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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Schumann, Paul: Blondel, Nehring und Broebes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0173

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342

^41 Blondel, Nehring und Broebes.

steine der Bögen bilden, werden höher geschätzt als die
den äußeren Fassaden: sie sind von Schlüter. Ein
polnischer Edelmann, ein tüchtiger (^ranä) Zeichner
nnd g,,ter Maler, Namens Lubienitzki, hatte sie sorg-
^ltig nnd sauber gezeichnet, um sie stechen zu lassen;
^och sind dic Platten gestohlen worden u. s. w."

Svweit Hnmbert. Die anonyme Berliner Entgeg-
Nung (schon von Adler benutzt) lautet folgendermaßen:
»Herr Blondel hat keinen Plan zum Zeughause gegeben,
N>an hat diesen Einfakl aus ciner ganz apokryphen Schrift
^ntnommen, deren Versasser auf die Verdienste des ver-
storbenen Nehring eifersüchtig wnr und deshalb den ersten
^ntwurf, den Nehring geliesert hat, Blondel zuschreibt.
Dieses Gebäude ist allerdings von Nehring begonnen,
aber dann von Schlüter, später von Grllneberg sort-
Iosetzt und endlich von Bodt bis zum Punkte voll-
o»dct wvrden, in dem es jetzt ist. Nur die Hälftc des
^ebäudes war damals nach Nehrings Pläncn Le-
Nonnen; die andere Hülste (nach dcr Gießcrei zu) solltc
seinem Plane gemäß kreisrund (oiron.Ig.irs) sein. Da
»un die NichtungSlinicn der Etagcntvölbungen im
^rdgeschosse dieser Hälfte nach dem Mittelpunkte des
Hofes gerichtet waren, so verengten sich die Gewvlbe
anf dieser Seite und verbreiterten sich nach außen, so
^aß diese lctztcren sehr brcit nnd sehr flach und im
Hose sehr eng nnd überhvht geworden wären. Da
^sts sehr schlecht wirkte, sah sich Bodt veranlaßt, die
audere Hälste des Gebäudes ebenso viereckig zu machen
"Ud eine großc Attika zu unterdrücken, die znm Teil
o>nen häßlichen Mansardcngiebel verdeckte, zugleich die
Auvrdnnng der Fassaden zn ändern, welche in ziemlich
jäiuinerlichem (msscinin) Geschmacke gehaltcn waren,
»»d sie so anzuordnen, wie man sie gegenwärtig sieht."

Humbert antwortet hierauf in seineni Ber-
^idigungsbriefe (S. 143) folgendcs: „Die Bemerkungen,
ll'elche der Verfasscr über Seite 122 meines Briefes
»>acht, sind merkwürdig (ourisusss), aber ich weiß nicht,
ob sie zuverlässiger sind, als die meinigen. Jch habe
jchvn gesagt, was ich darllber dachte (nämlich, daß er
»> seinen Ausdrücken ebenso ungenau ist, wie er Hum-
bort zu sein vorwirft) und was sie gegen mich für
^chlüsse zögen. Jch weiß nicht, welches die apokryph
Zonannte Schrift ist; vielleicht tst es Broebeß' Werk
^riss äss ?g.1ais sk Naisous äs klgiZgnss äs 8. U.

roi äs krusss, ässsinöss sk Ars.vvs8 psr ck. Lrosbss
buZsnikur sk Xrebitects äs 8. U. g t1uZ8bourA

kolio. Jch habe von diesem Werke im 29. Bande
^or IZibl. gsrm. einen kleinen Auszug gegeben. Die
jochste Platte stellt die Hauptfassade des Zeughauses
^ar und trägt folgcnde Unterschrift: Ilgciiäs äs 1'L.r-
^anak äs Lerlin äu ässssin äs Llonäsl, oonäuit psr
^obrinA, OlrunsbsrA, Loblutsr, Loät. Der Plan
bieser Fassade ist nicht völlig dcr ausgeführte; es ist

der, welcher an Stelle der Balustrade eine große
Attika mit Basreliefs trägt, welche die Heldenthaten
Friedrich Wilhelms dcs Großen darstcllen sollten.

Unten aus derselben Platte sieht man eine zweite
Fassade des Zeughauses mit drei Stockwerken, unge-
rechnet die Mezanine im Fries, welche schlecht wirken.
Diese Fassade ist mit Pilastern und Säulen korinthi-
scher Ordnung geschmückt und ist von Broebes er-
funden. Diese Fassade ist sicher prächtig, aber die
korinthische Ordnnng ist zu sein (äölioat), um bei
einem Zeughause verwendet zu werden; und die Kas-
kaden und Springbrunnen, mit denen der Erfinder
seine Fassade versehen hat, kommen eher einem Land-
hause (maisou äs xlsisauos) zu als einem solchen
Bauwerke. Letzterer Plan ist also mit Recht znrück-
gewiesen worden. Diese Zurllckweisung kann Broebes'
Eifersucht erregt haben; ich sage kann, denn ich kann
es nicht beweisen. Was Nehring angeht, so war er
sichcr ein sehr geschickter Architekt; man kann zu seinem
Lobe sagen, daß er einer der ersten war, der in diese
Länder den guten Geschmack in der Architcktur ein-
geführt hat. Die großen Ställe in Neustadt (äs Is
Villsnsirvs), nach seinen Plänen gebaut, sind in ihrer
Art eine vollkommene Leistung. Jch könnte andere
anführen, aber das wllrde zu weit fllhren, und ich
würde das Ziel dieses Briefes aus den Augen ver-
lieren. Jch habe nur einige Teile der verschiedenen
Pläne gesehen, dic man zum Baue dieses stolzen Zeug-
hauses angefertigt hat, das sicherlich einzig in seiner
Art ist; daher kann ich nicht sagen, ob einer dieser
Entwürfe nach der Seite der Gießerei hin kreisrund
war: das ist eine Eigentümlichkeit, die ich von meinem
Kntiker erfahre. Sein Urtcil über diese Anlage ist
richtig. Bevor ich diesen Artikel schließe, will ich in
wenigen Worten sagen, daß nach dem ersten Plane,
Len Broebcs dem Blondel zuschreibt, über dem Haupt-
eingange ein mit Säulen verziertes Feuster war, und
diese Säulen tragen einen ganz im italienischen Ge-
schmacke gehaltenen Fronton. Jch habe schon auf
S. 110 meines Briefes gesagt, daß das gemißbilligt
werden müßte; da auch Herr v. Bodt, dessen aus-
gezeichneter Geschmack von den Kennern sv geschätzt
wird, das Fenster für unnötig hielt, hat er sehr richtig
an dessen Stelle das Wappen des Königs, umgeben
von Gestalten in Basrelief gesetzt."

Bon diesem selben Humbert stammt endlich fol-
gende Anzeige des Broebesschen Werkes (Libliotb. Zsrin.
Bd. XXIX v. I. 1734): „Diese Sammlung enthält
47 Blätter . . . (folgt eine Auseinandersetzung über die
Wichtigkeit derartiger Werke für Architekten u. s. w.).
I. B. Broebes ist Jngenieurhauptmann und Architekt
Friedrichs I. Königs von Preußen gewesen und kurze
Zeit nachher Professor der Baukunst an Ler Kunst-
 
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