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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Levin, Th.: Die Ausstellung von Bildern älterer Meister zu Düsseldorf, [1]
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435

Die Ausstellung von Bildern älterer Meister zu Düsseldorf.

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dem Leben Christi (Gebrüder Bourgeois - Köln) die
erste Stelle ein. Die in Wasser- bezw. Deckfarben
ausgeführten Miniaturen zeigen einen Spezialisten aus
der van Eyckschen Schnle, deffen Hauptthätigkeit wohl
in den Anfang des 16. Jahrhunderts fällt. Des Aus-
drucks von innnigster Jntimität bis zur vollen Größe
des Ernstes und der Erhabenheit gleich mächtig, zieht
er das feinere Auge durch die Vollendung der Formen-
sprache in mikroskopischen Elementen ebenso sehr wie
durch die Fähigkeit an, in einem kleinen Nanme groß
zu komponiren.

Ein von N. Steinmeyer-Köln ausgestellter großer
Flügelaltar, deffen gegenwärtige Anordnung der ur-
sprünglichen wohl nicht mehr entspricht, macht uns
mit einem niederländischen Künstler zweiten Ranges
bckannt, der sich in der Schule des Dirk Bouts gc-
bildet hat. Die Zeitbestiinmung ist für das immerhin
sehr intereffante Werk, welches sich bis vor kurzem in
italienischem Privatbesitz befand, mit 1490 wohl noch
etwas zu früh normirt. — Zwei Altarflügel (Breisch-
Stuttgart), der Donator niit dem heil. Petrus unv
die Gattin des Donators mit dem heil. Bartholvmäus,
stehen dem Barth. Bruyn näher als dem Meister des
Todes der Maria, dem ich sie im Katalvge auf Grund
geltend gemachter Autoritätsbestimmungen zugeschrieben
hatte. — Eine Predella, Köpfe des Heilandcs und der
zwölf Apostel (C. Pagenstecher-Elberfeld), verliert da-
durch nicht an Wert, daß sie Eisenmann sür Martin
Schaffner gegenüber die Benennung Schänffelin in
Anspruch nimmt.

Eine Replik der beiden Steuereinnehiner (A. von
Oppenheim-Köln) erhebt bei allen guten Qualitäten
ebenso wenig Anspruch darauf, das Original von
Quentin Matsys zu sein, wie sie die Übertragung auf
Marinus von Rvymerswale, auf den im Oonrrisr cks
I'Vrt mit großer Sicherheit hingewiesen wird, gerecht-
fertigt erscheinen läßt. Marinus ist bei aller Ab-
hängigkeit doch ein Künstler von sehr bestimmter
eigener Ausdrucksweise. — Erwähnt sei noch eine an-
mutige Berkündigung in zwei kleinen Tafeln (M. Nelles-
Köln) in der Art des Meisters der Lyversberger
Passion. Zwei Darstellungen des Evangelisten Jo-
hannes und der heil. Barbara aus demselben Besitze
erwiesen sich als schwächere Arbeiten aus der Schule
des Meisters Stephan.

Bei dieser Gclegenheit ist auch (außerhalb des
Kataloges) die schon früher ausgestellte VisrAs s.n
dsrosan von Naffael aus dem Besitze von M. Schrciner
in Düffeldorf wieder vorgesührt worden. So wenig
Original wie das Exemplar im Louvre, darf das Bild
doch allem Anscheine nach sür sich geltend machen, daß
es dereinst im Bcsitze des Kardinals Mazarin als sot-
ches gegolten hat. Fiir mein Augc zeigt sich darin

die Hand eines dem italienischen Geiste sehr gliicklich
gerecht werdenden Niederländers. Hier sei anch gleich
eines größeren Werkes von Murillo (Fürst Salm-
Anholt), Maria mit dem Kinde und die heil. Elisabeth
(oder Anna) erwähnt, dessen Originalität bei der schönen
dekorativen Wirkung, die es an seinem Platze machte,
nicht weiter erörtert werden soll.

Der Schwerpunkt der Ausstellnng — und alle
ähnlichen Unternehmungen werden zu gleichem Ergeb-
nis gelnngen — lag in der reichen und vielseitigen
Vertretung der niederländischen Schulen des 17- Jahr-
hunderts.

Der Entwurf zu einem Deckengemälde von
Rubens, der Wagen des Sol, umgeben von den
zwölf Horcn und sechs Genien (A. v. Oppcnheim-
Köln), hat durch „Reinigen" seine ursprüngliche Har-
monie nnd Wärme eingebüßt, stellt sich aber auch in
seinem gegenwärtigcn Zustande so energisch als eine eigen-
händige Arbeit des Meisters dar, daß die in Künstler-
kreisen an der Echtheit erhobenen Zweifel kaum be-
greiflich erscheinen. Die bildmäßig abgeschlossenen
Studienköpfe zweier Könige zu einer Anbetung (Ge-
brüder Bourgeois-Köln) wurdcn in ihrer glänzenden
Wirkung nach Gebühr gewürdigt. Eine kleine Perle
hatte die Oppenheimsche Sammlung in dem Bildnis
des Malers Martin Ryckaert (nicht David, wie der
Katalog angiebt) von van Dyck bcigesteuert. Daö
Studium dieser als Vorlage sür den Kupferstich dienen-
den Grisaille war wohl gceignet, das Mißtrauen gegen
die Menge Vvrkommender gleichartiger Arbeiten, nnter
welchen spätere Nachahmungen nnr zn ost mit durch-
schlüpfen, zu verschärfen. Der vlämischen Schule ge-
hörte auch unbedingt cin ausgezeichnetes männliches
Porträt an (Justizrat vr. Schenck-Köln), in welchem
H. Hymans nach dem Bildnis in de Bie's Gnlden
Cabinet den ältcren P. de Jode erkennen will. Die
Bestimmung mag zutreffen, obgleich sie mich nicht voll
überzeugt. Jedenfalls bestehen zwischen beiden Dar-
stellungen aber so viel wesentliche Unterschiede, daß es
leider nicht statthaft ist, in dem bedeutenden Werke ein
Original des nach seinen Arbeiten so gut wie unbe-
kannten Ferdinand Elle zu erkennen. Als Meister-
werk ersten Ranges fand ein weibliches Bildnis vou
Cornelis de Vos (Graf Esterhazy-Nordkirchen) all-
gemeine Anerkennung. Der vielseitige nnd wohl erst
von dem engercn Kreise der Bernsenen ganz nach Ver-
dienst gewürdigte Meister zeigt sich hier in der Färbnng
eines so gesättigten Vollklangs fähig, daß manchem ge-
übten Beschauer zunächst das Wort Rubens auf die
Lippen kam. Dem Meister steht auch das anziehende
Bildnis eines Knaben in ganzer Figur (Baronin
Sierstorpff - Cramm - Driburg) durchaus nahe, dessen
kühle Wirkung dem Grün des Kleides nnd deni Grau
 
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