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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Franz Adam
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Korrespondenz aus Halle.

22

in der internntionalen Kunstausslellung im hiesi-
Glaspalast, „Das I. bayer. Armeekorps bei der
^unahme von Orlsans am 10. Oktober 1870". —
tt"z besonders auszeichnende Erwähnung verdient
^^ch eine seiner spätesten Arbeiten „Gefangenentransport
^ach der Schlacht von Sedan" H1880 gemalt), ein
cisterstück in der typischcn Darstellung der beiden
^^'psenden Nationen.

Rorrespondenz.

Halle a/S., 10. Oktobsr 1886.

Die Stadt Halle darf den 9. Oktvber 1886, den
i/chö- an welchem gestern die Eroffnung des neuen
^ ^dttheaters feierlich vollzogen wnrde, mit goldenen
, "chstaben in ihr Geschichtsbnch eintragen; denn nur
Stimme konnte man horen: siehe da, es war alles
Und das war nicht iibertrieben: denn die Stadt
^ sich rühmen, eines dcr schönstcn Theatergebäude
^ liesitzen, dem selbst wenigc große Residenzstädte
^ lvas ähnliches an die Seite zu stellen haben. Und
es dort sürstliche Freigebigkeit ist, welche das
s" ^uter erbaute, und der Glanz des Hofes, der es er-
^^erte, sx, jst es hier Bürgerkrast und Bürgersinn,
den Ncubau schuf, nicht bloß dem „Vergnügen der
^Unwohner", wie die Jnschrist am kvnigl. Theater zu
u sdan, sagt, sondern man will in dicsem Bau zu-
ll Uch xchb Bildungsstätte schaffen, eine Pflanzstätte von
^ ^schniack nnd Gesittung. Und wenn eine Stadt,
o>cn Name als Schulstadt stets einen guten Klang
w außerhalb der Grcnzen des engeren Vaterlandes
^Ottbt, deren Maucrn eine altehrwürdige Universität
^chcn, aus eigenen Mitteln auch dcn darstellcnden

Bildu,

eine glänzende Heimat ber^eitet und 'den alten

u»d "?^^ütten eine neue hinzugefügt, so soll das laut
ttffen anerkannt werdcn. Eine Stadt, welche ihre
^ c sv hpch pwckt, welche bei den großen Anfordcrungen,
^ "uscre Zoit stellt, über dem Notwendigen auch das
^ ^öne nicht vergißt, darf man mit Stolz seine Heimat
^cst"ü",' cin solchcs Gcmeinwesen ist es nicht schlccht

^ Halle hat mit der ewigen Stadt gemeinsam, daß
t^... ""i sieben HUgeln erbaut ist. Einen dcrselben
Pew^ 2ahrhunderten eine kleine Kapelle des heil.
lms ttingeben Vvn einem längst geschlossencn Fried-
I s Daneben hatte in dcn dreißiger Jahrcn dieses
b^?ch"ttderts eine Aktiengesellschaft ein Theatcr er-
ttaiu' Aussehcn ihm den nicht nnpassenden Bei-
bx^^tt der „Hundehütte" vder der „Kunstscheune" ein-
siir- -3^ klein und unbedeutend, gleich gefährlich

^avv "nd Zuschauer — da es nur aus Holz und
c öcstand — war eine Aendernng hier seit Jahren

dringendes Erfordernis. Mehrfachc Versuche, zu einem
Umban oder Neubau zu gelangen, blieben erfolglos,
bis die hohe Obrigkeit eines schönen Tages die Bude
aus „fenerpolizeilichen Gründen" zuschloß. Jetzt nahm
die Stadt die Sache in dis Hand, griff zur üblichen
Konkurrenz — einer weitercn und dann engeren —
nnd lorbeergekrönt ging Heinrich Seeling in Berlin
aus dieser hervor*), dem auch die Leitung des Baues
übertragen wurde. Das neue Haus sollte die sehr
gllnstig gelegene Stelle des alten einnehmen; nur
wurde um Raum zu gewinnen der alte Petrikirchhof
hinzugcnommen: der Apostelfürst niußte hier den heid-
nischen Musen weichen! Heute nach sast dreijähriger
Arbeit krönt der neue stolze Theaterbau den Hügel und
beherrscht — fast von allen Seiten gesehen — die
Stadt.

Vor allem war es die überaus klare nnd ver-
ständige Disposition des Grundrisses, welche Seeling
den ersten Preis verschafft hatte: gerade die Schwierig-
keiten des Terrains — die Höhendifferenz der beiden
Straßen, in deren spitzwinkligem Treffpnnkt das Theater
liegt, beträgt 5 Meter! — boten ihm cinige sehr glück-
liche Lösungen in der Anlage des Ganzen. Der felsige
Grund des Platzes und die erwähnte Höhendifferenz
machten es nöthig, das Parguet anf das höhere Niveau,
die Hauptfassade und den Haupteingang nach Süden
zu legen, an der Westseite eine große Freitreppe und
einen Terrassenbau zur Verbindung mit den höher ge-
legenen Theilen anzubringen. West- undOstfrvnt blieben
zur Ausnutzung für die Ausgangs-Vestibllle. Damit war
die Zlnlage der Eingangshalle unter Parguethöhe, die
Anordnung des Foyers — über der Eingangshalle —
in halber Höhe zwischcn Parguet und erstem Rang
ermöglicht — zwei überaus glückliche Lösungen. Rings
um das Parguet und die Logen und Sitze der bciden
Ränge laufen sehr breite Korridore, jeder Rang ist
durch besondere Treppcn zugänglich und hat besondcre
Ansgänge. Kesselhaus und Maschine liegeu größten-
theils außerhalb der eigentlichen Theaterräume; dic
Bühneneinrichtung ist nach dem System der Asphaleia-
Gesellschaft in Wien eingerichtet — durchgängig Eisen;
alle Maschinerien werden mittels hydraulischer Krast
bewegt; die Beleuchtung, auch die Nothbeleuchtung, ge-
schieht durch elektrisches Licht.

Die künstlerische Ausgestaltung des Hauses, die
durchaus Seeling verdankt wird, ist im Äußern maß-
voll und vornehm; im Jnnern harmonisch rcich, ohne
überladen zu sein. Die auch im einzelnen glänzende
Ausstnttung wäre in solchem Umfang nicht möglich

*) Die prämiirten Entwürfe sind als Heft XX der
Saminelmappe, hervorragends Konkurrenz-Entwürfe (Stadt-
Theater zu Halle a/S.) in 40 Blatt bei Ernst Wasmuth
in Berlin erschisnen.
 
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