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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Vom Christmarkt
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Laschitzer, Simon: Die erste Publikation der "Internationalen chalkographischen Gesellschaft" (1886), [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0053

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Die erste Publikation der „Jnternationalen chalkographischen Gesellschaft" (1886).

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^ochselnng der Stimmung und größere Verliefung des
^ttttel- und Hintergrundes zu, wie die Blätter
"^hristus und die Kinder", „Christi Bersuchung" —
^ielleicht dasam sorgfältigsten durchgeführte—, „Christus
Tempel" und „Christus am Ölberg", — in dem
^>ns jedoch die Haltung des Engels befremdet, — be-
^ngen. Daß einzelne Bilder nicht ganz frei von ver-
^nßten Stellen sind, daß namentlich in dem letztge-
nannten Bilde der verriebene und überzeichnete Heiligen-
nhein dem Auge störend auffällt, ist wohl weniger auf
'N^chnung der Originale als auf die der Phvtographie
^n setzen, die hier einen Fehler ihrer Tugenden zeigt,
^Nbein sie ans Tageslicht fördert, was sonst das mensch-
*che Auge unberührt läßt.

Die reiche Goldpressung der von G. Weidenbach
^tworfencn Zeichnung der Einbanddecke ist, wie über-
)nupt die ganzeAusstattung des Werkes, eine dem Gegen-
nnd geschmackvoll angepaßte und würdige.

Noch in einem zweiten Werke erfreut uns der ge-
itterte Zxjchner durch seine Knnst: durch seine Jllu-
llvationen zu A. v. Chamisso's „Lebensbildern
»nd -Liedern" >), dem Gegenstücke zu des Dichters
"8rauenliebe und -Leben", mit dessen Jllustrirung der
unstler bereits vor sechs Jahren einen durchschlagen-
en Erfolg erzielt hatte. Von beiden Werken hat die
Erlagshandlung jetzt eine Oktavausgabe veranstaltet,
nicht nur der leichteren Erwerbung und Ver-
^tttung, sondern auch der Wirkung der Bilder selbst
gute gekommen ist; in dem kleineren Formate har-
^Uoriiren die gemütvollen Zeichnungen weit besser mit
tief empfundenen Stimmung der Dichtung als in
größeren Quartformate, wo breit getuschte Flächen,
^ dor allem bei der Betrachtnng aus zu großer Nähe,
^U der die Buchform sast stets verleitet, — gar leicht
^utönig und erkältend wirken. Die dem deutschen
vlks- und Familienleben entnommenen Bilder selbst
>ud bereits so bekannt, daß sie einer weiteren Be-
"rechung süglich entbehren können. Oder wer er-
^Uerte sich nicht der Herz und Auge innig erfreuenden
zu „Mutter, Mutter! unsere Schwalben", zu
^ ttn Bater hält dich im Arm" und zu „Sei stark,
^ weine Männin", welches letztere schon allein den
Unstler bewogen haben müßte, seine anmutigen Ge-
Pten mil der anheimelnden Tracht aus dem Anfange
wses Jahrhunderts zu umkleiden? Noch sei bemerkt,
/w auch der sonstige, in Holzschnitt ausgeführte
chwuck, die ornamentalen Unrahmungen und die schild-
iultenden Putti in die neue Ausgabe mit herüber-
^Nonimen wurden.

Die Thumannsche Knnst bemerken wir noch mehrere
ule in den Prachtwerken des heurigen Weihnachts-

t) Lelpzig, Titze. Eleg. geb. Mk. 7,50.

der

niarktes. Auf dem kartonuirten Umschlag der Ber-
liner bunten Mappe (kart. Mk. 10.—) begegnet
uns ein blumenstreuendes Mädchen, welches den wohl-
bekannten Thpus zeigt und sich von einem kreisrunden
Goldfleck abhebt, der wie ein riesiger auf die Seite
gerutschter Heiligenschein aussieht. Dieser kecke Gold-
klumpen, wenn wir nicht irren, ein Erzeugnis Pigl-
heinscher Bizarrerie, ließ der kokerten Puppe auf der
letzten Münchener bunten Mappe nicht llbel; mit
dem Thumannschen sanflniütigen, stereothpen Frauen-
gesicht will er aber nicht zusammenpassen. Doch „das
ist ja nur äußerlich" — einer Mappe verzeiht man
zufällige Goldslecke uoch am liebsten, und dann erst
recht, wenn sie trcfflichen Jnhalt birgt, wie diese. Die
zahlreichen Originalbeiträge, mit denen die Kllnstler
der Kaiserstadt das Werk geziert haben, verdienen
großenteils uneingeschränktes Lob: im allgemeinen sind
es für die Mitarbeiter höchst charakteristische Er-
scheinungen. Da finden wir Adolf Menzels eindring-
lichen Blick (japanische Stickkünstler) und Ludwig
Knaus' humoristische Feinfühligkeit neben Paul Thu-
manns, Karl Gussows und Karl Beckers holdem Lieb-
reiz in der Darstellung jugendlicher Weiblichkeit, dann
Georg Brandts kapriziösen Grifsel neben Julius Ehren-
trauts an Teniers gemahnender Art und Emil Döplers
d. I. feinsinnigem Kostümgenre. Aber auch die Ver-
treter einer ernsteren Auffassung finden in Plockhorsts,
in Gcntz' und Eberleins Beiträgen wertvolle Beigaben,
denen nicht minder interessante Blätter von der Hand
Brachts, Skarbina's, Woldemar Friedrichs und vieler
anderer folgen. Jn textlicher Hinsicht sei wenigstens
auf die Beigaben von Fontane, Rud. Lindau, H. Hopfen,
Rich. Voß, Jul. Stinde, Fr. Spielhagen kurz hin-
gewiesen.

Die erste publikation der „s)nternationalen chalko-
graphischcn Gesellschaft" (s886).

Das glückliche Zustandekommen der internationalen
chalkographischen Gesellschaft müssen wir im Jnteresse
der Wissenschaft mit rückhaltloser Freude begrüßen,
denn wir hoffen und erwarten durch sie eine wesent-
liche Förderung der Geschichte des Kupferstiches. Der
Gedanke, welcher zur Grllndung der Gesellschaft fllhrtc,
ist ein durchaus gesunder und lobenswerter, und muß
sich, in richtiger Weise ausgeführt, auch als lebens-
kräftig erweisen. Vor Erfindung der verschiedenen me-
chanischen photochemigraphischen Vervielfältigungsarten
war ein derartiges Unternehmen unmöglich, weil die
Mittel der Facsimilereproduktion der Originale — und
nur um solche kann es sich handeln, sollen sie von
wissenschaftlichem Werte sein — unzureichend waren.
 
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