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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Eduard von Steinle
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Heydemann, Heinrich: Zu Carstens' plastischer Parze
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0072

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Zu Carstons' plastischer Parze.

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stitut, in welcher Slellung er bis an sein Ende wirkte.
Ungemein mannigfaltig ist der Kreis seiner Produktion;
Fresken und Wandgemälde, Kartons, Ölbilder, Agua-
relle, Zeichnungen jeder Art, entrollen das.Bild einer un-
ermüdlichen Schaffenskraft. Allein wir verzichten darauf,
unsere vorläufigen Bemerkungen mit einer trockenen
Aufzählung auch nur der hervorragendsten Werke
zu beschließen — sie würde ungehörig in die Länge
wachsen und dem Leser nichts nützen. k. (4.

Singmde Parze von I. A. Carstens.

Zu Larstens' plastischer j)arze.

Zu der Statuette der Atropos, deni einzigen plasti-
schen Stück, das uns von Asmus Carstens erholten
geblieben, liefert das siebente Goethejahrbuch S. 202
einen Beitrag, auf den ich um so mehr glaube auf-
merksam machen zu müssen, als er leicht übersehen
werden kaun. Es werden dadurch Einzclheiten, welche
H. Niegel in seiner verdienstlichen Ausgabe der Fernow-
schen Carstens-Biographie bei Oelegenheit diescs Atro-
Pos-Modelles vermutungsweise geäußert (S. 368),
nicht unwesentlich berichtigt und der Thatbestand auf
das Wünschenswerteste sicher und klar gestellt.

Der Bildhauer Friedrich Tieck schreibt in einein
jetzt datumlosen, aber sicher im Spätsomnier des Jahres
1825 geschriebenen Briefe an Goethe außer anderew
folgendes: „Ew. Excellenz haben vor einiger Zcit
durch Herrn Kausmann^) eine kleine Figur erhalten,
eiue Parze darstelleud ^). Es war dieselbe vou Carstcus
in Rom mvdellirt, nach der Natur, als Stndic zn
einer Parzengruppe §) und war meinem Freunde, dein
Maler Schick^), nach Fernows Abreistb) aus Rom
verblieben, von welchcm sie späterhin Rauch') erhielt
und auf mein Bitten nach Berlin kommen ließ. Es
war dieselbe noch aus ungebranntcm Thon und hier
und da beschädigt, und da er nicht den Thon gehörig
zu behandeln verstand, sehr leicht ganz zu zerstören.
Um denselben den Augen angenehm zu machen, ersetzte
ich die fehlcnden Stücke, dcn linken Arm, die Hälfte
des rechten, die Nase und andere Beschädigungeu und
gab ihr die Jnschrist^) und ließ solche formen^). Die
Figur hat viel Beifall erhalten und das Andenkcn
Carstcns' wieder erneuert, so daß wir auf der Aka-
deniie auch jene drei Stücke, welche wir von ihm be-
sitzen'O), wieder haben hervorsucheu lastcn und als
Zierde in unserem Konferenzzimmer aufhängen. Leider
daß von dem jungen Künstlerpersonale diese Werke so
j weuig beachtet werden."

Wo dieses von Tieck ergänzte Thomnodell hin-
gekommen ist, ob es Uberhaupt noch existirt, vermag

1) Der Maler Ferd. Hopfgarten, von dessen akademischein
Preis und vor kurzem vollendetem achtzehnten Lebensjahre
in dem Briefe des weiteren berichtet wird, hatte am 17. März
1825 sein achtzehntes Lebensjahr vollendet und gewann jenen
Preis am Geburtstag des Königs, am Z. August desselben
Jahres; vgl. dazu Rosenberg Berl. Malerschule S. 31.

2) Sicherlich der großherzoglich-sächsische Hofbildhauer
Joh. Peter Kauffmann, der 1817—1820 in Weimar lebte und
thätig war.

3) Noch im Goethehause vorhanden: vgl. Schuchardt,
Goethe's Kunstsammlungen II, S. 338, Nr. 132.

4) Vgl. dazu Riegel Carstens, S. 367 f.

5) Jn dem Besitz von Schick, welcher 1802 bis 1811 in
i Rom lebte, sah dies Modell 1805 Rumohr (Drei Reisen,
j S. 116).

6) Erfolgte Ansang August 1803: vgl. Joh. Schopsnhauer
! Fernows Leben S. 305.

7) Rauch war bis dahin dreimal in Rom gewesen:
^ 1805 bis 1811 (Eggers I, S. 72 ff.), dann 1813 auf 1814

(S. 123 ff.) und endlich 1816 bis 1. Juli 1818 (S. 172 ff.)-

8) 2VSINU8 Earslsus kev. Homg.6 1795.

9) Einer dieser Abgüsse kam auch in den Besitz der be-
kannten Frau von Heygendorf-Jagemann und später — in ver-
stümmeltem Zustande, d. h. ohne die ergänzten Arme und
an der Jnschrift beschädigt — an Schuchardt; jetzt im Mu-

> seum zu Weimar, Nr. 44: vergl. Riegel und Schuchardt
a. a. O.

10) Jn Wirklichkeit besaß damals und besitzt heute die
Berliner Akademie „fünf" Werke von Carstens' Hand: vgl.
Riegel, S. 362; 366 und 370.
 
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