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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Nekrologe. — Ausgrabungen und Funde.

Nekrologe.

Der Architekt Philipp Baum starb am 3. November im
Hause seiner Eltern zu Sauer-Schwabenheim. Auf der poly-
technischen Schule zu Darmstadt vorgebildet, verfolgte er zu
Stuttgart und Wien seine Studien mit glücklichstem Erfolg.
Neben seinen praktischen Zielen war er mit Neigung früh
schon in kunstwissenschaftlicher Richtung thätig und bewährte
u. a. seine Befähigung auf diesem Gebiete durch eine vor-
zügliche Publikation des durch Anlage und malerische Aus-
stattung berühmten Schlosses Stern bei Prag (Leipzig, See-
mann). Seit seiner Niederlaffung in Mainz beschäftigten
ihn in erster Linie kunstgewerblichs Arbeiten, wozu ihm ssine
Beziehungen zu der Grotzindustris von Villeroy und Boch in
Mettlach dauernd Gelegenheit boten Eine Rsihe fein
empfundener und geschmackvollerLeistungen entstanden daraus;
namentlich waren Entwürfe unter Benutzung antik-römischer
Vorbilder für Mosaikböden mit entschiedenem Glück von ihm
bearbeitet worden. Das Bedeutendste in dieser Richtung
war jedoch der im Sinne eines reichen Barocco kompouirte
Boden für die riesige Stiftskirche zu Einsiedeln in der
Schweiz, ein Werk, das an Größe und Eigenart in der ganzen
ueueren Kunstindustrie seines gleichen nicht hat. Studisn-
reisen nach Jtalisn, sowie nach Belgien, Holland und Eng-
land förderten ebensowohl Baums künstlerische Durchbildung,
wis sie ihm Gelegenheit boten, eine Fülle der herrlichsteu
Studien aus allen Gebisten anzusammeln. Baum war
Meister in einer feinen, geschmackvollen, ja geradezu ent-
zückenden Wiedergabe von Baudenkmalen, namentlich aber
von malerischen, dekorativen und kunstgewerblichen Einzel-
heiten. Was er in dieser Richtung geschaffen, kann geradezu
als treffliches Studienmaterial für Kunstinstitute gelteu.
Wiederholte Ausstellungen seiner Reisefrüchte brachten ihm
die verdiente Anerkennung dafür und bahnten ihm zugleich
den Weg zu vielseitiger Thätigkeit. Auch in Darmstadt
wurden ihm dekorative Aufgaben von Belang, u. a. im
Mausoleum auf der Rosenhöhs übertragen Eine aus-
gebreitets Wirksamkeit ergab sich für ihn mit der hiesigsn
Stadterweiterung. Eine Reihe vo» Neubauten knüpfen sich
an seinen Namen: markige Durchbildung der Architektur ver-
bindet sich darin mit flott behandeltem Detail und maleri-
scher Gesamthaltung. Zulstzt kehrte er in der fein kompo-
nirten Faffade des Hauses Falk-Ring am Boulevard zu der
vornehmen Einfachheit einer Florentiner Renaissance zurück
und schloß — leider — damit frühzeitig seine schöpferische
Thätigkeit. Unter schwerem Siechtum erlahmte seine Kraft,
da er kaum die Schwelle des Mannesalters überschritten
hatte. Neben seiner künstlerischen Begabung, die sich vor-
wiegend in gefälliger Darstellung äußerte, erwarb ihm die
feine, harmlose Art seines Wesens dis Gunst und Zuneigung
in den weitesten Kreisen. Was er geschaffen, trägt durch und
durch dsn Stempel einer feinempfindenden Natur: jede seiner
Leistungen wird darum auch ein Denkmal seiner Sinnesart
und seines Strebens bleiben. (Darmst. Ztg.)

Ausgrabungen und Funde.

8. 8,. Römisches aus Süddeutschland. Die Forschungen
nach den Uberresten der Römerzeit im südwestlichen Deutsch-
land haben nsuerdings wiederum zu wichtigen, die allgemeine
wie die Kunstgeschichte und dis Topographie uahe berühren-
den Ergebnissen geführt. Vom militärischen Standpunkt aus
brachte unlängst die Münch. „Allgemeins Zeitung" (Beilage
zu Nr. 234, 1888) intereffants Ausschlüffe über dis Linie der
höchst beträchtlichen römischen Kastelle am Neckar; weiter
haben dann über Ausgrabungen an verschiedenen Orten
Wllrttembergs und Bayerns einzelne Berichte im „Schwäb.
Merkur", in der „Kölner Ztg.", im „Korrespondenzblatt der
deutschen Gesellschaft sür Anthropologie rc." zunächst wenig-
stens im allgemeinen orientirt: genaue Publikationsn stehsn
wohl über alle Aufdeckungen und Funde zu erwarten. Für
die Erweiterung unserer Kenntnis der antiken Architektur
haben unter diesen Forschungen das größte Resultat ohne
Zweifel dis Ausgrabungen des Altertumsvereins zu Kemp-
ten geliesert. Handelt es sich dort doch um die Aufdeckung
des ganzen Forums des alten Oaiuyoäuunra! Möchte den
die Erwartung auf das Höchste spannenden Mitteilungen und
Skizzen des Prof. A. Thiersch im oben citirten „Korrespon-

denzblatt" (1886, Nr. 1 und 2) bald eine detaillirte Ver-
öffentlichung folgen, die um so sehnlicher allerseits erwartet
werden wird, als leider das Ausgrabungsfeld wieder neu
mit Ackersrde zugedeckt ist! Jst die Bloßlegung des gewal-
tigen Kemptener Forums mit seinem Kranz von Portiken und
großen und kleinen Hallen das Ergebnis planmäßiger archäo-
logischer Forschung, wie sie im nahen Bregenz äm Boden-
see eine ähnliche Anlage aufgedeckt hat, so hat der Zufa»
vor wenigen Tagen, der „Köln. Ztg." zufolge, in Regens-
burg zur Entdeckung einer aus carrarischem Marmor her-
gestsllten Nachbildung der Mediceischen Beuus geführt, der
indes leider der Kopf fehlt. Mitten im Werk befinden fia)
augenblicklich noch die Ausgrabungen an den Stätten alt-
römischerNiederlassungen bei Rottenburg amNeckarund
bei Jagsthausen an der Nordgrenze Württembergs. Stra-
tegische Erwägungsn sowis vereinzelte Funde von Münzen
und Architektürfragmenten hatten hier längst ein dankbares
Untersuchungsfeld ahnen lassen. Jn Jagsthausen hat man
ein mit Hypocaustum, Küche rc. versehenes Gebäude bloß-
gelegt, dessen Mauern teilweise noch bis zur Höhe von fafi
drei Metern erhalten sind. Ornamentirte Thonscherben,
eiserns Geräte, Ringe, Nadeln und ähnlichss kamen zahlreicb
zum Vorschein; von besondsrem Jnteresse ist das bronzene
Signum der ersten gemanischen Kohorte in Form einer 28 ow
langsn Schlange, von vortrefflicher Arbeit.

—s— Von I. Androuet Du Cerceau wurden vor nickfi
langer Zeit im British Museum Originalzeichnungen aufge-
funden. Der Oüroiiigns ckes itzits (Nr. 33) wird über diest
wichtige Entdecküng aus London Folgendes geschrieben: Ef"
wohlbekannter Dilettant betreibt gegenwärtig das Ballspiel
als Lieblingssport. Als Besitzer einer Kupferstichsammlunch
die sich bereits eines vorzüglichen Rufes erfreut, ist es sein
Bestrebsn, alles zusammenzubringen, was nur irgend aus
graphischem Gebiet mit diesem vornehmen Zeitvertreib im Z"'
sammenhange steht. Vor kurzem stöbert sein Agent, deffen Ob°
liegenheit es ist, für ihn imMuseum dis nötigen NachforschungoN
anzustellen, im Departsment sür Topographie und Karten
zwsi verstäubte Folianten auf mit Plänen und Ansichten fraw
zösischer Schlösser. Sie hatten wegen etlicher Säle für das
Ballspiel seine Aufmerksamkeit erregt. Die eingehendoro
Untersuchung ergab, daß diese beideu Bände nichts geringeres
als dis Originalzeichnungen von I. Androuet Du CerceaN
sind für seine Illus sxeeilsuts LLtimsuts cks Lruiies, seiner-
zeit ein Bestandteil der Bibliothek König Georgs 18., aber
dem Museum geschenkt von dessen Sohn und Nachfolger
Georg IV. Jm Katalog sind die beiden Folianten in deM
Teile, welcher die Karten, Kupferstiche und Handzeichnungefi
umfaßt, verzeichnet. Da aber ihre Beschreibung unmittelbar
der von Du Cerceau's kius sxseiisnts Latiiusuts sich aureifi
und zwar ohne anzugeben, daß sie Handzeichnungen enthalte»-
so wurden dis Forscher bisher stets irre und zu der A'fi
nahme geführt, es lediglich mit einem zweiten Exeinpüfi
jenes Kupferwerkes zu thun zu haben. Der Einband ist all-
iranzösisch, roter Maroquin; er wurde später mit dem Wappffi
Georgs III. gestempelt. Als Rücktitel liest mau: Latiwöiiü'
cks Liauos xai vu Osieeau D. I. beziehungsweise D- 8;
Der erste Band enthält 63 große Pergamentblätter nis
Zeichnungen, Plänen, Ansichten'und dekorativen Details dsf
königlichen und anderer Schlösser, von Blois und Ambost
angefangen bis auf Bury, in derselben Reihenfolge wie d»
gestochenen Tafeln; als Anhang dann sechs Zeichnungen afi
Papier und zwar solche für einzelne Tafeln der Oiug orära°'
D. II. umfaßt 58 Pergamsntblätter. Die Aufnahmen de-
Louvre machen den Anfang, die der Schlösser Gaillon h".
Neaulne den Beschluß. Schcm diese kurze Beschreibung gfiubb'.
um erkennen zu lassen, daß der zweite Band eigentlich df
ersts sein sollte; die Reihenfolge der Tafeln ist, mit der dfi
gestochenen verglichen, gerade umgekehrt; auch scheint es, dad
dis Nummer der Zeichnungen mit jener auf den Stwfi^
keineswegs übereinstimmt. Der eine Foliant wie d
andere trägt auf seinem vorderen Deckblatt in einer g
schrift vom Anfang des 17. Jahrhunderts die Angabe 8
Livrss cks N. i'ii.bbs Ls L'oimaut. Von rechtswegeN ü
hört der Fund in dis Sammlung der Kupferstiche und s,
zeichnungen des British Museum. Aber die Hoffnung, db^
er dorthin übertragen werden würde, ist sehr gering, dafig
Schenkungsurkunde Georgs IV. Bestimmungen onüfi,,
welche die Mittel an die Hand geben, dergleichen zu veren
 
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