrn und
durch eine humoristische Flucht nach Ägypten, Pigl-
heiu durch eine Pierettc nnd eincn Amor, Claus
Meyer durch einen in prächtigem Helldunkel gehaltenen
holländischcn Zecher, Defregger und Gabl durch
interessante ländliche Studienköpfe, Ernst Zimnier-
mann durch einen farbenpikanten altdeutschen Trinker,
Näuber durch eine Manenpatrouille, Ziigel dnrch
mehrere fein dnrchgesiihrte Tiergruppen vertreten; diesen
Genrebildern standen treffliche Landschaften von Stäb li,
Striitzel, Rasch und Wopfner zur Seite. Unter
den Aguarellen ragten zwci außerordentlich anziehend
gemalte Damenbildnissc von F. A. Kanlbach und
cine technisch meisterhafte Meereskiiste von Hans Bar-
tcls hervor. Dazu knm dann noch eine Fülle von
Zeichnungcn, unter denen sich wahre Kabinetsstücke
befanden. Der originell-hnmoristischen „Sonntags-
ruhe" von Rudolf Seitz schlvssen sich geistvolle Ko-
stümstudien von Löfftz und Schlittgen, treffliche
Landschaften von Buttersack, Wenglein nnd Keller-
Reutlingen an, während der frühverstorbcne Mich.
Wagmüller durchdenschönen Entwurf zum Ncreiden-

brunnen in Linderhof vertreten war. Oberländer,
der liebenswiirdige Humorist der „Fliegenden Blättcr",
hatte eine Karikatur „Der Kunststrik" geliefert, worin
er einen hervorragenden Münchener Maler darstcllte,
wie er von Kunsthändlern und Kunstmäcenen unter
Thränen gebeten wird, sein Talent weiter leuchten zu
lassen, während er obstinat mit verschränkten Armen
vor der leeren Leinwand steht. Aber auch bissigere
Karikaturen fehltcn nicht, so zwci „geistreich" mit
Farbe überstrichene Photographien Bismarcks und des
Papstes, dnrch die Aufschrift „Preis 20000 Mark" als
Werke Lenbachs gekennzcichnet. Die Bedeutung der
Ausstellung endlich wurde von Rümann dnrch eine
mit dem Hnmpen in der Hand wehmütig dasitzende
Frauengestatt verewigt: die nm ihr altes Heim trauernde
Allotria. Und in der That ist der Untergang dieses
phantastischcn Kunsttempels sehr zu bedauern. Denn
mag auch die Allotria bald wicder cine reichere und
prächtigere Heimstätte finden — cin künstlerisch feiner
gedachter und dekorirter Raum wird wohl kaum irgend-
wo wiedcr erstchen, nicht einmal in dem zukünftigen
Künstlerhause, wenn eS einmal in fernen Tagcn voll-
endet ist.

Die Ausstellung von Bildern älterer Aleister
zu Düsseldorf.

(Schluß.)

Jch crwähne noch cin treffliches Bild von A.
Both mit italienischer Bauernfamilie (I. Fischer),
cinen Alchymisten von I. Berck-Heijde (I. Th.
Schall), der zu den seinsten Bildern der Ausstellung
zählte, zugleich als Jnterieur eine Seltenheit, zwei
Pieter de Vloot (F. Jttenbach nnd C. Pagenstecher),
wovon dcr erstere nach W. Dahls begründet erscheinen-
der Ansicht auch ein Droochsloot scin kvnntc. Dieser
Meister war durch zwei seiner seltenen Winterland-
schaften mit reicher Staffage, — beide vom Jahre
1622 — vertreten (Or. Sels und R. Pflaum).

Die Gesellschaftsmaler gaben Nechenschaft von dein
Stande der neueren Forschung. Bei allem Fortschritt
doch noch viel Zweifel. Jn vorderster Reihe mußtc
eine Wachtstube von G. Ter Borch (W. Dahl)
intercssiren, die zuerst von A. Bredius als frühes Werk
des Meisters erkannt worden ist. Für ein zweites
interessantes Bild, ein Gesellschaftsstück mit größercn
Figuren, welches der Besitzer (Or. Hölscher) ats Ter
Borch erworben hat, konnte ein Anklang sindcnder
Name nicht genannt werden. Eine ganz ausgezeichncte
Repräsentation hatte der Meister in cineni Porträt aus
dcm Besitze von A. Achcnbach gcfunden. Ein soge-
nannter Pieter Cvdde (St. C. Michel), zcigt nach
 
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